«Warum nicht ein dritter Flug nach Zürich?» (Ausgabe 2015-36)

Emirates-CCO Thierry Antinori spricht über den zweiten A380 auf der Zürich-Strecke, die ewigen Subventionsvorwürfe, warum Emirates in keiner Allianz ist und weshalb man vergebens auf die grosse 30-Jahr-Sause wartet.

Am 1. Oktober bringt Emirates ihren zweiten Airbus A380 nach Zürich und erhöht damit die Kapazität um 15%. Letzte Woche weilte CCO Thierry Antinori in der Schweiz und sprach in einer exklusiven Gesprächsrunde über …

… den Schweizer Markt:

Das Produkt ist gut, das Team ist gut, die Kaufkraft ist gut. Die Schweizer verstehen unseren Qualitätsgedanken und sind bereit, für gute Leistung zu zahlen. Der erste A380 auf der Zürich-Strecke hat dem Schweizer Markt einen Schub gegeben, und beim zweiten A380 wird es wohl nochmals einen geben, vor allem weil es ein Abendflug ist. Wir werden wie gewohnt nur sporadische Specials machen und nicht mit Tiefstpreisen auf den Markt kommen. Wenn ich mir die tiefen Preise von Swiss nach Dubai anschaue, könnten wir uns so etwas nicht leisten.

Genf wäre ebenfalls ein Kandidat für den A380, vor allem wegen den First- und Business-Buchungen. Doch der Flughafen ist nicht dafür gerüstet. Aber ein anderer Gedanke für die Zukunft: Warum nicht ein dritter Flug nach Zürich? Bei Manchester hat es auch funktioniert. Schlussendlich wird der Kunde entscheiden.

… den A380:

Wir betreiben eine Flotte von 65 Airbus A380, und 75 weitere sind bestellt. Bei den Kunden kommt das Flugzeug überaus gut an. Es stimmt aber, dass bei anderen Airlines der A380 zurzeit weniger gefragt ist. Bei uns funktioniert er, weil wir einen Longhaul-to-Longhaul-Hub betreiben. Ausserdem braucht es die entsprechende Vision und etwas Mut dazu. Viele Airline-Manager denken heute eher konservativ: kleine Kapazitäten, sicherer Erlös, wenig Risiko in der Nebensaison. Unser Präsident Tim Clark hat es gut formuliert: «Die Airline-Industrie braucht eine neue Sorte von Managern.»

… den Markt von Europa nach Asien:

In Europa wirft man uns vor, mit unseren Preisen den Markt zwischen Europa und Asien kaputt zu machen. Dabei senken wir die Preise nur, wenn wir von aggressiven Mitbewerbern quasi dazu gezwungen werden. Proaktiv geschieht dies nie. Ich glaube, dass die Europäer nicht wegen unserer Preise Marktanteile verlieren, sondern wegen unseres Produkts und unserer Verbindungen.

… Allianzen und Partnerschaften: 

Wir investieren lieber in unsere Marke und unser Produkt statt in Allianzen. Weshalb? Erstens: Wir wollen für unseren Kunden konsistent sein und die Kontrolle über das Angebot haben. Mit Allianzen besteht die Gefahr einer Verwässerung. Zweitens: Wir sind die einzigen, die Dubai als Hub benützen. Drittens: Sobald man in einer Allianz ist, beginnen die Gespräche über Kapazitätsoptimierungen. Das wollen wir nicht. Gemäss Experten wären wir 20–30% kleiner, wenn wir in einer Allianz wären. 

Wir gehen aber mehr Partnerschaften ein als auch schon, etwa mit Qantas oder bei unserem Vielfliegerprogramm mit Easyjet. Unser Mitbewerber Etihad Airways setzt stärker auf Beteiligungen und Partnerschaften. Doch die Ausgangslage ist anders: Sie ist jünger und deshalb kleiner als wir, und weil sie mit organischem Wachstum nicht so schnell aufholen kann, wächst sie über Partnerschaften.

… die Ertragsqualität:

Der Druck auf die Erlöse pro Sitz ist enorm. Die Passagierzahl wird sich weltweit bis 2030 zwar verdoppeln, aber die Luftfahrt ist ein zersplitterter Markt, und die Einstiegshürden für Airlines sind nicht besonders hoch. Uns ist es trotz 60% Wachstum in den letzten vier Jahren gelungen, den Durchschnittserlös leicht zu erhöhen. Dies dank einem verstärkten Fokus auf Firmenkunden, unter anderem dank der Verbesserung unseres Vielfliegerprogramms. Aber auch Dubai als Region hat sich stark weiterentwickelt, weswegen wir mehr Point-to-Point-Verkehr nach Dubai haben, was den Yield ebenfalls erhöht.

… Subventionsvorwürfe aus den USA:

Wir haben von unserem Shareholder, dem Emirat Dubai, bei unserer Gründung ein Startkapital von USD 10 Mio. plus weitere Investitionen von USD 80 Mio. erhalten. Das war’s. Und dank den Anschuldigungen der amerikanischen Troika unter der Führung von Delta-CEO Richard Anderson durften wir nun ja in einem umfassenden Dokument beweisen, dass die Vorwürfe haltlos sind.

Ich verstehe hier die amerikanischen Airlines nicht ganz: Sie gehören inzwischen zu den profitabelsten der Welt, aber ihr Produkt wird älter und älter. Sie stellen die Bedürfnisse der Shareholder vor diejenigen der Kunden – wir machen es genau umgekehrt. Und die US-Airlines sind dann irritiert ob der Qualität unseres Produkts. Doch die amerikanischen Kunden sagen uns: Bitte mehr davon! Deshalb bauen wir unser Angebot stetig aus, zum Beispiel mit einer neuen Route nach Orlando.

… Verkehrsrechte:

Wir sähen noch einige Opportunitäten, die wir aufgrund von Verkehrsrechten nicht wahrnehmen dürfen. Wir würden zum Beispiel gerne nach Berlin fliegen, haben aber unser Kontingent von vier deutschen Destinationen schon aufgebraucht. Oder Paris: Da dürfen wir 20x pro Woche fliegen, aber nicht 21x, also nicht dreimal täglich. Der Verkehrsminister sagte zu uns: Wenn ihr einen sauberen Flugplan wollt, dann geht doch runter auf 14x… Mich dünkt es seltsam, dass diese Entscheidungen überall bei den Verkehrsministern liegen. Die besprechen sich mit den nationalen Airlines, und dann ist der Fall sowieso klar. Es würde den Ländern doch mehr bringen, wenn die Entscheidung beim Handels- oder Tourismusminister liegen würde!

… das 30-Jahre-Jubiläum von Emirates:

Es wird kein Fest geben. Wir feiern uns grundsätzlich nicht selber. Vielleicht verschickt unser Vorstandsvorsitzender eine interne Nachricht.

Stefan Jäggi