Knecht: «Die Zeiten von Goodwill im Retail waren schon vor Corona vorbei»

Knecht Reisen will nicht unbedingt nur im Retail wachsen, sondern auch beim Thema Digitalisierung.
Hauptsitz der Knecht Holding in Windisch. © zVg

Roger Geissberger, Chairman von Knecht Reisen AG, über seine neue Rolle im Unternehmen, sowie die Merger & Acquisition (M&A), welche zu seinem Aufgabengebiet gehören. Im Reisevertrieb kommen für ihn Reisebüros mit unter 3 Mio. Franken Umsatz als Übernahme nicht in Frage. Ein Asset-Deal, nur die Kundendossier und nicht die Firmenübernahme, könnte hingegen interessant sein.

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Roger Geissberger, die TTS Gruppe will bei den Reisebüros expandieren. Sind TTS und Knecht in Bezug auf Asset-Deals und Retail-Wachstum nicht Konkurrenten?

Der TTS kauft keine Firmen. Der TTS ist eine Interessengemeinschaft über eine Aktiengesellschaft. Da ist das Kapital dafür gar nicht vorhanden. Wir haben hier alle dasselbe Ziel. Wir möchten wieder wachsen.

Thema Merger & Acquisitions: Wie ist der Stand bei Knecht über die letzten Jahre und wie sieht es aktuell aus?

Von den Übernahmen, die wir gerne gemacht hätten, haben wir etwa 10 Prozent abgelehnt, weil der Preis zu hoch wurde. Die berühmtesten Beispiele dafür sind sicher Travelhouse oder Bike Adventure. Die anderen haben eigentlich funktioniert. Es waren 21 Übernahmen in 20 Jahren.

Reisebüros, die nicht über drei Millionen Umsatz generieren, kommen bei uns nicht für eine Übernahme in Frage. Unabhängige Reisebüros, die da deutlich drüber sind, gibt es nicht mehr viele in der Schweiz. Deshalb ist der Fokus bei uns auch eher auf der TO-Seite.

Überlegt man sich bei Knecht, ähnlich wie bei Kuoni, Kundenportfolios von schwächelnden Reisebüros abzukaufen?

Sogenannte Asset-Deals sind die interessantere Variante als Übernahmen. Marode Firmen, bei denen man nachher die Aktiven und Passiven übernehmen müsste, machen zum jetzigen Zeitpunkt wenig Sinn. Retail hat heute keinen Goodwill Wert. Retail bietet bestenfalls eine gesicherte Zukunft für die Menschen, die dort arbeiten. Die Zeiten von Goodwill im Retail waren schon vor Corona vorbei.

Wenn eine Firma eine schlechte Bilanz hat, macht ein Asset-Deal mehr Sinn. Man offeriert einen Betrag und übernimmt Kunden und Mitarbeiter, aber keine Schulden, keine Verträge und keine Verpflichtungen.

Steht im Moment bezüglich Asset Deal etwas bevor?

Konkret nicht, aber im Moment gibt es sicher Chancen, da es bei vielen schlecht läuft. Wobei wir nicht unbedingt nur im Retail wachsen wollen, sondern auch beim Thema Digitalisierung. Ganz aktuell ist diesbezüglich ein komplett neuer Internetauftritt. Ich glaube auch in Zukunft wird der Direktkunde und das Retail eine zentrale Rolle spielen, der Direktkunde aber deutlich mehr über unseren neuen Webaufritt. Unser Businessmodell wird sich auch in Zukunft auf den Menschen fokussieren, sei das interaktiv oder persönlich in den Filialen und nicht auf online sofort Buchungen. Das Web als Destinationsspezialist soll den Kunden zum besten Berater führen.

(Interview: Yannick Suter/Angelo Heuberger)