Seychellen: «Es sieht aus, als ob wir aus der Krise heraus sind»

TRAVEL INSIDE Interview mit Insider Lionel Ferrari (40), GM von Anantara Maia Seychelles. Er erklärt was die Seychellen besser als andere Reiseziele gemacht haben.
GM Lionel Ferrari © Reto Wild
Anantara Maia Seychelles

Kaum einer kennt die Seychellen so gut wie Lionel Ferrari (40), Hoteldirektor von Anantara Maia Seychelles.

 

Im Interview mit TRAVEL INSIDE Autor Reto E. Wild erklärt der Hotelier, wie die Luxusanlage die Krise überstand und was die Seychellen besser als andere Reiseziele gemacht haben.

 


Lionel Ferrari, Sie haben vor 16 Jahren das Maia Seychelles Villas auf Mahé eröffnet und sind vor fünf Jahren in das heutige Anantara zurückgekehrt– als Hoteldirektor. Was erwarten Sie vom Reisejahr 2022?

Ich bin immer etwas verlegen, wenn ich sage, wie optimistisch ich denke: Im Januar 2022 hatten wir 270 Annullationen und lagen am Schluss dennoch über unserem Budget, weil alles, was abgesagt wurde, mit kurzfristigen Buchungen kompensiert wurde. Aber klar, es gibt Berufskollegen, die leiden noch immer unter der Krise. Vor allem im Drei- und Viersternebereich und bei den Gästehäusern dürfte es länger dauern, bis sich die Branche erholt. Die Highend-Resorts hingegen arbeiten derzeit sehr gut.

Was heisst das konkret für das Anantara Maia Seychelles?
Februar ist für uns normalerweise Tiefsaison. Wir erreichten aber eine Auslastung von 80 Prozent. Auch die Seychellen insgesamt erzielen bei den Ankünften ähnliche Werte wie vor Covid oder sogar noch bessere. Es sieht aus, als ob wir aus der Krise sind.

Was sind die Gründe für dieses erstaunliche Zwischenresultat?
Es gibt weltweit in dieser Krise nur wenige Reiseländer, wo sich die Touristen wirklich wohl fühlen. Die Seychellen machten einen super Job. Wir haben seit 2020 wieder geöffnet, was für Vertrauen unter den Reisenden sorgt. Jene Ziele, die geschlossen waren und nun wieder öffnen, werden Probleme haben, beispielsweise im Service.

Die Zeit von Januar bis März 2021 war auch für uns schwierig, weil die Seychellen bei der Einreise Restriktionen verhängten. Damals musste man bei der Ankunft und nach fünf Tagen jeweils einen PCR-Test machen. Das goutierten die Gäste nicht. Deshalb hat die Regierung die richtigen Schlüsse gezogen und Ende März letzten Jahres diese Massnahmen aufgehoben. Nur zwei Tage später stieg unsere Auslastung auf 70 Prozent an. An Ostern 2021 waren wir sogar ausgebucht.

Viele Betriebe nutzen die Krise, um die Anlagen zu verbessern. Für welche Schritte haben Sie sich entschieden?
Die meisten Hotels waren auf Standby, um die ungewisse Situation abzuwarten. In der Zeit von Juli 2020 bis März 2021 haben viel Häuser ihre Angestellten nach Hause geschickt. Wir aber investierten Geld, um unsere Mitarbeitenden zu schulen. Den Expats haben wir gesagt, sie können nach Hause.

Allerdings räumten wir ein, dass wir nicht garantieren können, ob es ihnen danach wieder möglich ist, problemlos und ohne Restriktionen in die Seychellen einzureisen. Deshalb blieben die meisten in der Anlage. Mit dem Team haben wir diese herausgeputzt und auf die News zur landesweiten Wiedereröffnung gewartet. Ich erfuhr fünf Tage vor dem Termin davon.

