Spektakel in Kairo (Ausgabe 2007-48)

Angelo Heuberger über die SRV-GV in Kairo

Kairo war ein würdiger Rahmen für die 80. SRV-GV: Die Ägyptischen Verantwortlichen mit dem Schweizer Vertreter Mohamed Kenawy bemühten sich redlich, den 200 Teilnehmenden ein eindrückliches Erlebnis zu bieten. Das Conrad Hotel war eine gute Adresse. Kairo hat kulturell sehr viel zu bieten, aber auch kulinarisch kamen alle Gäste auf ihre Rechnung. Der als Reisehöhepunkt propagierte Gala-Abend im Mena Oberoi – die ganze Schweizer Reisebranche hatte sich piekfein herausgeputzt – war emotional zwar spektakulär, aber kulinarisch fiel dieser Event etwas ab. Einige Teilnehmende bemängelten den leicht lieblosen Auftritt seitens der SRV-Organisation. Keine Begrüssung, keine spezifischen Informationen im Zimmer, so der Haupttenor.

Werbekampagne: Über Sinn und Zweck einer Publikums-Kampagne für die Reisebüros muss nicht diskutiert werden, diese ist unabdingbar. Eine Million Franken ist für die Branche sehr viel, für eine nationale Kampagne jedoch sehr wenig. Gattungsmarketing kann man in verschiedenen Facetten machen. Darüber findet aber im SRV keine Diskussion statt, für Marketing gibt es im Team der Geschäftsführung leider keine spezifische Stelle. Wie gibt man das Geld am sinnvollsten aus, TV, Radio oder Print? Werbung ist immer sehr schwierig zu messen. Trotzdem muss das Geld sinnvoll investiert werden. Mit dem SRV-Logo als Brand lässt sich jedoch keine Imagewerbung auf Dauer machen. Vielmehr sind die Partner der Reisebüros prädestiniert, im Rahmen von Partnerschaften mitzumachen. Hier fehlen Konzepte. An der GV wurde über die Wahl von Sujets abgestimmt, wobei die Präsentation der Werbeagentur, gelinde gesagt, nicht gerade überzeugend wirkte, zumindest nicht emotional rüberkam.

Lehrmeisterkurse/Budget: Als es um das Budget ging, meldete sich Kurt Eberhard mit einem äusserst gescheiten Votum und Antrag zu Wort. Er monierte, der SRV müsse die 20000 Franken für die Lehrmeisterkurse wieder ins Budget nehmen. André Lüthi als Vorstand der Fachgruppe Aus- und Weiterbildung hatte diesen Posten gemeinsam mit der SRV-Führung aus dem Budget gekippt. Pikantes Detail am Rande:  Lüthi übernahm sofort das Eberhard-Votum und beantragte nun seinerseits, den Antrag entgegen dem Vorschlag des Vorstandes – den er mitverantwortet hatte – anzunehmen. Und er führte die Abstimmung gleich selber eigenmächtig durch, was im Prinzip Sache des Präsidenten gewesen wäre. Geht es um das Abholen von Lorbeeren in der Öffentlichkeit, ist Lüthi – Erfolgsunternehmer von Globetrotter und Exekutivvorstand im SRV – jeweils nicht weit. Die Kurse aus der Verbandskasse zu bezahlen, ist jedoch weise.

Die Vorstandswahl: Die Wahl von Stefan Leser (Kuoni) drohte zur Farce des Jahres zu werden. Seinen Formfehler korrigierte aber Präsident Leuzinger zum Glück umgehend. In der zweiten Abstimmung wurde dann die Kandidatur bestätigt. Allerdings höchst unglanzvoll. Dennoch nimmt Leser die Wahl an, es bleibt ja auch nichts anderes übrig. Eine beleidigte Absage hätte die Peinlichkeit nur noch schlimmer gemacht. Die Intervention von Beat Walser war zwar brutal hart, aber niemand kann jemandem an der GV verbieten, sich zu äussern. Der SRV wollte die Wahl glatt und ohne Diskussion durchbringen. Walser durchkreuzte dies, obschon er seinen TTS-Kollegen Leuzinger darüber informiert haben soll.

Nur gerade mal 18 Stimmen – ohne die 12 Kuoni-Stimmen – konnte Leser auf sich verbuchen. Das gibt zu denken: Wie ist die Zurückhaltung zu erklären, liegt es an Kuoni oder der Person Leser? Es stimmt, Leser ist in der Schweizer Reisebranche noch zu wenig bekannt. Fairerweise muss man ihm attestieren, die Nachfolge von Roberto Luna auch erst seit September angetreten zu haben. Erstaunlich ist, dass vorgängig zur GV an einer Vorstandssitzung Lesers persönliche Vorstellung traktandiert war, er jedoch kurzfristig vom SRV ausgeladen wurde. Grund: Für eine gleichzeitige Fachgruppen-Sitzung war ein Raum am Hotelplan-Hauptsitz reserviert worden, und die SRV-Spitze wollte es Leser nicht zumuten, sich ausgerechnet dort präsentieren zu müssen. Leser selber hätte damit kein Problem gehabt.

In seiner Rede hatte Walser eine interessante Komponente: Er schlug nämlich vor, die Wahl um ein Jahr zu sistieren. Aufgrund der neuen Strukturen muss nämlich die Besetzung des Vorstandes im kommenden Jahr sowieso komplett neu diskutiert werden, weil mindestens drei Vertreter der Regionen Einsitz erhalten werden. Theoretisch hat man nun Leser für drei Jahre gewählt. Fraglich ist dann auch noch, ob der Hotelplan Konzern im SRV-Vorstand immer noch mit zwei CEOs (Spring/Hotelplan und Stirnimann/Travelhouse) vertreten sein soll.

Fazit: Die SRV-GV in Kairo war rein sachlich gesehen eine gute GV. Überschattet wurde die Versammlung durch einen Formfehler und auch einige Führungsschwächen. Zwischen Präsident und Geschäftsführer sowie Exekutivmitgliedern dürfen eine bessere Abstimmung und klarere Aufgaben- und Kompetenzverteilung erwartet werden. Grundsätzlich leisten der Verband und seine Gremien das ganze Jahr hindurch für ihre Mitglieder eine gute, engagierte und kompetente Arbeit. Subjektiv beurteilt fällt aber auf, dass sich zwischen der Verbandsspitze und der Basis eine grösser werdende Informationskluft auftut. Der SRV wäre gut beraten, wenn er weiterhin die Nähe zu seiner Basis suchte und seine Arbeit bis in die «Niederungen» propagierte und erklärte. Und letztlich auch die Basis mit ihren Nöten, Sorgen und Spannungen ernst nimmt.