Surcharging-Verbot: Aktenzeichen XY ungelöst (Ausgabe 2015-36)

Den Handel freut’s, die Kunden ärgert’s: Kreditkarten-Zuschläge werden weiterhin erhoben.

Seit einem Monat, per 1.8.2015, gilt bei den Kreditkartenfirmen Visa und Mastercard (Lizenzgeber, Card Schemes) das Verbot, bei Kreditkartenzahlungen einen Zuschlag zu erheben (Surcharging). Mit der Durchsetzung des Verbots im Handel sind die Acquirer beauftragt, d.h. Institute (Händlerbanken) wie Six, Aduno oder B+S, mit denen der Handel die Kreditkar-tenakzeptanzverträge abschliesst. 

Das ist ihnen bis anhin nicht gelungen – jedenfalls nicht in der Reisebranche: Sowohl bei Kuoni, TUI und Hotelplan wird nach wie vor ein Kreditkartenentgelt erhoben, ebenso bei Swiss. Bei TUI Suisse ändert sich einzig per 15.9. der Ansatz für das Entgelt: Statt wie bisher 2% sind es neu 1,5%. Es gebe aber keine Grundlage, welche das Surcharging untersage, hält man bei TUI fest. 

Diese Anmerkung zeigt auf, dass im Handel (Merchants) weiterhin die rechtlichen Voraussetzungen in Frage gestellt werden, die ein solches Verbot bedingen. Und die Reduktion des Surcharging-Ansatzes um 25% bei TUI deutet darauf hin, dass überall um die neue Höhe der Händlerkommission gefeilscht wird, die ihrerseits im Zuge der Reduktion der Interchange Fees um (grob) einen Viertel reduziert werden müsste.

Wie beurteilt man bei den Kreditkartenfirmen den blockierten Status quo? Während man bei Mastercard einzig bestätigt, dass «die Gespräche zwischen den Acquirern und Mastercard in vollem Gange» sind, hält man bei Visa zum Sachverhalt fest: «Im Mai ging ein Brief von Visa an die Acquirer mit dem Hinweis auf die bevorstehenden Änderungen am 1. August 2015. Viele Acquirer haben seitdem ihre Verträge mit den Merchants angepasst und das Surcharging-Verbot wieder aufgenommen. Bei einigen ist die Änderung noch nicht abgeschlossen. Die Rules sind jedoch klar: Die Verträge werden angepasst».

Bei Visa weist man weiter darauf hin, dass zwar Surcharging in der Schweiz laut Gesetz weiterhin nicht verboten ist, dass aber mit Inkrafttreten des Weko-Entscheids Vertragsfreiheit gelte und die Regeln von Visa Europe Surcharging verbieten: «Visa Europe stellt sicher, dass die global geltenden Visa-Regeln von allen Parteien eingehalten werden». Visa habe kein Interesse daran, Bussen auszusprechen, doch sie seien ein letztes Mittel, um Regelverstösse wirksam zu ahnden. «Im konkreten Fall wird Visa Europe den Acquirer darüber informieren, dass er einen Händler unter Vertrag hat, welcher gegen eine Visa-Regel verstösst.»

Visa bestätigt somit klipp und klar, dass letztlich der Acquirer dafür verantwortlich ist, dass das Verbot durchgesetzt wird. Gelingt ihm dies nicht, muss er mit einem sog. «Compliance-Verfahren» von Visa Europe rechnen. Dabei können dem Acquirer Auflagen gemacht werden, und es kann auch Bussen zur Folge haben. «Im Wiederholungsfall steigen die Bussen schnell auf substantielle Summen an.» Den wachsenden Druck der Kreditkartenfirmen auf die Acquirer werden diese nun wohl dem Handel zu spüren geben. 

BE