Emirates-Müller: «Ich will die Premium Eco in der Schweiz»

Jürg Müller, Schweiz-Chef von Emirates, über die neue Klasse der Golf-Airline, das Jahr mit Corona und die künftige Nachfrage.
Jürg Müller, ancien Country Manager Switzerland d'Emirates. ©TI

Jürg Müller, wie sieht es bei Emirates in der Schweiz nach mehr als einem Jahr Corona-Pandemie aus?

Am Anfang der Pandemie hatten wir ein totales Grounding, da die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate zur Eindämmung von Corona zwischenzeitlich die Aussetzung aller Passagierdienste für knapp acht Wochen angeordnet hatte. Im Juni und Juli fingen wir in Zürich und Genf an, unser Streckennetz wieder hochzufahren.

Zu Beginn war alles noch fragil, aber dank des hohen Frachtaufkommens konnten wir immer mehr Stabilität in den Flugplan bringen. Der Frachtverkehr ist bis heute der Stabilisator, der die Ertragssicherheit bringt. Die Prämisse beim Restart war, dass wir nur fliegen, wenn die operativen Kosten gedeckt sind.

Und jetzt?

Die Prämisse gilt gesamthaft immer noch. Mittlerweilen sind wir bei jeweils einem täglichen Flug von Zürich und von Genf nach Dubai. Jeweils mit einer 777, die auch für die Fracht ideal ist. Ziel ist natürlich wieder ein Double Daily ab Zürich.

Hat es jetzt überhaupt Passagiere an Bord?

Die Auslastung ab Zürich und Genf ist nicht fantastisch, aber immerhin zwischen gut und sehr gut, Tendenz weiter steigend. Sie deckt die Kosten mehr als. Im April mit Ostern und Ferienzeit und um Pfingsten hatten wir teilweise volle Flüge, in beiden Richtungen und allen Klassen. Die Schweiz ist im Streckennetzvergleich sehr gut dabei. Unseren Flugplan können wir äusserst verlässlich einhalten, das ist schon mal sehr schön.

Wie verteilt sich die Nachfrage innerhalb des Flugzeugs?

Proportional ist die Nachfrage bei den Premiumklassen First und Business im Vergleich mit Vor-Corona immer noch etwas höher als in der Economy. Das hat vielleicht etwas mit dem Wunsch nach Distanz zu tun, aber auch damit, dass sich die Leute wieder eher etwas Gutes gönnen möchten.

Worauf setzen Sie, Business Travel oder Leisure?

Leisure ist derzeit der Fokus, weil diese Reisen stattfinden. Business Travel ist immer noch sehr zart, was die Nachfrage betrifft. Er kommt nicht schnell zurück, aber es braucht nicht viel, dass er wieder zurückkommt. Wenn vielleicht anfangs auch nicht unbedingt auf dem Niveau, das wir kannten.

Was heisst das für Emirates?

Ich bin überzeugt, dass gerade in unsere Richtung, arabische Länder und Asien, die Face-to-Face-Verhandlung im persönlichen Treffen sehr wichtig bleiben wird. Dazu kommt: Wenn es in der Schweiz wirtschaftlich eng wird, schicken die KMU sehr rasch ihre Leute los, um Kunden in aller Welt zu akquirieren – oft auch in Asien.

Wer reist jetzt, und wohin?

Der grösste Teil unserer Kunden fliegt nach Dubai und bleibt dort. Dabei sehen wir viele bekannte Gesichter, sowohl bei den Passagieren, als auch von den spezialisierten Reisebüros. Aber auch viele neue Gesichter, die jetzt Dubai entdecken.

Warum das?

Weil es zeitweise nicht viele Alternativen gab. Wir haben natürlich den grossen Vorteil, dass Dubai als Destination seit Juli 2020 offen ist. Zwischendurch sehen wir auch eine gewisse Nachfrage für Anschlussflüge auf die Malediven oder zu anderen Zielen. Geschäftsleute und Vertreter der internationalen Organisationen in Genf fliegen mit Sondergenehmigungen an alle möglichen Orte. Damit haben wir noch einen bemerkenswerten Anteil Passagiere über Dubai hinaus.

Stichwort Malediven: Wie spürten Sie die Quarantäneliste der Schweiz?

Die Leute haben sich mit der Zeit daran gewöhnt und sie war weniger spürbar als am Anfang. Aber das liegt ja zum Glück hinter uns. Wir sind sehr froh, dass es die Risikoliste in ihrer jetzigen Form voraussichtlich ab Ende Juni nicht mehr braucht. Für uns ist auch wichtig, dass wohl ebenfalls bald das Einreiseverbot für Staatsangehörige von Drittstarten aufgehoben wird und diese wieder in die Schweiz einreisen können, sofern sie geimpft sind. Das sind äussert positive Signale für eine stete Rückkehr zur Normalität in der Reisebranche.

Wie sieht es beim Personal in der Schweiz aus: Nur Kurzarbeit oder auch Stellenabbau?

Beides. Wir mussten uns leider auch von Leuten trennen. Und wir sind teilweise noch in Kurzarbeit mit sehr unterschiedlichen Pensen. Die Frachtleute arbeiten natürlich 100%, andere etwas weniger.

Konkret: Wie viele Leute hatte Emirates in der Schweiz vor Corona, und wie viele sind es heute?

Heute sind wir in der Schweiz 46 Personen, das sind etwa zehn weniger als vor der Pandemie.

Emirates gilt als Luxus-Airline – und führt eine Premium Economy ein. Ist das ein Produkt für die Schweiz?

Ich denke, es gibt einen Markt für Premium Economy in der Schweiz. Wir wissen allerdings noch nicht, wann und ob wir sie hierher bekommen. Sicher ist, ich will sie hier.

Emirates ist Flugpartner für die Generalversammlung des SRV in RAK. Ist es angesichts der Nachhaltigkeitsdebatte richtig, für so kurze Zeit so weit zu fliegen?

Ja, für mich ist das ein richtiges Zeichen in dieser Zeit. Eine Reisebranche, die nicht reist wäre seltsam. Klar ist aber auch, dass man – überspitzt ausgedrückt – vielleicht nicht mehr für ein Bier nach Barcelona fliegen sollte.

(Interview: Christian Maurer)