Die unterschiedlichen Impf-Strategien für Kreuzfahrer

Während die amerikanischen Reedereien fast ausnahmslos eine Covid-Impfung verlangen, geben sich die europäischen Reedereien (noch?) weniger strikt.
Kein Boarding ohne Test. ©Costa

Noch sind zwar nicht gänzlich alle Fragen rund um die Covid-Impfung restlos geklärt (etwa in Bezug auf eine trotzdem mögliche Weiterverbreitung des Virus oder den Wirkungsgrad bei Mutationen), doch das hält die meisten amerikanischen Reedereien nicht davon ab, für ihren geplanten Restart auf eine Impfpflicht für Passagiere und Crew zu setzen.

«Alle Gäste sowie unsere gesamte Besatzung müssen mindestens zwei Wochen vor der Abreise einen vollständigen Impfschutz aufweisen können», teilt zum Beispiel Norwegian Cruise Line mit, die ab 25. Juli den Neustart ab Athen mit Kreuzfahren in der Aegäis und ab August in der Karibik plant. Dabei gelten die aktuellen Impfanforderungen im Moment noch für alle Abfahrten bis zum 31. Oktober 2021. Beim Einschiffen wird für die (geimpften) Gäste zusätzlich ein negativer Antigen-Test verlangt, der von NCL durchgeführt und bezahlt wird.

Ähnlich will man bei Celebrity Cruises vorgehen, die am 5. Juni in der Karibik und am 19. Juni ebenfalls ab Athen wieder loslegen will. Die Reederei ergänzt, dass die Impfpflicht nur für Passagiere über 18 Jahre gelte. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren müssen sich über einen negativen PCR-Test ausweisen, der zum Zeitpunkt des Boardings nicht älter als 72 Stunden ist.

«Hybrides Modell» bei den Europäern

Anders bei fast allen europäischen Reedereien, wo man weiterhin auch ohne Covid-Impfung an Bord kommt. Hier dürfte nebst den angesprochenen offenen Fragen auch der Umstand mitspielen, dass die Impfkampagnen noch vielerorts nicht so weit fortgeschritten sind wie z.B. in den USA, Grossbritannien oder Israel. Von den grösseren europäischen Reedereien hat bisher einzig Ponant eine Impfpflicht eingeführt.

«Wir untersuchen einen praktikablen Ansatz, wie wir die Impfstofffortschritte neben den umfangreichen Tests in unser Gesundheits- und Sicherheitsprotokoll aufnehmen können, bis sie in grösserem Umfang verfügbar sein werden», teilt etwa MSC Cruises mit. Deshalb setze man kurz- bis mittelfristig auf eine hybride Strategie, in der geimpfte wie ungeimpfte Gäste mithilfe umfassender Tests an Bord können.

Auch bei Costa gilt, dass geimpfte Personen nach dem gleichen Protokoll behandelt werden wie nicht geimpfte, sagte Austria/Schweiz General Manager Ulrike Soukop kürzlich im grossen Interview mit TRAVLE INSIDE. Das heisst, wer aus einem Risikoland nach einem italienischen Ausgangshafen anreist, muss über einen negativen PCR-Test verfügen, zudem erfolgt beim Einschiffen noch ein Antigen-Test.

Auch bei MSC werden beim Boarding und während der Kreuzfahrt kostenlose Antigent-Tests durchgeführt, und beide Reedereien bieten für die Rückreise die Möglichkeit für PCR- und Antigen-Tests an Bord, solange dies die Heimatländer verlangen.

Verpflichtende Covid-19-Tests (PCR und Antigen), nicht aber Impfungen, sind auch bei den deutschen Reedereien Usanz. «Sofern bestätigt ist, dass geimpfte Personen nicht infektiös sind, können diese von einem verpflichtenden Test vor der Reise befreit werden», teilt etwa TUI Cruises mit. Es werde aber keine Regelung geben, wonach nicht-immune Kunden von der Reise ausgeschlossen werden. Darüber hinaus gelten behördlich angeordnete Testpflichten, auf welche die Reederei keinen Einfluss habe.

Bei Aida Cruises teilt man mit, dass die aktuelle Situation in Zentraleuropa noch keine Aussage ermögliche, wann flächendeckende Impfungen für die Mehrzahl der Bevölkerung verfügbar und dadurch Erleichterungen bei internationalen Reisen möglich sein werden. Dabei werde aber das von der EU beschlossene «grüne Zertifikat» künftig eine wichtige Rolle spielen.

