Helvetic fordert Angestellte zu Zweitjob in Drogerie auf

Während die Kunden gemütlich um die Welt jetten, müssen sich Angestellte von Helvetic nach einem zweiten Job umschauen.
©Helvetic Airways

Angestellte der Helvetic Airways sind schon in normalen Zeiten finanziell nicht auf Rosen gebettet. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtete, erhält ein Berufseinsteiger als Flight-Attendant als Fixlohn rund CHF 3100. Brutto, für 100%. Im Lockdown, als die Flieger am Boden blieben und die Crew als Kurzarbeitsentschädigung nur 80% des üblichen Lohns bekam, landeten netto nur noch gut CHF 2000 Lohn auf dem Konto.

Dazu kamen CHF 400 Fixspesen, doch die sind gemäss Reglement für die Uniformpflege gedacht – bei Helvetic sind die Mitarbeiter dafür selbst verantwortlich. Mit diesem Einkommen kommt man im Grossraum Zürich nur mit Mühe über die Runden.

Die Geschäftsführung von Helvetic verhalf ihren Angestellten in der mageren Phase daher zu einem Zubrot: «Helft den Drogerien und Apotheken in unserem Land!», schrieb COO Simon Schatzmann im März kurz nach Verhängung des Lockdown an die Belegschaft, schreibt der «Tages-Anzeiger» weiter Und verwies an die Kette Dr. Bähler Dropa AG, die schweizweit 110 Standorte zählt. Deren Geschäftsführer Franklin Schatzmann ist niemand anderes als der Bruder des Helvetic-COO.

Der CEO ist stolz

Im Schreiben, das dem «Tages Anzeiger» vorliegt, zählt Simon Schatzmann als mögliche Tätigkeiten «Einlassregulierung, Telefondienst, Hauslieferdienst, Ware auspacken, Lagerarbeiten, Reinigung etc.» auf. Der Stundenlohn betrage dabei CHF 23 brutto. Bei einer 40-Stunden-Woche würde man dabei auf über CHF 3600 im Monat und damit auf bedeutend mehr als ein Einsteiger in der Helvetic-Kabine kommen.

Darauf angesprochen, hebt Helvetic-CEO Tobias Pogorevc hervor, dass seine Leute der Gesellschaft einen Gefallen getan hätten – offensichtlich nicht nur bei Dr. Bähler Dropa: «Wir sind besonders stolz, dass unsere Mitarbeiter in der arbeitsfreien Corona-Zeit ihr Wissen und ihre Arbeitskraft in den Dienst der Bereiche Logistik, Transport, Bau und Pflege gestellt haben.» Da ein zusätzlicher Verdienst auf Geheiss des Bundesrats nicht an die Kurzarbeitsentschädigung angerechnet wurde, war das Ganze legal.

Wie viele Helvetic-Angestellte einen Zweitjob angenommen haben, ist nicht bekannt. Allerdings konnten viele Mitarbeiter wohl wegen ihres tiefen Einkommens gar nicht anders. Ein Helvetic-Sprecher antwortet auf diesen Vorwurf, dass man «branchenübliche Gehälter» bezahle.

Zum Vergleich: Bei der Swiss bekommen Flugbegleiter als Einstiegsgehalt CHF 3400, also CHF 300 mehr als bei Helvetic. Allerdings stockt die Swiss im Moment bei allen Gehältern unter CHF 4000 den Verlust durch das Kurzarbeitsregime auf 100% des Lohns auf – Helvetic dagegen nicht. (TI)