Schöne neue Vertriebswelt: KMU-Forum ganz im Zeichen von NDC

Der vom Schweizer Reise-Verband organisierte Event sollte eine Navigationshilfe für die Reisebüros bieten und Denkanstösse liefern.
Einige der Referenten und Organisatoren: (v.l.) Philipp Wellstein (CEO Welltravel), Pablo Castillo CIO Hotelplan Group), Christian Sigg, (Director & Head of Account Management Leisure Schweiz Swiss), Jürg Christen (Head of Sales Switzerland Swiss), Marcel Herter (Fachexperte Flug SRV) und Walter Kunz (Geschäftsführer SRV).

Zum zweiten Mal organisierte der Schweizer Reise-Verband (SRV) ein KMU-Forum. Rund 40 Teilnehmer fanden sich in den Räumlichkeiten am Swiss-Hauptsitz in Kloten ein, um Ausführungen zu einem komplexen und dennoch allgegenwärtigen Thema zu hören: NDC und deren Auswirkung auf die Reisebüros. Vertreter von Swiss und der LH-Group, Travelport, Umbrella, Hotelplan und den Start-Ups Welltravel und Atriis zeigten Szenarien und Möglichkeiten auf, die die neue Distributionswelt den Reisebüros bietet.

«Den GDS in den Hintern treten»
Nach der Begrüssung von SRV-Präsident Max E. Katz zeigte Flug-Fachexperte Marcel Herter die Stossrichtung des Informationsnachmittags auf; es sollte eine Navigationshilfe für die KMUs sein und Denkanstösse liefern. Und dies möglichst nicht wertend – alle Referenten waren sich schliesslich einig, dass es das gute Rechte der Fluggesellschaften sei, kundenspezifische Angebote zu erstellen und diesen Content zu differenzieren. «Die Airlines haben völlig recht, den GDS in den Hintern zu treten und zu sagen: ‘Leute, so geht es nicht mehr’», bilanzierte Marcel van de Wal von Travelport. Denn: Die alte ATPCO-Lösung sei tatsächlich veraltet, kompliziert und mühsam. Das Ziel der GDS: «Wir wollen alle Airlines auf eine neue Ebene heben, damit sie einen Anschluss, eine Schnittstelle zur NDC-Vertriebswelt haben.» Auf die Frage aus dem Publikum, wie viele Airlines denn tatsächlich NDC-fähig seien, musste van de Wal relativeren – es handle sich um «eine Handvoll bis Ende Jahr.»

Wie relevant sind die Reisebüros in der NDC-Welt noch?
Johannes Walter, Senior Director Distribution Global Market Management der LH Group, zeugte sich primär erfreut über die Möglichkeiten, die der neue Distributionsweg eröffnet und versuchte die Befürchtungen des Trades zu zerstreuen, dass die Airlines mit NDC nur mehr den Eigenvertrieb forcieren werden. «Die Partnerschaft zwischen Airlines und Reisebüros bleibt bestehen; dies ändert sich durch den neuen Datenstandard nicht.» NDC sei vielmehr eine Chance, gemeinsam das vorhandene Potenzial zu erschliessen und nutzen. Dennoch: Stimmen aus dem Publikum zeigten sich sehr wohl kritisch, wie partnerschaftlich dieses Verhältnis denn tatsächlich ist. Man gebe den Reisebüros schliesslich nicht die Wahl, sondern zwinge sie mittels GDS-Gebühren, höheren Tarifen oder verminderten Rabatten (z.B. Kindertarife), sich dem Willen der Airlines zu beugen – und dort zu buchen, wo sie es will. Herter stellte jedoch klipp und klar fest: «Full Content ist Geschichte. Damit müssen wir in Zukunft leben.»

Viele Fragen bleiben offen
Fazit: Jedes Reisebüro muss für sich selber die beste Lösung evaluieren. Man muss nicht überall mitmachen – man kann. Dennoch blieben einige Fragen ungeklärt. Wer bezahlt denn schlussendlich die Investitionen in die neuen Distributionswege? Werden sich die Zahlungsströme von den GDS direkt zur Airline verschieben? Geht die gesamte Indiviualisierung des Angebots und der grösseren Anzahl Datensätze schliesslich zu Lasten der Schnelligkeit? Die Zukunft hat gerade erst begonnen, und die Antworten werden bestimmt in den nächsten Jahren folgen. (ES)