Klein(er) aber Oho! – Die Cruise-Neubauten 2022

Über ein Dutzend neue Megayachten und Expeditionsschiffe sollen in See stechen. Der 2. Teil des grossen Cruise-Überblicks von TRAVEL INSIDE.
Startbereit für eine neue Karriere. ©Silversea

Im ersten Teil stellte TRAVEL INSIDE 13 neue grosse Cruiseliner vor, die wahrscheinlich alle in diesem Jahr Fahrt aufnehmen werden. Im zweiten Teil geht es um die kleineren Einheiten, die gesichert oder voraussichtlich – gemäss Planung – in den kommenden Monaten in See stechen werden.


Die feinen Megayachten
Emerald Azzurra © Emerald

Emerald Azzurra / Emerald Cruises (10’000 BRZ, 100 Pax, Halong/VN). Die Fertigstellung der ersten Hochsee-Megayacht für den Flussreisen-Anbieter Emerald (Scenic Group) wurde mehrmals verschoben. Nun soll es bald soweit sein: Das Schiff nimmt im März mit Fahrten im Roten Meer den Betrieb auf und kreuzt diesen Sommer auf verschiedenen Routen im Mittelmeer. Das intime Schiff will sich unter anderem mit einem umfassenden All-inklusive-Konzept auszeichnen.

Silver Dawn © Silversea

Silver Dawn / Silversea Cruises (40’700 BRZ, 596 Pax, Fincantieri/I). Dabei handelt es sich um die dritte Einheit der Muse-Klasse. Mit Otium wartet das Schiff mit einem neuartigen Spa- und Wellness-Programm auf, und auch auf der neuen Dawn wird das kulinarische S.A.L.T-Konzept umgesetzt, das auf ihrer Vorgängerin Silver Moon im letzten Jahr lanciert wurde. Die Silver Dawn wurde schon im letzten Herbst an die Reederei übergeben und nimmt ihren Betrieb nun im April im Mittelmeer auf.

Evrima ©Ritz Carlton

Evrima / Ritz Carlton (25’000 BRZ, 298 Pax, Mariotti/I). Auf dieses erste Schiff einer neuen Cruise-Marke darf man gespannt sein. Angekündigt wird ein neuer Standard für luxuriöse Megayacht-Kreuzfahrten. So gibt es fünf Spezialitätenrestaurants, was für ein Schiff dieser Grösse aussergewöhnlich ist. Und der berühmte Ritz-Carlton-Service soll auch auf See gelten. Nach mehreren Verschiebungen soll es nun im Mai mit Mittelmeer-Fahrten losgehen, im Winter ist die Karibik im Fokus.

©Viking Cruises

Viking Mars und Viking Neptune / Viking (je 47’000 BRZ, 930 Pax, Fincantieri/I). Die amerikanische Viking Ocean Cruises kommt inzwischen bei der Nummer acht ihrer Serie von erstklassigen identischen Hochsee-Schiffen an. Die Viking Mars soll im Mai ausgeliefert werden und danach Fahrten im Mittelmeer und in Nordeuropa auflegen, bevor das Schiff nach Asien weiterzieht. Die Viking Neptune ist auf den Vorwinter terminiert und soll dann gleich auf Weltreise gehen.

Eisverstärkte Expeditionsschiffe
Viking Octanis ©Viking Cruises

Viking Octanis und Viking Polaris / Viking (30’000 BRZ, 378 Pax, Vard/N): Nebst ihrer Serie ‘klassischer’ Hochsee-Schiffe expandiert Viking Ocean nun auch ins Segment der Expeditionsschiffe. Der erste Neubau, die Viking Octanis, hat seine Antarktis-Saison bereits in Angriff genommen und wird im Sommer die Grossen Seen besuchen, die Polaris soll im Sommer mit Arktis-Fahrten folgen. Speziell ist etwa The Hangar, von wo die Gäste geschützt auf Zodiac zusteigen können, oder die Outdoor-Lounge Fince Terrace.

Seabourn Venture ©Seabourn

Seabourn Venture / Seabourn (23’000 BRZ, 264 Pax, Mariotti/I). Auch die Luxus-Reederei Seabourn steigt mit diesem Neubau erstmals in das Segment der Expeditionsreisen ein. Speziell: Der eisverstärkte Neubau wird unter anderem mit zwei U-Boots für Unterwasser-Entdeckungen ausgestattet. Die Suiten sollen dem Seabourn-Luxusverständnis entsprechen. Die Seabourn Venture wird im Juli mit Fahrten in Nordeuropa und in die Arktis loslegen, bevor es später im Jahr nach Südamerika und in die Antarktis geht.

