Gastkommentar: «SRV GV in Ras al Khaimah?»

Der Entscheid die SRV GV 2021 in Ras al Khaimah abzuhalten, warf jüngst in Politik und Medien hohe Wellen. Eine Betrachtung aus anderem Blickwinkel.
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«Es ist unsensibel, jetzt einen solchen Kongress im Ausland durchzuführen», äusserte sich Regula Rytz, Nationalrätin der Grünen, gegenüber den Medien und sie sei irritiert über die Wahl der Destination.

Tatsächlich hat sich Frau Rytz zusammen mit anderen Politikern dafür eingesetzt, dass auch die Outgoing-Branche in den Genuss der grosszügigen Härtefallregelung kommt. Dafür bin ich persönlich als SRV-Passivmitglied und als selbst massiv von den wirtschaftlichen Folgen der Covid-Krise Betroffener, ihr und ihren Kolleg*innen im Rat, natürlich sehr dankbar.

Kritischer Austragungsort

Natürlich darf man, ja man muss sogar dem Austragungsort Ras al Khaimah aus verschiedenen Gründen kritisch gegenüber stehen. Wie Umfragen ergaben tun dies auch nicht wenige Branchenkolleg*innen und SRV-Mitglieder.

Ein Thema sind sicher die Frauen- und Menschenrechte, ein anderes der ökologische Aspekt einer Reise an den Persischen Golf. Bis zu diesen Punkten hin stimme ich mit Frau Rytz eigentlich überein, und es ist jedem Mitglied selbst überlassen, ob es an dieser GV teilnehmen wird.

Solidaritätsprinzip verletzt

«Wo bleibt die Solidarität mit der einheimischen Hotellerie» fragt Regula Rytz und Esther Friedli (SVP) meint dazu: «Es ist unsensibel, jetzt einen solchen Kongress im Ausland durchzuführen, während in der Schweiz die Gastronomie und die Hotellerie von der Krise so stark gebeutelt wurden».

Mit Verlaub: 2020 als die Schweizer*innen praktisch gar nicht ins Ausland reisen konnten, Schweiz Tourismus dazu noch Millionen vom Staat erhielt, um für «Machen Sie Ferien in der Schweiz» zu werben, spürte die Outgoing-Branche wenig Solidarität von der einheimischen Hotellerie.

Viele Reisebüros versuchten für ihre Kund*innen in der Schweiz Hotels zu buchen, bloss mit den Provisionen auf die Übernachtungs- und Verpflegungskosten haperte es dann doch ziemlich, wie aus vielen Kommentaren zu lesen war.

Gleiches Mass für Outgoing und Incoming bitte

Schweiz Tourismus führt im Oktober 2021 in Interlaken den Switzerland Travel Mart (STM) als physischen Anlass durch. Ein zweifellos wichtiger Vermarktungsevent mit 450 erwarteten ausländischen Reiseeinkäufern, den ich absolut befürworte. Allerdings werden nicht wenige dieser Einkäufer*innen aus eben solchen Ländern der Golfregion und anderen Ländern, deren Politik man durchaus auch kritisch gegenüber stehen muss, anreisen.

Es ist zudem davon auszugehen, dass eine Minderheit mit der Bahn und eine Mehrheit mit dem Flugzeug, auch über Reisedistanzen von sechs und mehr Stunden anreisen wird. Schweiz Tourismus ist eine staatliche Organisation, die den Tourismus nach der Schweiz und in der Schweiz, notabene auch mit den Steuergeldern der Outgoing-Branche, fördert. Nur schon deshalb ziemt es sich nicht, die Outgoing-Branche für deren Durchführung ihrer GV im Ausland an den Pranger zu stellen.

Fazit

Die Tourismusbranche lebt nun mal vom internationalen Austausch. Ohne diesen funktionieren weder Incoming noch Outgoing, was ja nun während der Covid-Krise auch dem letzten Politiker hätte klar werden müssen. Incoming und Outgoing sind untrennbar miteinander verbunden und darum bitte, gleiches Mass für beide Segmente.

(Hans-Peter Brasser, Brasser & Partners GmbH)