«Wir wollten zu viel auf einmal» (Ausgabe 2006-38)

Stefan Helsing, Leiter Touroperating der Hotelplan Swiss Group, äussert sich über das Scheitern der Matrix-Organisation.

Herr Helsing, die Matrix-Organisation mit Markt- und Destinationsmanagement wurde erst am 1. Februar eingeführt und nun über Bord geworfen. Weshalb führten Sie die Matrix ein?
Die Grundüberlegung war, die Einkaufs- von der Verkaufskompetenz zu trennen. Wir wollten eine klare Marktfokussierung, aber auch eine klare Beschaffungs- und Produktionsfokussierung. Ein guter Einkäufer ist nicht zwingend ein guter Vermarkter. Damals haben wir verschiedene Dinge verändert: Wir haben gestrafft, wir haben reorganisiert und teilweise neue Funktionen definiert.

Geschah dies auf Stufe Konzern oder ausschliesslich innerhalb der Hotelplan Swiss Group (HPSG)?
Die Einführung der Matrix stammt aus unserer Küche, sprich Geschäftsleitung HPSG. Die Verantwortung der Einführung lag bei mir. Es gab gewisse Überlegungen dahinter, die nicht falsch waren, aber wir haben zu viel auf einmal gewollt. Ich selber bin erst am 1. Juli 2005 bei Hotelplan eingetreten und hatte einen gewissen Respekt vor diesen Änderungen. Dadurch habe ich vielleicht meine persönlichen Vorstellungen zu wenig eingebracht.

Welche Rolle hat Boston Consulting bei der Matrix-Einführung gespielt?
Eine rein begleitende Rolle.

Die Idee der Matrix kam also nicht von dieser Seite?
Wenn man sich als Management von einem Berater eine Struktur aufschwatzen lässt, ist man selber schuld. Einen Berater holt man aus strategischen Gründen und für die Moderation. Diese Rolle hat Boston Consulting gespielt. Umgesetzt haben wir alleine – und zwar bewusst.

Was waren die positiven Aspekte der Matrix-Organisation?
Positiv war die klare Marktorientierung. Wir schauten nicht mehr nur auf die Kunden, sondern setzten uns systematisch aus der jeweiligen Marken- und Positionierungssicht mit der Konkurrenz auseinander.

Aus welchen Gründen hat man nun die Organisation im Markt-Management wieder angepasst?
Die einzige Konstante ist die Veränderung. Wir befinden uns in einem Umfeld, das sich massiv verändert. Das Tempo hat zugenommen, die Flexibilitätserwartungen steigen und dadurch auch die Belastung. Ich wollte nicht     zusätzliche Handicaps einbauen, die vielleicht längerfristig nicht falsch      wären, aber uns im Moment limitieren. Also machten wir lieber einen Schritt zurück und haben die Struktur vereinfacht.

Ist die Matrix-Organisation definitiv vom Tisch?
Hauptinhalt der Matrix war die Einführung des Markt-Managements, welches weiterhin bestehen bleibt. Die Frage der Verantwortlichkeiten war aber für mich immer wichtig. Ich will, dass meine Ressort-Leiter in die Verantwortung gezogen werden können. Dazu müssen sie aber durchgehend in ihrem Bereich wie KMUs aufgestellt sein, wie das bisher beispielsweise schon bei Esco und TPT der Fall war. Damit wir dem Spezialisten-Gedanken gerecht werden können, müssen wir diesen KMU-Spirit innerhalb der Ressorts schaffen.

Gab es Druck von der Basis auf die Matrix-Organisation?
Wir haben reorganisiert,  abgebaut und die gesamte Katalogproduktion in Basel zusammengezogen – drei massive Schritte. Der Hauptfehler war vielleicht, dass wir die Firma wirklich einer Rosskur unterzogen haben. Der Einsatz der Leute war ausserordentlich. Es ist gut zu wissen, dass die Mitar-beitenden dazu bereit sind. Diesen Einsatz kann man aber nicht beliebig lange    erwarten.

Was hat die ganze Übung gekostet?
Schweiss und Arbeit! In erster Linie war es Arbeitsleistung von unserer Seite.

Wie wird das Touroperating Hotelplan neu organisiert? Wer übernimmt die Aufgaben des Markt-Managements, die bisher Peter Plan gemacht hat?
Wir übernehmen bei Hotelplan die Struktur von Esco oder TPT. In den drei Gefässen Midhaul Beach (René Donno), Longhaul (Daniel Oetterli) und Special Interest (neu Peter Plan) gibt es nun ein separates Markt-Management. Damit können die Ressort-Leiter genau, wie beispielsweise Andrea Rutishauser von Esco, das gesamte Instrumentarium sowie so die ganze Verantwortung für das Ressort übernehmen und sind auf gleicher Stufe anzusiedeln.

Ist die Veränderung für Peter Plan ein Rückschritt?
Nein, ganz sicher nicht. Es ist eine Veränderung auf gleichem Niveau. Peter Plan hat als Markt-Manager einen super Job gemacht. An ihm lag das Scheitern der Matrix sicher nicht. Ich wehre mich vehement gegen gewisse Mutmassungen in diese Richtung. Mit der neuen Organisation sind wir ganz sicher personell richtig aufgestellt.

Welche Personen kümmern sich nun in den einzelnen Ressorts um das Markt-Management?
Das bestehende Team von Peter Plan wurde auf die Ressorts aufgeteilt. Es sind also dieselben Leute wie bisher, nur unter neuer Verantwortung.

Wann werden diese Änderungen eingeführt?
Diese Massnahmen sind per Ende September 2006 umgesetzt.

Wie sieht es bei M-Travel aus?
Das ist eine Ausnahme. Die Einkaufsstrukturen sind bei René Donno und Daniel Oetterli angesiedelt, welche auch für Marcel Eisele von M-Travel produzieren, allerdings aufgrund eines Briefings von Marcel Eisele.

Chris Probst/Urs Hirt