EU gegen die deutsche Gutschein-Lösung

Aktualisiert am 24.04.2020
Deutschland wird sich wohl an das Nein aus Brüssel halten. Anders als andere EU-Länder, die nicht nachfragten.
Europäische Flagge, Europäische Union,
©iStock.com/AlxeyPnferov

Die EU hat der deutschen Gutschein-Lösung eine Absage erteilt. Die Anfang April vom Corona-Kabinett der Bundesregierung beschlossene Regelung sah vor, dass Passagieren bei Pandemie-bedingten Absagen von vor dem 8. März gebuchten Pauschalreisen ein Gutschein statt Bargeld gegeben werden kann. Weil damit EU-Recht verletzt würde, verlangte Deutschland die Zustimmung von Brüssel, die nun verweigert wurde. Auch Konsumentenschützer meldeten Vorbehalte an.

«Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass nationale Entscheidungen im Einklang mit dem EU-Recht stehen – und das lässt dem Verbraucher die Wahl zwischen Gutscheinen und der Rückerstattung der Kosten», stellte EU-Kommissar Didier Reynders in der «FAZ» klar. Die EU-Pauschalreise-Richtlinie, die alle EU-Länder in nationales Recht umsetzen mussten, gibt vor, dass Rückzahlungen binnen 14 Tagen erfolgen müssen, und zwar mit Geld. Möglich sei nur, die Verbraucher zur Annahme von Gutscheinen zu ermutigen. Auch freiwillig angenommene Gutscheine müssten rückerstattbar sein, wenn sie nicht benutzt würden, und gegen die Insolvenz des Anbieters versichert sein.

DRV verlangt nationale Regelung

Eine «Niederlage für die Bundesregierung und ein schwerer Schlag für die Reisewirtschaft», kommentiert der Deutsche Reiseverband (DRV). Er fordert die Bundesregierung daher auf, nun umgehend eine nationale Regelung zu beschliessen. Nach Auffassung des DRV ist dies rechtssicher möglich, ohne gegen EU-Recht zu verstossen. Ferner erneuert der DRV seine Forderung von Mitte März, dass die Bundesregierung Reisebüros die ausgefallenen Provisionen und Reiseveranstalter die Stornierungskosten erstattet.

«Wir haben mit dem Zuwarten von Bundesregierung und EU-Kommission viel Zeit verloren. Jetzt erwarten wir entschlossene Schritte. Die Reisewirtschaft hat als erste Branche ab Mitte Februar die Folgen von Covid-19 zu spüren bekommen und wird mit die längste Erholungsphase vor sich haben. Jetzt müssen Reiseveranstalter und Reisebüros vor drohender Insolvenz geschützt werden. Das geht nur durch unbürokratisch zu beantragende, direkte und nicht rückzahlbare Zuschüsse an Reisebüros und Reiseveranstalter, die sich an der Höhe der durch die Pandemie bedingten Rückerstattungen orientieren», fordert DRV-Präsident Norbert Fiebig.

Diverse EU-Länder haben schon Gutschein-Regeln erlassen – ohne EU

Deutschland wird sich wohl an das Nein aus Brüssel halten. Allerdings haben eine Reihe von anderen EU-Ländern wie Italien, Frankreich, Belgien, die Niederlande, Griechenland und am Freitag auch Portugal haben unterdessen im Alleingang Gutschein-Regelungen beschlossen und angesichts der Ausnahmesituation das EU-Recht eigenmächtig ausgehebelt. In der Schweiz hingegen ist die Gutscheinlösung ebenfalls vom Tisch.

Deutschland hatte auch eine Gutschein-Lösung für ausgefallene Flüge beschlossen. Diese fällt nicht in die Zuständigkeit von EU-Kommissar Reynders. Darüber werden die EU-Verkehrsminister voraussichtlich am 29. April im Rahmen einer Videokonferenz debattieren. (TI)