Im Gegensatz zur Konkurrenz war das Anantara nicht wirklich lang geschlossen. Ja, wir schlossen unsere Anlage nur für drei Monate. Damals konnte man die Seychellen nur mit dem Schiff oder Privatjets erreichen. Die Linien- und Ferienflüge wurden annulliert. Wir hatten das Glück, dass bei uns während dieser Zeit eine Familie des Königshauses mit Anhang rund dreieinhalb Monate übernachtete. So kamen wir selbst in der Krise auf ein zufriedenstellendes Jahresergebnis.

Welches sind Ihre wichtigsten Märkte?
Normalerweise ist Deutschland die Nummer 1. Jetzt ist es Russland, gefolgt von Grossbritannien, Deutschland, den Emiraten und den USA.

Im Anantara bezahlt der Gast mindestens 2400 Franken pro Nacht. Wie lange bleiben die Gäste?
Insgesamt kommen wir auf eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer von 7 Nächten. Die Deutschen bleiben im Schnitt mit 9 bis 12 Nächten etwas länger, die Emirati mit 4 Nächten weniger lang. Mit Emirates dauert die Anreise ab Dubai auch nur gut vier Flugstunden.

Das Konzept von Anantara Maia Seychelles ist in der Tourismuswelt ziemlich einzigartig. Die Kunden können, wann und wo immer sie möchten, essen. Wie kommt das an?
Die Gäste lieben es. Luxus hat in der Welt so viele Definitionen. Doch eigentlich ist doch der wahre Luxus die Freiheit. Die Frage soll nicht sein, ob man dies oder jenes kann oder nicht, sondern wo und wann.

Und dazu gibt es ‘Dining by Design’. Was heisst das konkret?
Unsere Anlage besteht aus 30 Villen. Jede Villa hat einen Villa Host, der für die Gäste rund um die Uhr via Whatsapp erreichbar ist – oder demnächst über unsere eigene Anantara App. Meine Philosophie: Wir offerieren den Service, und die Gäste entscheiden, was sie wollen. Je nach Villakategorie ist es möglich, in unserer Weinboutique, auf dem Helipad, am Pool, am Strand, im Spa und selbstverständlich im Restaurant zu essen.

Wir hatten auch schon Gäste, die wollten das in der Badewanne. Wir machen es möglich. Das ist alles im Übernachtungspreis inbegriffen wie auch Weine und der persönliche Lieblingsdrink.

Was für ein Trinkgeld erwartet der Villa Host?

‘Erwarten’ ist das falsche Wort. Oder  dann 0 Euro, denn wenn die Angestellten Geld erwarten, kommt der Service nicht von Herzen. Üblicherweise geben unsere Gäste 50 Euro pro Tag. Der «Villa Host» ist der Einzige, welcher in die Villa kommt, um sie sauber zu machen. Er koordiniert die Wünsche zum Essen oder zu den Ausflügen und so lernen sich Gast und Host besser kennen. Jeder Host ist nur für eine Villa zuständig, vom Morgen bis zum Abend.

Anantara ist bekanntlich eine Marke unter dem Dach der Minor Hotels. Ihre Anlage erhält eine Schwester. Wie sehen die Pläne aus?

Ja, sechs Kilometer nördlich von hier wird ein Avani komplett renoviert und soll im März 2023 wiedereröffnen. Es kommt zu einem Rebranding in ein Avani plus und damit zu einem gehobenen Lifestyle-Resort als Teil von Minor.

Sie leben nun schon seit 16 Jahren auf den Seychellen. Wie hat sich die Inselwelt seither verändert?
Um ehrlich zu sein: Es hat sich nicht viel verändert. In den letzten fünf Jahren haben nur fünf Hotels neu eröffnet! Wer aus dem Schiff oder aus dem Flugzeug steigt, realisiert schnell, wie unberührt die Seychellen noch immer sind, obwohl der Tourismus in den letzten Jahren angestiegen ist. Der Service ist besser geworden ist. Die Angestellten haben viel mehr Erfahrung. Bei uns ist das Personal aber nicht steif, sondern locker und dennoch effizient.

