«SRV hat einen Sturm im Wasserglas entfacht» (Ausgabe 2007-34)

In der Branche sind die Meinungen über die Swiss-Politik bei Gruppenbuchungen geteilt.

Der Agent Newsletter, mit dem Swiss letzte Woche die Richtlinien betreffend Gruppenbuchungen in Erinnerung gerufen hat, gab in der Reisebranche zu reden. Im Schweizerischen Reisebüro-Verband (SRV) war die Empörung so gross, dass Präsident Hans-Jörg Leuzinger einen Offenen Brief an die Swiss richtete (TI von letzter Woche).

Eine TI-Umfrage an der Basis zeigt ein unterschiedliches Bild der Befindlichkeit der Betroffenen. Ob Commercial- oder Leisure-Büro, fast alle Befragten betonen, dass sie sich an die Richtlinien halten und nichts dagegen hätten, wenn Swiss die schwarzen Schafe in die Pflicht nähme. Nur mit der Art der Kommunikation zeigen einige Mühe, es gehe nicht an, die gesamte Branche an den Pranger zu stellen.
Marcello Brunner (Marcello’s Travel Service, Zürich) spricht von guten Erfahrungen mit der Swiss-Gruppenabteilung: «Gruppen werden oft längerfristig gebucht und da erhalten wir meist kompetitive Preise. Zudem kommt uns die Flexibilität bei Namen, Ticketing und Änderungen innerhalb der Variante 1 mit mittlerem Preissegment sehr entgegen. Ich verstehe den Ärger nicht. Ich denke, der SRV hat da einen Sturm im Wasserglas entfacht.»

Auch Alex Bähler (LH City Center/Media Reisen, Basel) hat viele Gruppen. Er meint: «Wir halten uns an die Richtlinien und die kommen unseren Bedürfnissen entgegen. Es braucht aber Aufklärungsarbeit beim Kunden, wir müssen ihm klarmachen, dass es keinen Mengenrabatt gibt.»

René Blum (Parade Reisen, Zürich) sieht das Problem ebenfalls auf Kundenseite: «Der Kunde misst uns am billigsten Preis in der Werbung oder im Internet.» Doch Gruppentarife lägen meist rund 300 Franken über den aktuell im Internet beworbenen Günstigpreisen.  Der Kunde gehe grundsätzlich davon aus, dass Gruppentarife günstiger sein müssten. Die Airlines aber seien mit Gruppenofferten gegenüber den eigenen Lockvogel-Tarifen selten konkurrenzfähig. «Wir stehen zwischen Hammer und Ambos», hält Blum fest.

Ein Befragter, der nicht genannt werden möchte, unterstützt den Vorstoss des SRV-Präsidenten. Das System erlaube diese Buchungen, ein Privater könne auch seine Grossfamilie im Internet aufgesplittet buchen und werde nicht belangt. Er werde Gruppen von 10 bis 15 Personen weiterhin aufsplitten oder im Internet buchen – aber grössere Gruppen werde auch er über die Gruppenabteilung buchen.

Bei den Commercial-Büros präsentiert sich die Situation etwas anders. Die verfügen laut Gerry Schenk von American Express meist über spezielle Gruppenabteilungen, die sich an die Richtlinien halten. Man wolle gegenüber Kunden und Partnern wie Swiss fair sein. Die Regelung gebe es schon lange und es sei nichts dagegen einzuwenden, dass diese wieder mal in Erinnerung gerufen werde.

Michael Flück (HRG Switzerland, Zürich) gibt zu bedenken: «Gruppenpreise sind gegenüber Corporate Rates meist nicht konkurrenzfähig.» Trotzdem würden Gruppenanfragen automatisch an die Gruppenabteilung der Airline gerichtet. Ein anderes Problem stellt sich gemäss Flück, wenn – beispielsweise bei einem weltweiten Meeting – aus den verschiedensten Abteilungen einer Grossfirma Buchungen auf den gleichen Flug vorgenommen würden. «Wenn wir das beim Handling nicht sofort merken, könnte die Airline das als Gruppe auffassen und schon hätte man eine Annullation», bemerkt er.
 
Urs Hirt