Infinity-Klasse ©Sunstone Ships

Ocean Odyssey, Silvia Earle und Ocean Albatros / SunStone (8000 BRZ, 130-186 Pax, CMIH). Die vierte bis sechste Einheit der Infinity-Bauklasse, die der Investor SunStone in China bauen lässt und diese dann verchartert, sind in diesem Jahr terminiert. Die Infinity-Expeditionsschiffe fallen mit ihrer speziellen Form des Bugs (‘Bow’) auf und warten je nach Charterer mit unterschiedlicher Kabinenzahl auf. Voraussichtlicht 2022 ausgeliefert werden die Ocean Odyssey (Charter Vantage Travel), die Silvia Earle (Charter Aurora) und allenfalls noch die Ocean Albatros (Charter Albatros).

SH Vega © Swan Hellenic

SH Vega / Swan Hellenic (10’000 BRZ, 152 Pax, Helsinki/FIN). Nach der Minerva im letzten Jahr folgt bereits die zweite Einheit neuer Expeditionsschiffe für die wieder auferstandene Reederei Swan Hellenic Cruises. Die SH-Schiffe sind mit einem Batteriepaket ausgestattet, das leise und emissionsfreie Einfahrten erlaubt. Der Start der Vega ist Ende Mai vorgesehen, 2023 soll ein dritter Neubau folgen.

Janssonius © Oceanwide

Janssonius / Oceanwide (6300 BRZ, 174 Pax, Brodosplit/HR). Ein Schwesterschiff der 2019 in Betrieb genommenen Hondius für den holländischen Expeditions-Spezialisten. Nach Verschiebungen soll der Neubau nun in diesem Frühling ausgeliefert werden, Fahrtgebiete im Sommer sind die Arktis und im Winter die Antarktis.

Die World-Klasse
© Nicko

World Traveller und World Seeker / Mystic Cruises (9300 BRZ, 200 Pax, West Seas/P). Zwei weitere Einheiten der World-Klasse der portugiesischen Mystic Cruises. Die Schiffe kommen entweder für Nicko Cruises im deutschsprachigen Raum oder für die Mystic-eigene Vertriebsgesellschaft Atlas Voyages im US-Markt auf Routen weltweit zum Einsatz.

Havila Castor ©Havila

Von Interesse sind auch noch die nächsten Küstenschiffe für die norwegische Havila, die in den kommenden Monaten zum Einsatz kommen sollen: Havila Castor, Polaris und Pollux (je 15’812 BRZ, 468 Pax, Tersan/TR).

 

Perspektiven
Beat Eichenberger, TRAVEL INSIDE Cruise-Spezialist

Andere, zuvor für 2022 angekündigte Neubauten wurden bereits definitiv auf später verschoben. So etwa die neue Queen Anne für Cunard, die jetzt Anfang 2024 ausgeliefert werden soll. Oder die zwei geplanten Neubauten für Paul Gauguin, die Ponant auf unbestimmte Zeit zurückgestellt hat. Auch die neue Aramana für Aranui Cruises wird offenbar erst 2024 in Betrieb gehen. Gänzlich offen ist zudem die Frage, was mit dem Gigaliner Global Dream passieren soll, der auf den MV-Werften für die insolvente Dream Cruises (Genting) kurz vor der Fertigstellung steht.

So oder so: Sollten nicht noch Bauaufträge storniert oder zurückgestellt werden, dreht sich das Karussell der Schiffs-Neubauten in den nächsten Jahren noch etwas weiter: Für 2023 stehen nochmals rund 20 neue Einheiten in den Auftragsbüchern der Werften, für 2024 und 2025 voraussichtlich je ein Dutzend und vereinzelte Bestellungen reichen gar bis 2026 und 2027.

Die grosse Frage stellt sich aber, wie es in wenigen Jahren für die grossen Bauwerften Meyer Papenburg (D) und Turku (F), Fincantieri (I) und Chantiers de l’Atlantique (F) weitergehen kann. Das gilt auch für kleinere Werften, die in den Boom-Jahren vor Corona von den Kapazitätsengpässen der grossen Player profitieren konnten.

Seit zwei Jahren haben die Reedereien kaum mehr neue Kreuzfahrtschiffe bestellt und werden sich damit wohl noch weiterhin etwas zurückhalten. Diese Flaute droht bei den Werften und Zulieferern, allesamt wichtige überregionale Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktoren, zu grösseren Verwerfungen zu führen.

(Beat Eichenberger)