Deutsche Gutschein-Lösung hängt in den Seilen

Konsumentenschützer mit Vorbehalt, und Brüssel schweigt.
Europäische Flagge, Europäische Union,
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Die deutschen Konsumentenschützer gehen davon aus, dass die geplante Gutschein-Lösung für die Reisebranche so gut wie vom Tisch ist. Die deutsche Regierung möchte es Reiseveranstaltern, Airlines und Event-Organisatoren ermöglichen, Rückerstattungsforderungen von Kunden wegen annullierter Reisen oder Veranstaltungen mit einem Gutschein statt Bargeld zu erledigen. Weil dies dem EU-Recht widerspricht, müsste die EU-Kommission zustimmen. Auf entsprechende Anfragen aus Berlin von Anfang April hat Brüssel allerdings noch nicht offiziell reagiert.

Damit hängt das Projekt Gutschein statt Bargeld in Deutschland in den Seilen. «Die Kommission hat mehr als einmal deutlich gemacht, dass sie die Verbraucherrechte aus der Pauschalreise-Richtlinie und der Fluggastrechte-Verordnung nicht antasten wird», sagt Felix Methmann vom deutschen Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) mit Verweis auf verschiedene tendenziell ablehnende Aussagen der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der EU-Kommissarin für Verkehr Adina Valean und des EU-Kommissars für Justiz und Verbraucherschutz Didier Reynders. Diese liessen nur wenig Raum für Interpretation offen.

Das ärgert den Deutschen Reiseverband (DRV). «Die Lage der Unternehmen in der Reisewirtschaft ist mehr als nur bedrohlich – und in der EU wird keine Entscheidung gefällt», wettert DRV-Präsident Norbert Fiebig. «EU-Kommissar Reynders verzögert die dringend notwendige Klarheit über die Gutschein-Regelung. Das ist inakzeptabel.»

Die deutsche Regierung hatte bereits am 2. April eine Regelung für die Ausgabe von Gutscheinen beschlossen und EU-Kommissar Reynders daraufhin aufgefordert, dafür grünes Licht aus Brüssel zu geben. Zwölf EU-Mitgliedstaaten haben indes schon nationale Regelungen beschlossen oder auf den Weg gebracht. «Reynders schaut hier tatenlos zu», ärgert sich Fiebig.

Die Konsumentenschützer Deutschlands sind nicht grundsätzlich gegen Gutscheine. «Auch wir sind der Meinung, Verbraucher sollen gerne Gutscheine akzeptieren, wenn sie es sich leisten können, länger auf dieses Geld zu verzichten», sagt Konsumentenschützer Methmann. Im Reisebereich handle es sich jedoch um vergleichsweise hohe Beträge. «Da ist es für Verbraucher nicht so einfach, grosszügig zu sein. Denn sie sind durch die Krise genauso betroffen wie Reiseveranstalter.» Eine Gutschein-Lösung dürfe daher auf keinen Fall verpflichtend sein. (TI)