SRV-Katz: «Ich sehe noch kein Licht am Ende des Tunnels»

Der Präsident des Schweizer Reise-Verbands über den STA-Konkurs und die Aussichten der Branche.
Max E. Katz. ©TI

Die Schweizer Reisebranche leidet ohne Ende. Nicht zuletzt die Quarantänelisten des Bundes hat den Reisebüros das Geschäft seit dem Sommer massiv verhagelt. Ob es dafür jemals die geforderte Entschädigung gibt, ist zweifelhaft.

Dennoch zeigt sich die Reisebranche erstaunlich resistent, was Max E. Katz, Präsident des Schweizer Reise-Verbands (SRV) nicht überrascht, aber auch nicht beruhigt, wie er im Online-Interview mit TRAVEL INSIDE sagt.

Wie es mit dem SRV und dem neuen Vorstand nach der schriftlichen Generalversammlung weitergeht, lesen Sie am Donnerstag in der nächsten Printausgabe von TRAVEL INSIDE.


Der Garantiefonds der Schweizer Reisebranche hat bis Ende Oktober noch keinen einzigen Reisebüro-Konkurs ausser jenem von STA verzeichnet. Warum fand das befürchtete Reisebüro-Sterben nicht statt?

Das hat verschiedene Gründe. Bis Ende Jahr gilt noch der Betreibungsstopp für Reisebüros. Es gibt auch Reisebüros, die auf ordentlichem Weg schliessen, was sehr lobenswert ist. Und vor allem liegt es am Durchhaltewillen einer krisenerprobten Branche, die nicht aufgeben will, so lange Hoffnung und Aussicht auf die Härtefall-Hilfe besteht.

Also keine Entwarnung, dass es weniger schlimm kommt als erwartet?

Nein, der Frühling wird es zeigen. Und es hängt davon ab, wann und in welchem Ausmass die zugesagte Hilfe der Kantone und des Bundes kommt.

Bei den Kantonen harzt es offenbar bei den Härtefall-Hilfen. Befürchten Sie, dass es Kantone geben wird, die den Reisebüros gar nicht helfen werden?

Dass das überhaupt sein kann ist unglaublich! Ich denke aber, dass es einen gewissen Druck geben wird. Wenn die ersten Kantone Hilfe leisten, werden die anderen mitziehen müssen.

Wie sehen Sie die Reisebürolandschaft 2021?

Es wird sicher deutlich weniger Reisebüros geben als heute. Wahrscheinlich leider auch durch Konkurse. Wir werden aber auch neue Modelle sehen, die weniger Infrastruktur brauchen. Etwa kein Büro mehr, sondern mobil nur mit einem Laptop.

Auf den Garantiefonds könnte also viel Arbeit zukommen – könnte er überhaupt eine Konkurswelle finanziell stemmen?

Wir haben schon früh bei unseren Gesprächen mit dem Bund darauf hingewiesen, dass im Falle einer grösseren Konkurswelle die Kundengeldabsicherungen massiv überfordert wären und die Konsumenten zu Schaden kämen. Das ist mit ein Grund, weshalb wir so dringend Überlebenshilfen für die Reisebüros und -veranstalter verlangten.

STA ist der erste grosse Konkurs in der Corona-Krise. Hat er Sie überrascht?

Ja und nein. Nein, weil STA schon jahrelang Verluste schrieb. Ja, weil ich nicht erwartet hätte, dass die Besitzer jetzt plötzlich aufgeben nachdem sie das Unternehmen jahrelang durchgeseucht haben. Offenbar ist die Lust an der Reisebranche bei den Besitzern nicht mehr sehr gross.

Was heisst das für Globetrotter und Tourasia, an denen die STA-Besitzerin Diethelm Keller ebenfalls massgeblich beteiligt ist?

Dazu kann ich nichts sagen, weil ich nichts weiss.

Rechnen Sie mit weiteren Konkursen in dieser Grössenordnung oder noch grösser?

Über die drei ganz Grossen müssen wir nicht reden, die sind in relativ sicheren Händen. Die Knecht Gruppe ist, soweit man hört, gut finanziert und mit Thomas Knecht als CEO ist der Besitzer direkt involviert. Da wird man kaum einen unerfreulichen Exit befürchten müssen. Bei Globetrotter kommt es natürlich auch auf die verschiedenen Besitzer und ihre Absichten an. Wie es bei den kleineren Unternehmen aussieht, weiss ich nicht, diese publizieren ja keine Zahlen.

Im letzten Sommer gab es einen Silberstreifen am Horizont, die Leute reisten wieder. Inzwischen ist die Hoffnung auf Besserung wieder verflogen. Was erwarten Sie fürs Winter- und Frühlingsgeschäft?

Ich habe gar keine Erwartungen angesichts der hohen Fallzahlen in der Schweiz. Die Quarantäneliste bei der Rückreise ist zwar gelöst. Meine Angst jetzt ist, dass wir als Schweizer mit unseren rekordhohen Zahlen an viele Destinationen gar nicht mehr hinreisen können. Und angesichts der Behördenaufrufe, möglichst zu Hause zu bleiben, ist die Reiselust der Leute derzeit auch nicht besonders gross, obwohl einige Ferndestinationen eigentlich offen sind und sich über Touristen freuen würden.

Sie sehen also noch ziemlich schwarz?

Ich sehe noch kein Licht am Ende des Tunnels, ich bin noch mitten im Tunnel drin.

(Interview: Christian Maurer)