Ticketbroker haben Nase gestrichen voll (Ausgabe 2011-44)

Schwindende Verdienste für mehr Aufwand: Künftig soll die Verkaufs-steuerung wieder härter werden.

Wer sich dieser Tage mit den Ticketbrokern unterhält, hört nebst Wehklagen viel Entschlossenheit, die Dinge zu ändern. Obwohl sich die Broker konkurrenzieren, herrschen über die Ursachen des Übels und über die Lösungsansätze weitgehend gleiche Meinungen vor.

Das grundsätzliche Problem ist der Einbruch der Verdienste. Sehr wenige Airlines zahlen den Brokern noch Kommissionen, die Channel Fees sinken und auch die «Backhands» – Kickback-Deals auf bereits erfolgte Verkäufe – bringen auf ein Ticket heruntergebrochen jeweils nur noch ein paar Franken. Überdies stellen sinkende oder per Unbundling aufgeteilte Airline-Tarife ein Problem dar: Heute seien 30 bis 40% des Tarifs Zuschläge, welche nicht vergütet werden. Als  Beispiel: Auf ein Ticket ZRH–JFK von CHF 766 entfallen CHF 381 auf Zuschläge; die «Flown Fare», auf welche der Broker verdienstberechtigt ist, beträgt also lediglich CHF 385. 

Gleichzeitig werden die Kosten auf Brokerseite aufgrund der steigenden Komplexität immer grösser. Bei Fehlern gibt es sogleich ADM – wobei sich die Broker einig sind, dass mindestens ein Drittel der ADM beanstandet werden muss, weil es sich dabei um Fehler im System handelt, also ein Streitpunkt zwischen Airline und GDS ist, welcher über den Broker ausgetragen wird. Hier wird jeweils deutlich, wie weit weg vom Schweizer Markt gewisse Airline-Vertreter sind, sprich wie lange es dauert, bis einvernehmliche Lösungen gefunden sind.

«Einvernehmlich» ist dabei ohnehin schwierig: IATA-Resolutionen sind ja für die Vertriebsstellen immer verbindlich, für die Airlines aber nicht. Und mit der Kulanz der meisten Airlines soll es nicht mehr weit her sein. Dies, obwohl immer weniger Fehler passieren, nachdem immer mehr Reisebüros ihr Ticketing an Broker auslagern.

Wie weiter also für die Broker? Bei geschätzten CHF 500 Mio. BSP-Umsatz, welche über Broker laufen, sollten die Muskeln eigentlich vorhanden sein. «Neue Modelle sind nötig», erklärt etwa Nick Gerber (Globetrotter), «dabei sollten einzelne Airlines nicht mehr verkauft werden. Gewisse Airlines brauchen wir einfach nicht mehr. Es gibt genügend Alternativen, um Leisure-Kunden zu steuern, denen es meist eh egal ist, mit wem sie fliegen, solange der Preis stimmt.»

Marc Zinniker (Kuoni Ticketshop) erklärt: «Die Airlines zahlen für unsere Dienste immer weniger, wollen aber die gleiche Sichtbarkeit in Katalogen und Top-Ranking im Servicemodell und unentgeltliche Zusatzarbeit, z.B. bei Flugplanänderungen. Wir können uns dagegen nur mit Zuschlägen wehren, falls der Aufwand pro Ticket jeweils zu gross wird.»

Bereits in diese Richtung geht der Hotelplan Ticketxpress (siehe Box unten). Dass Zuschlagsmodelle wirken, bewiesen die Broker bereits letztes Jahr. Als American Airlines versuchte, Gebühren auf GDS-Buchungen zu erheben, verkauften die Broker AA kurzerhand nicht mehr. Die «Premium Booking Source» kam nicht. 

Jean-Claude Raemy