Reisebüros: Zweckoptimismus bei sinkenden Preisen (Ausgabe 2016-13)

Um den Vorjahresumsatz zu erreichen, müssen heuer mehr Buchungen getätigt werden — herausfordernd, denn einfache «Päckli-Buchungen» fehlen.

Die buchungstechnisch wichtigen ersten drei Monate des Jahres neigen sich dem Ende zu. In der TI-Umfrage ziehen sieben Retailer vom Buchungsstart über die Preisentwicklung bis hin zum Buchungsverhalten der Kunden eine erste Bilanz.

Buchungsstart/Umsatzentwicklung

«Die Familien-Badeferien im östlichen Mittelmeer sind weggebrochen», lautet das Fazit von Heinz Schachtler, Reisebüro Travellino in Solothurn, zum diesjährigen Buchungsstart. Eine Tatsache, die auch andere Reisebüros für kommende Sommersaison registrieren: «Günstige Familienferien in der Türkei, die zudem einfach zu buchen sind, fehlen völlig. Zusammen mit dem schwachen Januar können wir das nicht mehr kompensieren», erzählt Monika Lüthi von Konoreisen in Konolfingen. Trotzdem: Auch wenn es gegenüber Vorjahr weniger «Päckli-Buchungen» und dafür mehr Unsicherheit gibt, hat sich der Buchungsstand bei Konoreisen nun ein-gependelt: «Nach dem katastrophalen Januar hat das Geschäft im Februar angezogen. Für den März befinden wir uns auf Vorjahresniveau.» 

Bei mehreren der von TI befragten Reisebüros verlief der Januar ebenfalls mittelmässig oder gar harzig. Die Buchungslage hat sich – im Vergleich zum schon schwierigen Vorjahr – bei den meisten mittlerweile gefangen, zulegen konnte man vor allem in den letzten Wochen. 

Eine besonders positive Umsatz-Entwicklung gibt es bei Silvia Cornel (Cornels Reisebar, Kreuzlingen); sie liegt im Vergleich zu 2015 gar mit 25% im Plus. Da sie das Reisebüro erst vor vier Jahren eröffnet hat, führt sie das positive Ergebnis auf das grosse Wachstumspotenzial bei ihrem Kundenstamm zurück. Besser als im Vorjahr sieht es auch bei Elmar Gehrig von Thur-Reisen in Wil aus; er verzeichnet ein Umsatzplus von 15%. «Für den gleichen Umsatz braucht es aber mehr Buchungen als im letzten Jahr. Die Preise sind grösstenteils eingebrochen», erzählt er. Mit Ausnahme von Spanien seien viele Destinationen günstiger geworden.  

Preisentwicklung

Auf die Ansage von Kuoni Schweiz, mit der Einführung des DER-Touristik-Systems Blank die Angebots-Preise gegenüber dem Vorjahr deutlich zu reduzieren, reagieren die Retailer mit widersprüchlichen Aussagen: «Die Helvetic-Preise sind gesunken», so der Eindruck von Frieda Bässler (Reisebüro Metro, Luzern). Gehrig von Thur-Reisen widerspricht: «Das war eine grosse Ankündigung, wird nun aber kaum umgesetzt.» 

Einig ist man sich hingegen bei der Hotelauswahl. Durch die Integration des DER-Kurzstreckenportfolios bei Kuoni Schweiz sei die Unterkunfts-Palette jetzt «riesig», so Reto Christoffel von Destour in Sargans. Und ergänzt: «Die Ausrichtung hat nun wieder Hand und Fuss.»

Mit einer Ausnahme sagen die Retailer, dass die Preise generell günstiger wurden. Christoffel: «Die Preise sind unter Druck und fallen.» Daraus resultiere Ende Jahr bei gleichbleibender Passagierzahl deutlich weniger Umsatz, so seine Befürchtung.

Buchungsverhalten

Waren es im letzten Sommer die Griechenland-Krise oder die Ebola-Epidemie in Afrika, sind es in diesem Jahr die Flüchtlingsströme, die Terrorangst und das Zika-Virus, welche die Kunden beschäftigen. «Viele Kunden wünschen sich deshalb eine intensivere Beratung», stellt Lüthi (Konoreisen) fest. 

Darüber hinaus gibt es laut Schachtler von Travellino einen Trend hin zu Individuell-Reisen. Und: «Alle wollen nach Kuba», meint er. Als Trenddestinationen im Fernstreckenbereich gelten zudem die USA, Südafrika oder Ziele im asiatischen Raum. Von der Verschiebung innerhalb des Kurzstreckenbereichs profitieren neben den Balearen, den Kanaren und dem Norden auch Kroatien, Italien und Portugal.

Ausblick

Optimistisch zu bleiben, nehmen sich die meisten Retailer trotzdem vor. «Es wird immer wieder solche Zeiten geben, auch damals beim Swissair-Grounding kam alles zusammen», so Bässler (Reisebüro Metro). «Trotz der schwierigen politischen Weltlage blicke ich positiv auf das restliche Jahr», meint Cornel (Cornels Reisebar).

Die aktuellen politischen Entwicklungen, die Terrorangst und die zunehmende Komplexität insbesondere bei Internet-Buchungen haben immerhin einen positiven Trend zur Folge: «Der Fachmann ist wieder gefragt», fasst Christoffel (Destour) die Feststellung einiger Reisebüros zusammen.

Jessica Weber