Feedback: «Jetzt zusammen stehen, zäme sind wir stark»

TRAVEL INSIDE Leserin Barbara Wohlfarth, Inhaberin von Reiserezept in Affoltern am Albis stellt Fragen zur Zukunft der Reisebranche auf.

Barbara Wohlfarth, Inhaberin, Reiserezept GmbH, Affoltern am Albis:

«Liebes TRAVEL INSIDE: Vielleicht mal ein anderer Blick auf die Branche, um ein Umdenken zu fördern.

Studiumsbedingt werfe ich nach 20 Jahren Berufserfahrung, einen Blick aus der Vogelperspektive auf die Reisebranche. Was ich sehe ist eine Branche, mit 4 Kundengeldabsicherer, die Verbände STAR und SRV die sich gegenseitig in den Branchenmedien den schwarzen Peter zuschieben.

Viele Strukturen sind in den letzten Jahrzehnten entstanden. Corona ist die Chance für ein Umdenken. Für mich, quasi als Quereinsteigerin in den Leisure, fehlt mir aber in gewissen Bereichen an einem Miteinander. Im Leisure ist der Zusammenhalt absolut top. Genauso wie ich ihn meiner langjährigen Commercial Zeit erlebt habe. Was mir aber momentan fehlt ist das Miteinander von Business Travel und Leisure, von den grossen TMC mit den TO.

Ist es wirklich so, dass diese an der Basis häufig gefühlten Gräben auch sonst existieren? Warum sprechen wir nur die Leisure Reisebüros bezüglich der Refund der Airlines? Wo bleiben die TMC diesbezüglich? Ihre Macht gegenüber den Airlines wäre doch jetzt wichtig.

Liebe Airlines, seht uns Reisebüros wieder mehr als Partner an. Wir wollen dasselbe für unsere Kunden. Aber das Zurückhalten von Refund, oder einfach bei UN keine Gelder und nur Gutschein zurückzahlen ist nicht fair. Wir nehmen euch gerne Arbeit ab, aber behandelt uns wieder auf Augenhöhe, so wie ich es von einigen Airlines auch erlebe. Wir haben es in der Hand, was wir dem Kunden offerieren. Vor allem hört auf Produkte zu generieren (z.B Lighttarife auf Langstrecke), die der Kunde nicht will, uns Mehraufwand bescheren und nur einen Zweck haben, Mehreinnahmen zu genieren, lieber ein paar CHF teurer Flugtickets.

Wer denkt die TO braucht es nicht, liegt falsch. Wir an der Front brauchen euer Wissen und Know-how, ohne Euch wäre die Branche weniger bunt, weniger vielfältig. Doch denkt um, liebe TO kommt im 2020 an. Denkt bitte über folgende Punkte nach: Stornokonditionen hier wären Anpassungen fällig, – Reaktionsgeschwindigkeit gerade bei den Anfragen, eure Kosten und sowie die Breite eures Angebots. Vor allem gerade die jetzigen Sonderkonditionen, die nur für die gelten, die später gebucht haben, die Frühbucher kucken ein. Warum denkt ihr da nicht an die Stammkunden die früh buchen?

Wir versuchen unsere Kunden schon lange umzuerziehen. Erklären Frühbuchen ist in, heute sind es die, die leider den schwarzen Peter gezogen haben. Wir wollen aber die Frühbucher wieder 2021 und 2022. Das ein Leisure Reisebüro -Bettendatenbanken, und auch Expedia nutzt ist bekannt, gerade wenn es um reine Hotelbuchungen geht oder beim Mikro- Touroperating. Dies ist für viele Reisebüros der Alltag und auch die Zukunft. Hier sind wir gefühlt sicher, vieles wird erst kurzfristig auf der Kreditkarte belastet und geht irgendwer Konkurs, gibt es ein Charge Back. Darum muss eine Absicherung für Einzelleistungen bei den TO schnellstmöglich geben, damit die Front die Sicherheit hat, die sie braucht. Der eine oder andere Branchenkollege hat bei Thomas Cook, sein Lehrgeld bezahlt.

Die Reisebranche hat einen Frauenanteil von 83%. Schaut man sich das Management der TO an. Da ist mit Ausnahmen das Topmanagement vorwiegend männlich, meist Babyboomer. Gleiches gilt für die Kundengeldabsicherer.

Ein weiterer Blick sei auf die Ombudsstelle erlaubt, warum wird diese nur vom Garantiefonds finanziert? Wo bleibt die Beteiligung der anderen Kundengeldabsicherer? Hier muss ein Umdenken stattfinden. Bei den Branchenverbänden liegt es an den Mitglieder. Eine Solidarität innerhalb der Branche ist die Zukunft. Ich wünsche mir von dieser Branche mehr Einheit, eine Einheit wie wir sie in der Facebook Gruppe Schweizer Reisebranche – Treffpunkt für Insider, oder bei den deutschen Kollegen am Reisebürostammtisch erlebe.

Wenn wir jetzt zusammenstehen, werden wir gemeinsam eine neue Zukunft in der Schweizer Reisebranche wagen können. Aber wir müssen es jetzt wagen alte Strukturen aufzubrechen. Genügend junge engagierte Unternehmerinnen und Unternehmer haben wir in dieser Branche. Lasst uns umdenken und gewisse Dinge einfach den modernen Zeiten anpassen. Zäme sind wir stark.»