Die Westschweizer Reisebüros machen massiv Druck beim SRV in Zürich

Präsidentin Sonja Laborde redet Klartext an der Jahresversammlung der Travel Professional Association (TPA).
Photo: màd

Der vor allem in der Westschweiz starke Branchenverband Travel Professional Association (TPA) hat Druck gemacht für mehr Lobbying bei Parlamentariern und Bundesräten und die Professionalisierung der Lobby-Arbeit federführend vorangetrieben. An der Jahresversammlung sprach TPA-Präsidentin Sonja Laborde Klartext und warnte auch vor den grossen Problemen, denen sie die Garantiefonds der Reisebranche ausgesetzt sieht.

Westschweizer prellten vor beim Lobbying

Die Krise hat die Branchenorganisationen in der Westschweiz dazu gebracht, mit einer Stimme zu reden. So hat sich der «Clan der Sieben» gebildet, aus den fünf Reisebürogruppen, dem Schweizer Reise-Verband (SRV), vertreten durch seinen Vizepräsidenten Stéphane Jayet, und der TPA. «Wir haben ein Dokument für den SRV ausgearbeitet mit Vorschlägen zu Handen des Seco. Von Anfang an waren wir überzeugt, dass eine nicht rückzahlbare Hilfe sehr schwer zu erhalten sein würde. Zusammen mit mehreren deutschsprachigen Reisebüros, die schliesslich unsere Einschätzung teilten, erarbeiteten wir einen 14-seitigen Kommunikationsplan, der von unseren Freunden in Zürich, die wir vor vollendete Tatsachen stellten, kühl zur Kenntnis genommen wurde. Als sich in Zürich nichts bewegte, beschlossen wir, das renommierte Kommunikationsunternehmen Furrer Hugi zu beauftragen. Dies war eine zweite vollendete Tatsache für die Zürcherinnen und Zürcher, die dieses Vorgehen nicht wirklich geschätzt haben», erklärte Sonja Laborde an der Generalversammlung.

Letztendlich wurde der Vorschlag von Furrer Hugi angenommen und wird nun von SRV, STAR und TPA getragen. Differenzen gab es offenbar noch beim Kostenschlüssel. «Natürlich haben wir beschlossen, die Kosten zu je einem Drittel zu teilen, ein vom SRV akzeptiertes Gleichgewicht. STAR hingegen hat eigene Berechnungen angestellt und geschätzt, dass sein Anteil an den Kosten auf 13 Prozent begrenzt sein wird. Dies bedeutet, dass sich SRV und TPA den grössten Teil der Kosten für das Mandat von Furrer Hugi teilen werden, wie dies auch für die Honorare der Rechtsanwältin Sophie Winkler der Fall war», ergänzt Sonja Laborde.

Jetzt ist das Parlament dran

Die TPA-Präsidentin betonte auch, dass es Furrer Hugi zu verdanken sei, dass ein Treffen mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter möglich war. Dieses Treffen habe zum zum Bundesrats-Entscheid von letzter Woche geführt, den Betreibungsstillstand für die Reisebranche bis Ende Jahr zu verlängern – was viel weniger ist, als die Branche erhofft hatte.

Die Verbände hatten mit der gemeinsamen Task Force versucht, sich im Bundeshaus in Bern Gehör zu verschaffen und für ein Hilfspaket für die Reisebranche zu werben. Im Wesenlichen geht es dabei um die Härtefall-Definition für die von der Covid-19-Pandemie speziell getroffenen Reisebüros und in der Folge um die Kurzarbeitsentschädigungen (KAE) für Selbständige und Angestellte in inhaberhähnlicher Position und die Rückzahlbarkeit von Corona-Hilfsdarlehen.

Nachdem der Bundesrat keinen Entscheid dazu gefasst hat, ist das Parlament dran. Aber auch hier ist Laborde nicht besonders optimistisch. «Die bereits festgelegte Tagesordnung der Herbstsession wird es uns kaum ermöglichen, dies durchzusetzen – es sei denn, Furrer Hugi sei in der Lage, an den nötigen Stellen Druck auszuüben», so Laborde. Sie erinnerte daran, dass der Bundesrat den Ausnahmezustand aufgehoben hat. «Wenn der Bundesrat uns zum Härtefall erklärt, kann die Angelegenheit eine andere Wendung nehmen. Auf jeden Fall ist die Botschaft an die Parlamentarier klar: Die Branche zu retten ist besser, als sie sterben zu lassen», sagt Sonja Laborde.

Cook-Pleite und Corona-Krise zeigen Systemfehler

In ihrer Einführungsansprache schlug Sonja Laborde einen Bogen von der Thomas-Cook-Pleite zur aktuellen Corona-Krise. «Thomas Cook hat zwei Missstände eines Systems aufgezeigt, an dem wir alle beteiligt sind: nicht nur die offensichtliche Schwäche der Garantiefonds, sondern auch die Schwäche des Massentourismus. Mehr als eine Milliarde Euro sind noch nicht an die verschiedenen Anbieter gezahlt worden, und rund 600’000 Kunden wurden weltweit blockiert. Und im aktuellen Kontext einer grossen Krise wird sich der Verlust für die Reisebranche bis Ende 2020 voraussichtlich auf 570 Millionen Franken belaufen. Es ist unerlässlich, dass wir unser Modell überprüfen, um aus dieser Krise herauszukommen. Die drei Schweizer Garantiefonds sitzen alle im selben Boot, mit der Axa als Rückversicherer. Wenn 30 bis 40 Prozent der Reisebüros verschwinden würden, stünden die drei Garantiefonds vor einem sehr grossen Problem: Das System, wie es konzipiert ist, würde zusammenbrechen, da sich die Gesamtrechnung auf rund 246 Millionen Franken belaufen würde, während die für die Garantiefonds verfügbaren Reserven nur 7 Millionen Franken betragen», sagte die TPA-Präsidentin zu Beginn der Generalversammlung.

Zu den obersten Prioritäten der TPA gehört auch die Neupositionierung der Vereinigung. «Der beschriebene Kontext beweist , dass die Branche vor zwei grossen Problemen steht: die dringende Revision des völlig überholten Pauschalreisegesetzes und die Neupositionierung des Konzepts der Garantiefonds. Die geleistete Arbeit sollte es ermöglichen, das Gesetz so bald wie möglich zu ändern, das nicht ein Pauschalreisegesetz sein soll, sondern zu einem Reisegesetz werden muss. Aber auch hier, wie bei der in der Branche stark vermissten parlamentarischen Arbeit, haben wir es mit einem enormen Imagedefizit zu tun», so Sonja Laborde.

Änderungen in der TPA-Führung

Dominique Ludi (Versoix Voyages) und Armin Leuppi (Raurica Travel, Kaiseraugst) sind aus dem TPA-Vorstand zurückgetreten. Die beiden vorgeschlagenen neuen Mitglieder wurden per Akklamation gewählt: Florence Inäbnit (L’Esprit du Voyage, Fribourg) und Koni Koelbl (Travel-Solutions, Bern), die bereits 2007/2008 im Komitee sassen und über zahlreiche Kontakte in Bern verfügen. Die Präsidentin und die anderen Mitglieder des Ausschusses wurden ebenfalls für eine neue Amtszeit wiedergewählt: Sonja Laborde, Edy Hofmann (Coco Travel, Grancia), Alexandre Pyton (Ad gentes, Genf) und Christine Fournier (Sekretärin).

(Dominique Sudan/Deutsche Adaptierung Christian Maurer)