Auch bei Hapag-Lloyd Cruises sind seit dem 15. Mai zwei negative Testbefunde, der eines PCR-Tests und zusätzlich eines Antigen-Tests, verpflichtende Voraussetzungen. Dies gelte auch für geimpfte Personen sowie alle Gäste ab 6 Jahren, teilt das Unternehmen mit. Sollten künftig Anpassungen erfolgen, werde man dies entsprechend kommunizieren.

Wie lange noch «Bubble»-Ausflüge?

Für einiges Aufsehen sorgte kürzlich ein Statement von NCL, dass für ihre (obligatorisch durchgehend geimpften) Gäste je nach behördlichen Bestimmungen der angelaufenen Häfen individuelle Landgänge möglich sein werden. Dies mag perspektivisch auf der Hand liegen, doch andere Reedereien möchten sich noch nicht explizit auf dieses Szenario einstellen. So setzt Celebrity Cruises, wo man ebenfalls mit durchgehend geimpften Gästen starten will, vorläufig auf das «Bubble»-Konzept, d.h. Landgänge werden nur im Rahmen organisierter Ausflüge in der Gruppe (auch Privatgruppen) möglich sein.

Ausschliesslich Gruppen-Landausflüge mit Schutzkonzept in der «Safe Bubble» gelten vorläufig auch für die europäischen Reedereien, die kein Impf-Obligatorium verlangen. Das bestätigen sowohl MSC Cruises wie Costa Cruises, ebenso Aida oder Hapag-Lloyd Cruises, wobei beide Reedereien ihre ersten Fahrten ab deutschen Häfen vorläufig noch gänzlich ohne Landgang als Panoramafahrten durchführen. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass sich diese Anordnung je nach Entwicklung der Fallzahlen und in Abstimmung mit den lokalen Behörden und Agenturen mit der Zeit ändern könnte.

«Zwangs-Impfung» für die Crew?

Bei vielen Reedereien gilt zudem, dass auch die Crew geimpft wird. «Unsere gesamte Besatzung muss zum aktuellen Zeitpunkt mindestens zwei Wochen vor dem jeweiligen Einsatz einen vollständigen Impfschutz vorweisen», teilt etwa NCL mit. Ähnliches gilt bei Celebrity Cruises. Auf die Frage, ob Crewmitglieder, die sich nicht impfen lassen möchten oder können, keinen neuen Vertrag erhalten, gingen beide Reedereien nicht weiter ein.

Bei MSC Cruises, wo man ein flottenweites Impfprogramm für die gesamte Crew lanciert hat, heisst es: «Wir ermutigen alle Besatzungsmitglieder ausdrücklich, sich als zusätzlichen Schutz für ihre eigene Gesundheit und die ihrer Kollegen und der Gäste an Bord impfen zu lassen, wenn die Impfung in ihrem Heimatland verfügbar ist». Das bedeute, dass aktuelle Besatzungsmitglieder, die noch nicht geimpft wurden, die Impfung ablehnen können. Die gesamte Crew werde mindestens dreimal getestet, bevor die auf den Rest der Besatzung stösst, anschliessend erfolgen wöchentliche Tests an Bord.

Bei Hapag-Lloyd Cruises sind Tests und Quarantäne vor dem Einsatzbeginn bereits seit Wiederaufnahme des Schiffsbetriebs im Sommer 2020 etablierter Bestandteil des Präventionskonzepts. Die Tests werden regelmässig wiederholt, von einem Impf-Obligatorium für die Crew spricht die Reederei derzeit nicht, man werde aber die Entwicklung des Impfprozesses sehr aufmerksam weiterverfolgen.

Auch bei Aida wird eine Impfung für die Crew noch abgeklärt, ebenso bei TUI Cruises: «Wir sind zuversichtlich, dass wir in den kommenden Monaten die Besatzung an Bord unserer Flotte impfen könne, bzw. sie bereits mit Beginn ihres Arbeitseinsatzes geimpft an Bord kommt», teilt die Reederei mit. Aktuell sei das aber bei der mangelnden Verfügbarkeit des Impfstoffs noch kein Thema.

(Beat Eichenberger)