Welche Ausflüge empfehlen Sie einem Gast, der zum ersten Mal die Seychellen bereist?
Der grosse Vorteil ist unsere Lage: Vom Anantara aus kann der Gast mit dem Helikopter in 15 Minuten nach Praslin und La Digue fliegen und dort die Sehenswürdigkeiten anschauen, später mit dem Boot zum Schnorcheln gehen und auf dem Rückweg dem Sonnenuntergang entgegenfahren. Ab März bis Mai ist das Meer sehr flach. Dann wechselt der Wind und die See wird wieder rauer. Juli/August eignet sich deshalb nicht zum Tauchen.

La Digue und Praslin sind vielen bekannt. Sie haben bestimmt noch mehr Empfehlungen.
Seychellen ist ideal für Inselhüpfen. North Island, Frégate und unser Anantara sind die einzigen Resorts, die All-inclusive à la carte mit Getränken, einem uneingeschränkten Service mit Villa Host und ohne definierte Essenszeiten anbieten. Nur kostet das auf North Island gut 6000 Euro pro Nacht, obwohl der Service nicht viel anders als bei uns ist. Allerdings sind die Villen dort noch grösser und North Island ist eine Privatinsel.

Welches ist Ihre Lieblingsinsel?
Mein grösster Favorit ist die Alphonse-Inselgruppe, rund 400 Kilometer südwestlich von Mahé. Hier können Sie mit Schwertfischen, Mantas, Haien und Delphinen schnorcheln. Auch die Begegnung mit Meeresschildkröten ist magisch. Das fängt schon bei der Anreise an: Sie landen mit einer Propellermaschine auf einer Graspiste. Oder Sie fahren mit einem Katamaran zu den Amiranten, die aus Atollen bestehen.

Auch Bird Island, die nördlichste Insel der Seychellen, gehört zu meinen Favoriten. Es gibt dort zwar nur einfache Unterkünfte ohne Klimaanlage. Aber als Besucher ist man sehr nah zur Natur. Der Vorteil der Seychellen: Sie können mit dem Boot die Inselwelt entdecken und werden kaum auf andere Menschen stossen. 2019 hatten wir weniger als 430’000 Touristen – und dies bei über 100 verschiedenen Inseln!

Interview: Reto E. Wild


12 Seychellen-Argumente für Insider

  • Mit Direktflug in 9 Stunden erreichbar und trotzdem nur 3 Stunden Zeitdifferenz (kein Jetlag)
  • Freundliche und hilfsbereite Bevölkerung
  • Faire Preise ausserhalb der Luxushotels: durchschnittlich rund 140 Franken pro Nacht im Doppelzimmer in Dreisternehotels mit Frühstück oder in Appartements, Fischcurry vom Takeaway umgerechnet 5 Franken
  • Tropisches, ausgewogenes Klima mit ganzjährigen Lufttemperaturen von 24 bis 32 Grad Celsius (regenreich sind Dezember und Januar)
  • Trotz Traumstränden auch ideal für Wanderer (bis zu 900 Meter hohe Hügel), Ornithologen oder Aktivreisende, die gerne Inseln kombinieren
  • Kurze Distanzen: Die Nord-Süd-Ausdehnung der grössten Insel Mahé beträgt 28 Kilometer. Sie ist nur 8 Kilometer breit.
  • Politische Stabilität und hohe Sicherheit
  • Intakte Natur: Weil die Inseln sehr hügelig sind, lohnte es sich für die Kolonialisten nicht, grossflächige Plantagen anzulegen. Deshalb ist der tropische Dschungel noch immer an vielen Orten intakt. Weltweit grösster Anteil an Naturschutzgebieten
  • Spektakuläre Tierwelt wie Aldabra-Riesenschildkröten, Flughunde und viele endemische Vögel
  • Keine giftigen Tiere wie Schlangen oder Skorpione. Einzige Gefahr im Meer: Steinfische oder Haie
  • Obwohl die Seychellen geographisch zu Afrika zählen, sind sie malariafrei, kaum Gefahr für Reisekrankheiten wie Durchfall
  • Mit über 80 Prozent stellt das Christentum die grösste Religion.