Feedback: «Sehr wenig Sachverständnis!»

TRAVEL INSIDE-Leser Martin Reber antwortet FDP-Nationalrat Beat Walti auf dessen Interview im «Kassensturz».

Martin Reber, Geschäftsführer, SCHÄR-REISEN BERN AG, Bern-Bierhübeli

«Sehr geehrter Herr Nationalrat Walti

Martin Reber. ©TI

Ihr gestriges Interview auf dem Bundesplatz, zusammen mit Mattea Meyer (SP), mit dem ‘Kassensturz’ habe ich gesehen. Mit grossem Befremden habe ich von Ihrer Haltung erfahren. Ich erlaube mir, diese als arrogant zu betiteln, sie zeugt von sehr wenig Sachverständnis! Offensichtlich haben Sie sich noch nicht mit dem Thema beschäftigt? Insbesondere da Sie als Bundeshaus-Fraktionspräsident der FDP eigentlich die Wirtschaftsinteressen des Landes (aber wahrscheinlich nur des Zürcher Geldadels) vertreten sollten. Oder war dies nur Ihre ganz persönliche Meinung und sie denken bereits weiter… z.B. an Geschäftsübernahmen von konkursiten Reiseunternehmen?

Ich bin in der Geschäftsleitung eines Reiseunternehmen mit bis vor kurzem 10 Filialen und 27 Mitarbeitenden. Die Firma besteht seit 30 Jahren und ist im Kanton Bern eines der bekannteren Reiseunternehmen. Unser Verdienst basiert auf der Organisation von Reisen, dabei sind wir von Jahr zu Jahr gefordert Mehrwert zu generieren und uns digital aufzustellen. Was verstehen Sie denn genau unter „Reisebüros sollten sich umstrukturieren“? Dies ist – wahrscheinlich um einiges ausgeprägter als in Ihrem Geschäft, der Juristerei – ein seit Jahren laufender Prozess! Im übrigen ist es bei uns nicht üblich, auch in der Coronakrise gleichbleibende Stundenansätze zu verrechnen… wir leben von Kommissionen auf dem Umsatz.

Also, etwas mehr Verständnis für die Anliegen des Tourismus (incoming und outgoing), der kleinen und Kleinst-KMU‘s würde ich von der FDP erwarten! Allein in der Reisebürobranche (inkl. Reiseveranstalter wie TUI, Hotelplan, DER/Kuoni) arbeiten 10‘000 schlecht bezahlte Mitarbeitende, ganz zu schweigen von den Mitarbeitenden im nationalen Tourismus. Uns ist durch staatliche Massnahmen ‚de facto‘ ein Berufsverbot auferlegt worden. Viele der Firmen (GmbHs und AG’s) sind klein und inhabergeführt, evt. arbeitet der/die Ehegatte mit und noch eine Auszubildende. Seit 1.6.2020 fehlt diesen Betrieben die Deckung (KAE) von bis zu 60% der gesamten Lohnsumme. Dies trotz jahrelanger Beitragszahlungen, vom BR abrubt gestoppt und nun ausgerechnet von Wirtschafts-Parlamentarieren wie Ihnen torpediert! Ich muss sagen Herr Walti, dass ich von Ihnen und Ihrer Partei mehr als enttäuscht bin. Nur ein kleiner Tipp: Reden Sie doch einmal unter vier Augen mit Mattea Meyer und Lars Guggisberg. Die Interessen des Tourismus sind parteiübergreifend.»