Clubhouse-App – ein trojanisches Pferd erobert die Reisebranche

Die Chat-App hat ein grosses Problem mit dem Datenschutz: Sie ist eine Datenkrake.
©Screenshot TI

Die neue Chat-App Clubhouse erobert derzeit auch die Reisebranche. Im Rahmen der virtuellen ITB finden täglich Gespräche und Frage/Antwort-Runden auf dieser Plattform statt. Auch der Deutsche Reise-Verband (DRV) nutzt die App für Diskussionen zwischen der Reisebranche und Vertretern der deutschen Bundesregierung.

In der Schweiz sind es unter anderem Schweiz Tourismus und Österreich Werbung, die auf Clubhouse das Gespräch mit Interessierten suchen. Was die meisten User aber nicht wissen, wenn sie Kollegen zum Chat einladen: Clubhouse funktioniert wie eine Datenkrake, die sich mit dem System des trojanischen Pferds Zugang zu persönlichen Informationen verschafft und diese abfischt.

Mit der Einladung werden auch alle Kontakte geteilt

Mitdiskutieren kann bis jetzt zwar nur, wer ein Apple-Gerät benutzt – Clubhouse funktioniert in der momentan aktuellen Beta-Version nur unter iOs. Und man muss zur Teilnahme eingeladen werden, fasst wie bei den selektiven Service-Clubs Rotary oder Lions und Kiwani’s. Sich selber einfach anmelden und einklinken kann man nicht.

Doch genau bei der Einladung liegt ein grosses Datenschutzproblem: Wer andere Menschen hinzufügt, muss Clubhouse den Zugriff auf seine eigene Kontaktliste erlauben – ein eigentliches trojanisches Pferd.

Denn damit kommt der App-Anbieter auch zu Telefonnummern von Leuten, die sich nie selber bei Clubhouse angemeldet haben und dies vielleicht auch gar nie beabsichtigen. Ohne deren Wissen kann der Betreiber der App also Informationen über sie sammeln, die Rückschlüsse auf ihre persönlichen und beruflichen Netzwerke und Interessen erlauben.

Auch vertrauliche Telefonnummern werden abgefischt

Bedenklich ist, dass damit Mobil-Telefonnummern weitergegeben werden, die eigentlich vertraulich bleiben sollten, weil sie Rückschlüsse auf allerlei Privates ermöglichen. Etwa von Ärzten oder Patienten, von Prominenten oder auch besonders gefährdeten Personen wie Politiker, die man zufälligerweise persönlich kennt.

Wenn jetzt etwa in der Schweizer Reise-Branche eine Clubhouse-Diskussion über die Härtefallhilfe stattfinden würde und eine teilnehmende Politikerin, die Einladungen dazu verschickt, hätte die Mobil-Nummer von Bundesrat Alain Berset in ihren Kontakten gespeichert, würde diese auf den Servern des Betreibers in den USA hinterlegt, ohne dass Berset davon wüsste. Das Problem dabei ist, dass grundsätzlich immer die Gefahr besteht, dass einmal gespeicherte Daten in falsche Hände geraten können.

Die Illusion der Unverbindlichkeit

Dennoch fasziniert die App. Viele Prominente sind dabei, das macht sie attraktiv. Und das Neue an Clubhouse ist, dass alles in Echtzeit passiert. Es wird nur geredet und nicht geschrieben. Und was gesagt wird, verschwindet nach dem Chat im Nirgendwo – fast wie am guten alten Stammtisch. Man kann die Illusion haben, sagen zu können, was man will, ohne dass es Spuren hinterlasse und man dafür zur Verantwortung gezogen zu werden.

So zumindest suggeriert es die App. Aufnehmen der Gespräche ist nämlich grundsätzlich verboten und sollte damit für die User auch nicht direkt über das Gerät, mit dem gechattet wird, möglich sein. Der Anbieter allerdings behält sich das Recht vor, die Gespräche aufzuzeichnen und erst nach Ende jedes Meetings zu löschen, um allfällige Regelverstösse in den Chats ahnden zu können.

(Christian Maurer)