«Tatsächlich ist die Flüchtlingskrise ein kritisches Thema» (Ausgabe 2016-10)

Die EOT-Direktorin über die Schweizer-Zahlen, die Flüchtlings-Problematik und das «Jahr Russlands».

Frau Babakou, Sie sind aus Athen, leben seit drei Jahren in Wien und betreuen u.a. die Schweiz. Wie beurteilen Sie den Schweizer Markt?

Es ist ein sehr freundschaftlicher, kleiner Markt, in welchem sich enge Beziehungen mit grossem Potential entwickeln können. Das zeigt sich auch in den Zahlen aus der Schweiz. 

Konkret?

Laut dem Bundesamt für Statistik verzeichneten wir 2014 mit 448749 Flug-reisenden einen Zuwachs von 22%. 2015 sind etwas weniger, nämlich 420970 Personen ab Schweizer Flughäfen nach Griechenland geflogen. Insgesamt stieg 2015 die Zahl der internationalen Ankünfte auf den griechischen Flughäfen jedoch auf mehr als 15,5 Millionen Reisende. Für 2016 erwarten wir eine weitere Steigerung. Der grösste Quellmarkt ist Deutschland, gefolgt von England, Frankreich, Italien, Bulgarien, Serbien, der Türkei und den USA. 

Griechenland wird vom Dilemma der Türkei profitieren… 

Das ist schwer zu beurteilen, weil Griechenland weniger auf das All-Inclusive-Produkt setzt und der Kreuzfahrten-Markt in den letzten Jahren sowieso deutlich gewachsen ist. 

Rechnen Sie nicht mit einer Zunahme von Touristen aus Russland?

2016 ist in Griechenland zum «Jahr Russlands» erklärt worden. Die verfügbaren Daten deuten bereits jetzt auf ein sehr erfolgreiches Jahr in Bezug auf die russischen Besucher hin. Generell sehen wir eine Steigerung von 25% bis 30% bei den Buchungen aus Russland für die meisten griechischen Destinationen. Darüber hinaus wird sich die Zahl der Visa-Zentren in Russland voraussichtlich um bis zu 50% auf total 29 erhöhen. Um den  neuen Anforderungen mit den biometrischen Daten für die Visaerteilung gerecht zu werden, sollen auch die griechischen Konsulate mit dem notwendigen Personal gestärkt werden.

Es ist aber so, dass Griechenland ein Flüchtlings-Problem hat, welches sich auf den Tourismus auswirkt.   

Tatsächlich ist die Flüchtlingskrise ein kritisches Thema. Gleichzeitig ist es ein internationales und nicht nur griechisches Problem. Ich möchte dazu folgendes festhalten: Dieses Problem betrifft erstens nicht alle griechischen Inseln. Zweitens: Selbst dort, wo es einen Flüchtlings-Zustrom gibt, betrifft dieser weder Strände noch touristische Resorts. Drittens: Die Hotspots, wo die Flüchtlinge für kurze Zeit aufgefangen werden, liegen nicht in den touristischen Gebieten. Abschliessend möchte ich betonen, dass das EOT die Aufgabe hat, zu gewährleisten und zu garantieren, dass die Besucher Griechenlands eine einzigartige touristische Erfahrung machen dürfen. 

In der griechischen Tageszeitung Kathimerini war zu lesen, dass 482 Hotels zum Verkauf stehen. Welche Auswirkungen hat dies auf den Tourismus? 

Jede Münze hat zwei Seiten. Der Tourismus in Griechenland ist stark gewachsen. In letzter Zeit kann ein zunehmendes Interesse von Investoren beobachtet werden. Ihr Augenmerk haben sie auf diverse Gebiete wie Athen, Rhodos, Korfu, Kreta und Chalkidiki gerichtet. Zudem handelt es sich um grosse Player, wie die Carlson Rezidor Group, Intercontinental, Marriott oder Four Seasons, aber auch um wichtige Investoren aus China und Russland.

EJO