Europäischer Ski-Lockdown – was macht die Schweiz?

Frankreich, Italien und Deutschland wollen ihre Skigebiete erst im Januar öffnen.

Aus dem Streit um einen Teil-Lockdown der Skiorte in den Nachbarländern könnte der Schweizer Tourismus als lachender Dritter hervorgehen, schreibt der «Tages Anzeiger». Während Frankreich, Italien und Deutschland darauf drängen, dass in Europa bis Mitte Januar kein Skitourismus stattfindet, rechnet die hiesige Branche weiterhin damit, dass sie die Wintersaison pünktlich eröffnen kann.

«Schweizer Weg ist richtig»

Eine europaweit koordinierte Saisoneröffnung der Wintersportgebiete sei im Kreise der Alpenländer informell bereits im Spätsommer diskutiert und als ungeeignet nicht weiterverfolgt worden, heisst es bei Schweiz Tourismus. «Wir gehen daher davon aus, dass dieser Ansatz auch jetzt nicht mehr Erfolg haben wird», sagt Markus Berger, Sprecher der Marketingorganisation. Bundesrat, Behörden und die Tourismusregionen seien «überzeugt, dass der Schweizer Weg für den Moment richtig ist».

Einen Grund für das selbstbewusste Auftreten gegenüber dem benachbarten Ausland nennt Urs Zurbriggen, Tourismusdirektor von Leukerbad: «Skifahren findet in erster Linie draussen statt.» In Kombination mit den Schutzmassnahmen – Maskenpflicht auf sämtlichen Anlagen und beim Anstehen sowie Abstandsregeln – könne deshalb eine sichere Wintersaison stattfinden.

Grosse Skepsis in Berlin

Mit ihrer Haltung läuft die Schweiz Gefahr, den Unmut der grossen Nachbarstaaten aus der Europäischen Union auf sich zu ziehen. Österreich macht diese Erfahrung gerade, weil Kanzler Sebastian Kurz die Skigebiete vor Weihnachten ebenfalls öffnen will. Dieses Vorgehen passt etwa Deutschland nicht.

Dem Vernehmen nach soll Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer Konferenz mit den Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer wörtlich gesagt haben, es treibe ihr «die Sorgen auf die Stirn», wenn sie höre, dass Österreich die Skilifte wieder laufen lassen wolle.

Gut möglich, dass die Schweiz mit ihrem Alleingang als Profiteurin aus dem europäischen Ski-Lockdown hervorginge. Leukerbad beispielsweise verzeichnet im Schnitt 15 Prozent Gäste aus den europäischen Nachbarländern. «Ob nun Gäste aus Deutschland und Frankreich aufgrund von geschlossenen Gebieten im eigenen Land in die Schweiz reisen werden, hängt wesentlich von den Ein- und Rückreisebestimmungen ab», sagt Zurbriggen.

BAG sieht keine Schliessung vor

Rückendeckung erhält der einheimische Tourismus von der Eidgenossenschaft. «Was eine Schliessung der Skigebiete angeht, so ist dies im Moment nicht vorgesehen», heisst es beim Bundesamt für Gesundheit. Wie Behördensprecher Daniel Dauwalder sagt, tausche sich das Amt mit Blick auf die Pandemie seit längerer Zeit mit anderen Ländern aus und pflege diese Kontakte auch aktuell.

Im Sommer hatte Berset gefordert, die Massnahmen in den Skigebieten gegen die Verbreitung des Coronavirus international zu regeln. Er wollte so verhindern, dass der Wettbewerb zwischen Ländern und Regionen verzerrt wird.

Frankreich kündigt Lockerungen an

Frankreich will die Skipisten erst im Januar öffnen, wenn die Infektionszahlen bis dann deutlich gesunken sind. Am Dienstagabend kündigte Staatspräsident Emanuel Macron an, sich in dieser Angelegenheit mit den europäischen Nachbarn abstimmen zu wollen.

Italien geht einen Schritt weiter und verlangt eine koordinierte Verschiebung der Wintersportsaison in allen europäischen Alpenländern. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte will Skigebiete angesichts der Corona-Pandemie mindestens bis zum 10. Januar geschlossen halten. (TI)