SBB macht ihre Reisebüros dicht (Ausgabe 2015-21)

Bis Ende Jahr werden 30 Büros geschlossen. Künftig gibt es an den Schaltern keine Flugreisen, Badeferien, Kreuzfahrten und keine SBB-Traumreisen mehr.

Mehrere Jahre mit Verlusten im einstelligen Millionenbereich haben die SBB zu einem weitreichenden Schritt veranlasst: Per Ende Jahr zieht sie sich  aus dem Retailgeschäft zurück und vermittelt keine Flug-, Pauschalreisen oder Kreuzfahrten mehr. Auch die SBB-Traumreisen wird es so nicht mehr geben, bestätigt SBB-Sprecher Stephan Wehrle auf TI-Anfrage. Reisen mit Rückreisedatum bis 31. Dezember 2015 können noch gebucht werden. 

Betroffen von der Schliessung sind 30 Büros der Kategorien Top1 und Top2 (früher A und B). Die Einteilung in fünf Klassen von Top1 bis Light war erst 2014 erfolgt und sollte unter dem zunehmenden Druck im Retailgeschäft klarere Akzente setzen. Für einen Weiterbetrieb der Reisebüros wären jedoch hohe Investitionen v.a. im Onlinebereich nötig geworden. Analysen hätten jedoch ergeben, dass kein nachhaltig erfolgreicher Betrieb mehr möglich sei, erklärt Wehrle. 

Wie reagieren betroffene Branchenvertreter auf die Hiobsbotschaft? «Mit der Schrumpfung des stationären Vertriebs leben wir schon lange», sagt Railtour-Geschäftsführer Werner Schindler. Darum habe man alternative Vertriebskanäle geschaffen, via Internet oder Medien. Beim Distributionspartner SBB handelt es sich allerdings um einen dicken Brocken: Mehr als ein Drittel der Railtour-Produkte werden über den stationären Vertrieb der SBB verkauft. Doch auch damit könne man als kleiner, flexibler Veranstalter umgehen, so Schindler. 

Für den Schweizer Reise-Verband (SRV) sind die Schliessungen ein herber Schlag, sind doch alle grossen SBB-Reisebüros Verbandsmitglieder. «Wir bedauern dies sehr, aber es ist ein Entscheid, den wir akzeptieren müssen», so Geschäftsführer Walter Kunz. Dass sich der Entscheid abgezeichnet habe, könne man nicht sagen. Für den SRV gehe es nun darum, die Abgänge mittelfristig zu kompensieren.

Dass sich nach Kuoni ein weiterer grosser Player vom Geschäft abwendet, ist laut Kunz «sicher nicht hilfreich» fürs Branchenimage. Er sei sich aber nicht sicher, ob die SBB als der grosse Player wahrgenommen werde, der sie sei, da der Fokus eher auf weniger komplexen Produkten lag.

Entlassungen gibt es laut SBB keine. Die betroffenen Angestellten seien trotzdem beunruhigt, erzählt eine von ihnen. Auch Marcel Schneider, Geschäftsführer SBB Reisebüros, weiss noch nicht, was mit seiner Stelle passiert. Er soll eine wichtige Säule im Beratungsteam der SBB bleiben. 

SG