Swiss-Charter fliegt, solange es rentiert (Ausgabe 2007-28)

Ob Charter oder Linie – nicht nur für Swiss-Kunden schwer zu erkennen.

Wenn der Ferienreisende am Samstag in einer Swiss-Maschine von Zürich nach Hurghada fliegt, bemerkt er nicht unbedingt, dass es sich um ein Charterflugzeug der Swiss (LX) handelt, das unter der Woche im Swiss-Liniendienst in Europa eingesetzt wird. Nur Insider bemerken, dass die 8000er- (Airbus) und 9000er-Nummern (Avro RJ 100) für die Charterflüge benützt werden. Die Flexibilität, je nach Bedarf ihre Maschinen mit dem gleichen Brand einzusetzen, nützt Swiss aus, sich im hart umkämpften Ferienfluggeschäft mit Erfolg zu behaupten.

Der letztjährige Umsatz des Charterbusiness betrug gegen 100 Millionen Franken – was etwa zweieinhalb Prozent des Gesamtumsatzes der Swiss entspricht. Fest verplant ist unter der Woche die Kapazität von eineinhalb Maschinen. Übers Wochenende kann diese auf sechs bis sieben Maschinen aufgestockt werden. Dies ist möglich, weil die Nachfrage für Flüge an Weekends an Business-Destinationen kleiner ist als unter der Woche. Dies bietet sowohl für Swiss wie Veranstalter Vorteile: Sitzplatzkapazitäten werden nur aufgrund der Nachfrage generiert. Darin sieht auch Martin Massüger (Head of Leisure Sales bei Swiss) den Erfolg des Chartergeschäfts von Swiss: «Eine reine Chartergesellschaft muss ihre Maschine täglich im Einsatz haben. Wir dagegen können je nach Bedarf handeln.»
Das Modell «Air Berlin» mit Einzelplatzverkauf sei momentan nicht das Konzept, das Swiss anstrebe, erklärt Massüger weiter. Sollte jedoch das Vollchartergeschäft in Zukunft schwieriger werden, müsste die heutige Strategie überdacht werden. «Wir verhandeln lieber mit nur einem oder zwei Touroperators, als auf allen Vertriebskanälen die Maschine zu füllen.» Linienflüge nur einmal pro Woche durchzuführen – wie z.B. Air Berlin  auf die Kanarischen Inseln –, entspräche nicht dem heutigen Modell der Lufthansa-Tochter.

Die Charterketten-Rotationen für den Winter 07/08 seien alle unter Dach und Fach. Wie die Situation im nächsten Sommer aussehen wird, darüber kann Massüger noch nichts sagen. Zurzeit werden erst die Bedürfnisse der TOs abgeklärt. Massüger ist aber überzeugt, dass es nächstes Jahr besonders auf dem Basler EuroAirport zu einem Verdrängungswettbewerb kommen wird. Konkurrenten wie Air Berlin und Tuifly setzen vermehrt auf die Drehscheibe im Dreiländereck und Ryanair testet wohl mit dem Stockholm-Flug das dortige Potenzial. Wie sich das auf die Swiss und auf das Charterbusiness direkt auswirken wird, sei noch nicht abzusehen.

TUI ist und bleibt der grösste Abnehmer der Charterkapazität von Swiss. Die beiden anderen grossen TOs seien mit ihren hauseigenen Chartergesellschaften Edelweiss (Kuoni) und Belair (Hotelplan) zum grössten Teil abgedeckt. Bei diesen beiden komme die Swiss erst zum Zug, wenn mehr Bedarf bestehe. Für Kuoni zum Beispiel werden im kommenden Winter drei Kettenrotationen geflogen: am Freitag nach Hurghada, am Samstag nach Fuerteventura und am Sonntag nach Teneriffa/Lanzarote. Zusätzlich gibts in der Hochsaison im Dezember und Januar noch drei Ad-hoc-Flüge nach Las Palmas.

Über die Sitzplatzauslastung bei den Swiss-Chartern macht sich Massüger weniger Sorgen. «Die Auslastung ist allein das Problem des Veranstalters», erklärt er. Swiss verlange vom TO einen fixen Preis – ob die Maschine voll oder halbvoll fliege. Massüger zitiert seinen Chef Harry Hohmeister (Chief Network & Distribution Officer bei Swiss): «Solange es rentiert, werden wir dieses Geschäft betreiben.» Die Swiss sei nicht im Chartergeschäft dabei, nur um dabei zu sein. Es soll rentieren. Würde Swiss mit dieser Abteilung Verluste einfliegen, würde sie sich in Zukunft voll auf das Liniengeschäft konzentrieren.

Guido Casanova