Zufriedene Gesichter trotz Abflachung (Ausgabe 2007-28)

Chris Probst über den Geschäftsgang bei den Retailern

Auch wenn seit einigen Wochen nicht mehr so extrem gebucht wird wie noch zu Beginn des Jahres, trifft man in der Schweiz fast nur auf zufriedene Reisebüro-Chefs. Von einem Einbruch der Buchungseingänge im Mai und Juni ist von den Retailern – im Gegensatz zu vielen Veranstaltern – wenig zu hören. Es ist die Rede von «Jammern auf hohem Niveau», wobei im Prinzip gar nicht gejammert wird. Ein Beispiel dafür ist Beat Rickli von Rico Thun, der noch vor Jahresfrist anlässlich der «TI Sommerleute-Tour» von den härtesten Zeiten seiner 37-jährigen Reisebüro-Karriere sprach, jetzt aber zufrieden und wieder optimistischer ist.

Tatsache ist, dass die Schweizer Reisebüros in den ersten drei bis vier Monaten des Jahres einen regelrechten Boom erlebten. Dieser Ansturm ist wohl nicht alleine den Frühbucherrabatten gutzuschreiben. Die meisten Retailer sind überzeugt, dass das Gros der Kunden begriffen hat, dass es sich nur in wenigen Fällen lohnt, bis kurz vor Abreise mit einer Buchung zuzuwarten. Das erklärt auch den tiefen Anteil an Last-Minute-Buchungen bei vielen Reisebüros. Erfreulich ist auch, dass offenbar sogar bei Last-Minute-Reisen weniger auf den Preis geschaut wird als früher.

Positiv für die Reisebranche war sicher auch das miese Sommerwetter der vergangenen Tage in der Schweiz. Einerseits – das ist nicht neu – bringt schlechtes Wetter vor den Sommerferien zusätzliche kurzfristige Buchungen, andererseits wecken Kälte und Regen bei Schweizern generelle Lust auf einen Besuch in ihrem Reisebüro. Denn gebucht werden zurzeit auffallend viele Reisen für November und Dezember.

Diese frühzeitigen Buchungen freuen die Retailer natürlich. Noch mehr Freude hätten sie allerdings, wenn sie die Aufträge definitiv reservieren, das Dossier ad acta legen und nicht bloss Vorausbuchungen tätigen könnten. Sollte der Trend von frühen Winterbuchungen in den kommenden Jahren weitergehen, müssten sich die Veranstalter überlegen, ihre Katalogproduktion vorzuziehen und mit den deutschen TOs gleichzuziehen.

Ein anderes Ärgernis scheint die Preispolitik der Airlines zu sein. Besonders bei Langstreckenflügen gleicht die Wahl des optimalen Buchungszeitpunkts laut René Blum von Parade Zürich einer Lotterie, weil der frühe Bucher nicht mehr unbedingt mit dem tiefsten Tarif belohnt wird – nicht gerade das, was sich die Reisebranche wünscht!