Feedback: «Mutiger wäre ein Interimspräsidium»

TRAVEL INSIDE-Leser Koni Kölbl sieht in der Wahlbestätigung eines einzelnen Kandidaten als SRV-Präsidenten eine verpasste Chance, einen Schritt zu einer Denkpause zu gehen.

Koni Kölbl, Travel-Solutions GmbH, Bern

Koni Kölbl

«Als SRV-Aussenstehender, jedoch als Brancheninsider erlaube ich mir, mit diesen Zeilen meine Meinung zur Wahl des SRV-Präsidiums für die Nachfolge von Max E. Katz zu äussern. Die Zukunft der Branche in corpore, und nicht nur diejenige der SRV-Mitglieder, liegt nun bei der Wahlbestätigung eines Einzelkandidaten auf dem Spiel. Dabei geht es auch primär, den Grundstein in Richtung Dachverband zu erschaffen.

Nicht nur der SRV, sondern auch die Gesamtbranche steht mitten im grössten Umbruch ihrer Geschichte. Dies bedingt, dass sich der Verband radikal in Richtung Zukunft orientieren und dafür auch eine Denkpause einbauen sollte; dass er Mut und Bereitschaft zeigt, landesflächendeckend junge Energien mit einflechtet, welchen noch eine langjährige Branchenzukunft bevorsteht.

Parallel zur Nachfolgesuche und im Sinne eines gemeinsamen und konstruktiven Aufbruchs, wurde diesbezüglich zu Beginn 2021 die Arbeitsgruppe ‘SRV2022’ hervorgerufen. Dies unter anderem mit der durchaus herausfordernden Aufgabe, die Branche von einer Patchwork-Ebene in einen Dachverband zu leiten. Die Tätigkeit dieser Arbeitsgruppe wurde sehr rasch aufgenommen, aber die gesetzten Ziele wurden ad hoc tempus noch nicht erreicht bzw. auf Eis gelegt.

Meine Frage: Wäre es nicht der logische Weg, wenn der heutzutage noch nicht restrukturierte SRV auf Resultate einer ‘Vision Dachverband’ zuwarten würde, bzw., schlimmstenfalls auf dessen Scheitern abwarten würde? Kann die Nachfolge von Max E. Katz nicht mittels einer Interim-Lösung gesichert werden?

Alle sind sich einig: Es ist gewiss keine leichte Aufgabe, passende Persönlichkeiten für diese Position zu finden. Zudem in der Gerüchteküche auch Kandidat*innen aus der Politik im Visier stehen bzw. standen und auch dies im SRV-Vorstand bestimmt zu Meinungsverschiedenheiten führte. Was bleiben als Alternativen, wenn in einer solchen Situation Wunschkandidat*innen fernbleiben?

Ich habe enormen Respekt und Achtung zum gefundenen Kandidaten Martin Wittwer. Es ist unumstritten, dass er «die Voraussetzungen mitbringt, die strategischen Herausforderungen im Sinne der Branche anzupacken». Meine Äusserungen haben nichts, aber auch gar nichts mit ihm als Person zu tun. Die Frage steht lediglich darin, ob in der aktuellen Konstellation und Lage der Branche – in der ‘Vision 2022’ – eine Einzelperson das Präsidium eines, meines Erachtens nach, notwendigen Dachverbandes übernehmen könnte und vor allem sollte.

Ist eine Einzelperson ‘Brückenbauer’ genug, dass aus anderen Sprachregionen kein Unmut entstehen könnte? Warum nimmt man sich kein ‘Time-Out’ als Übergangslösung vor? Warum ist kein Co-Präsidium mit Wunschtraum jüngere Player oder Duo Frau/Mann? Gibt es keine Alternative zu einer Wahl eines Einzelkandidaten? Warum muss ein Top-Manager, bzw. ex-Top-Manager, das SRV-Präsidium übernehmen?

Wahrscheinlich, weil sich niemand dafür eignet bzw. weil sich keine Kandidatin, kein Kandidat eine dieser Formeln wünschte und vielleicht a priori auch, weil der Mut zum Aufbruch fehlte. Die Tendenz, ein Déjà-vu hervorzurufen ist erschreckend hoch und um diese Tendenz zu bannen, sollte sich der SRV die nötige Zeit nehmen. Er bedarf seinen Mitgliedern in Ras al Khaimah, die Möglichkeit zu bieten, mindestens und als Gegenvorschlag ein Interimspräsidium zu wählen.

In der jüngsten Geschichte unserer Branche wurden Lücken im SRV aufgedeckt – Lücken, aus denen auf allen Seiten viel gelernt wurde. Die wohl grösste Lücke gegen aussen lag bei der Vernetzung zu anderen Branchen, Gewerkschaften, zu Bundesämtern und vor allem zur Politik, welche u.a. André Lüthi bislang und im Schnellverfahren grossartig meisterte.

Gegen innen lag das Problem bei der Kommunikation, bei dem gegenseitigen Verständnis zwischen den grossen Branchenplayern und den kleinen Retailern. Kann eine Einzelperson mithilfe seines Vorstandes solche Herausforderungen meistern? Wurde abgesichert, dass der SRV-Vorstand nach dieser Wahl in derselben Konstellation bleiben wird? Werden die bestehenden kantonalen Verbände und Organisationen in die weiteren Prozesse miteinbezogen? Sollte dies nicht der Fall sein, dann werden innerhalb der Branche die ‘Röstigräben’ nicht verschwinden, es könnte diese sogar vertiefen, egal ob Vertreter*innen der kleinen Retailer oder der Romandie im Vorstand arbeiten oder nicht. Es bestehen Unklarheiten und offene Fragen.

Als Alternative ist eine Sprengkandidatur ein Witz. Konstruktiver und mutiger wäre, eine Abstimmung ‘für oder gegen eine Denkpause’ oder ‘ein Interimspräsidium anstelle einer Wahl’ an der GV2021 zu traktandieren.»