Gastkommentar: «Die Reisebranche kann sich keinen Alibi-Präsidenten leisten»

Dominique Sudan, Chefredaktor von TRAVEL INSIDE (français), über die schwierige Wahl eines neuen SRV-Präsidenten.

Die Nachfolge-Regelung von Max E. Katz als Präsident des Schweizer Reise-Verbands (SRV) ist kein Sonntagsspaziergang. Zwei Lager stehen sich gegenüber: das eine wünscht eine politische Wahl, das andere glaubt, dass nur ein anerkannter Branchen-Fachmann der richtige Mann (oder die richtige Frau) für diese Aufgabe ist. Die TRAVEL INSIDE Online-Umfrage in der Westschweiz ist eindeutig: 85,3% der Teilnehmer wollen keinen politischen Kandidaten.

Festzustellen ist, dass es keinen Ansturm auf das Amt SRV-Präsidenten gibt. Die aktuelle Situation macht die Aufgabe des Triumvirats, das die Findungskommission bildet, wahrscheinlich nicht leichter, zumal nicht sicher ist, dass das Profil des «idealen Kandidaten» vom neuen SRV-Vorstand einstimmig akzeptiert wird.

Fokussiert auf die dramatische Situation, die durch die Pandemie entstanden ist, sind einige entschlossen, die politische Karte zu spielen. Andere, pragmatischere, wären für einen aktiven Reies-Profi, da sie sich der krassen Inkompetenz der überwiegenden Mehrheit der Politiker auf dem Gebiet des Outgoing bewusst sind. Aber diese Bereitschaft, sich für einen Parlamentarier zu entscheiden, ist nicht nur die Folge der Pandemie. Sie wurde in der Deutschschweiz geboren, wo die Branche ihren Fehler erkannte, den sie mit der Auflösung der regionalen Reisebüroverbände gemacht hatte.

Ohne dieses Netzwerk hatten Deutschschweizer Reisebüros auf kantonaler Ebene kaum politischen Einfluss als es darum ging, als Härtefall anerkannt zu werden und die damit verbundene finanzielle Unterstützung zu erhalten. Die Pandemie hat den Mangel an politischer Anerkennung gezeigt und diese blinde Bereitschaft noch verstärkt, sich für einen zukünftigen Präsidenten mit Parlamentsmandat in Bern zu entscheiden. Die Befürworter dieser Option leiden an einem völligen Mangel an Verständnis für die Arbeitsweise des Bundesparlaments: Die Anliegen der Reisebranche, deren wirtschaftliche Bedeutung sie für marginal halten, werden für die Parlamentarier niemals Priorität haben.

Die Kluft zwischen Romandie und Deutschschweiz ist sehr real. Hier haben die kantonalen Gruppierungen den Dialog mit den Kantonen gepflegt und die Wichtigkeit ihrer Existenz konkret unter Beweis gestellt. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum fast niemand einen Politiker als Präsident des SRV will. Vielmehr ist man der Meinung, dass die Komplexität der Reisebranche sich den Luxus eines Alibi-Präsidenten nicht leisten kann. Es wird auch gesagt, dass der SRV in seinen Reihen anerkannte Branchengrössen hat, als Unternehmensführer tätig sind und ein politisches Adressbuch haben, das so umfangreich ist wie ein Telefonbuch.

Die seltene Perle existiert, das ist eine Tatsache. Es geht nur darum, sie zu finden und/oder zu überzeugen. Und wir sollten auch daran denken, dass das Gras anderswo nicht immer grüner ist…