Sind Fluggesellschaften unberührbar?

Die European Travel Agents’ and Tour Operator Association bemängelt den fehlenden Willen der Europäischen Kommission sämtlichen Teilnehmern der Reise-Wertschöpfungskette gleiche Bedingungen aufzuerlegen.
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Wenige Wochen vor der Sommerpause diskutierte die Vereinigen der European Travel Agents’ and Tour Operator Associations (ECTAA)  in Riga über die Versuche der Europäischen Kommission, die Rechtsvorschriften zum Schutz von Fluggästen und der Richtlinie über Pauschalreisen zu überarbeiten. Die derzeitigen Vorschriften werden überprüft, um deren Durchsetzungsfähigkeit gegenüber weitreichenden Reiseunterbrechungen zu gewährleisten, wie sie während der Covid-19-Pandemie.

Bei weitem das den Konsumenten am meisten schützende Reiserecht

Die ECTAA begrüsste die Absicht der Kommission, die Rechte von Fluggästen und Pauschalreisen parallel zu behandeln. Sie hat einen harmonisierten Ansatz für die Rechte von Fluggästen und Pauschalreisenden gefordert um die während der Pandemie aufgetretenen Unzulänglichkeiten zu beheben, aber auch um die Haftung innerhalb der Wertschöpfungskette des Reisens auszubalancieren.

Die Pauschalreiserichtlinie ist die bei weitem schützendste Reisegesetzgebung, die den
Reiseveranstalter vollumfänglich für die Reise haftbar macht und gleichzeitig die Zahlungen der Reisenden im Falle der Insolvenz des Reiseveranstalters absichert.
Dieser Schutz muss in anderen Bereichen des Reise-Ökosystems, wie z. B. im Luftverkehr, noch erreicht werden und die Lücken in den bestehenden Rechtsvorschriften spielen eine wichtige Rolle bei den Verzögerungen bei den Erstattungen, wie sie während der Covid-19-Pandemie vorkamen. Aber nach mehr als zwei Jahren der Diskussionen wird es für die
ECTAA immer deutlicher, dass die Europäische Kommission nur strengere Regeln für Reiseveranstalter vorschlagen wird ohne ähnliche Regeln für andere Akteure der Wertschöpfungskette.

Die EU-Kommission drückt beide Augen zu

Es wird erwartet, dass EU-Kommissar Reynders eine Begrenzung der Vorauszahlung durch die Verbraucher auf 20% des Pauschalpreises ankündigen. Für Fluggesellschaften wird es keine ähnliche Begrenzung geben. Frank Oostdam, der Präsident der ECTAA, erklärte: «Die Kommission drückt beide Augen zu vor der Hauptursache für die Benachteiligung der Verbraucher während der Pandemie. Zwar erreichten die Beschwerden der Reisenden während der Pandemie einen Höhepunkt, doch richteten sich diese hauptsächlich
gegen Fluggesellschaften gerichtet. Die Beschwerden über Einzelflüge waren 2020 viermal so hoch und 2021 zehnmal so hoch.»

Es sollte auch daran erinnert werden, dass das Geld der Kunden im Falle von Pauschalreisen geschützt ist, während kein gleichwertiger Schutz für Kunden und Reiseveranstalter besteht, wenn eine Fluggesellschaft, die den vollen Betrag des Flugpreises im Voraus kassiert hat, in Konkurs geht. Was die Rechte der Fluggäste betrifft
will die Europäische Kommission voraussichtlich Reisevermittler dazu verpflichten, Reisenden im Falle eines annullierten Fluges zu entschädigen, bevor sie das Geld von der Fluggesellschaft erhalten, was zusätzlicher finanziellen Druck bedeutet. Auf diese Weise werden kleine Reisevermittler im Wesentlichen zu zinslose Banken für die grossen Fluggesellschaften.

Frank Oostdam hält abschliessend fest: «Diese Entwicklungen sind besorgniserregend! Die Pandemie wäre eine eine gute Gelegenheit gewesen, die Rechte und Pflichten in der Reisewertschöpfungskette auszugleichen und einen besseren Schutz der Reisenden zu gewährleisten. Aber der Kommission scheint es am Willen zu mangeln. Durch die Fokussierung auf Reisevermittler wählt sie den einfachen Weg und verfehlt das Ziel.»