Sarah Weidmann: «Unsere Branche lebt vom Socializing»

Sarah Weidmann, Geschäftsführerin und Inhaberin Smeraldo Tours AG, über virtuelle Events und die Wichtigkeit von Branchenanlässen.

Sarah Weidmann ist seit vier Jahren Geschäftsführerin von Smeraldo Tours AG und bereut es, wie sie selber sagt, keine Sekunde. Ihr Herz schlage für diese Branche und sie ist sich sicher, dass wieder bessere Zeiten kommen.

TRAVEL INSIDE hat sie zu virtuellen Events, zur Vernetzung der Branche und zum Generation-Gap befragt.


Sarah Weidmann, was halten Sie von virtuellen Events?

Virtuelle Events sind eine sehr gute Alternative in Corona-Zeiten. Natürlich wollen wir alle wieder reale Treffen. Unser Geschäft basiert auf dem nahen Kundenkontakt. Bei solchen virtuellen Veranstaltungen fehlt schon etwas, aber ich finde es auch super, dass sowas aufgezogen wird.

Haben Sie bereits selber virtuelle Kundenabende gemacht?

Ja, wir machen das in Zusammenarbeit mit Reisebüros. Mit Knecht Reisen ist der nächste Kundenabend geplant. Sie schreiben ihren Kundenstamm an und wir sind als virtuelle Partner in einer Expertenrolle mit dabei. Es ist eine Inforeise durch die Destination mit anschliessendem Live-Chat.

Wie kommt sowas an?

Sehr gut, vor allem, weil die Teilnehmer am Ende live Fragen stellen können. Der Kunde braucht dieses Interaktive. Vor allem in solch schwierigen Zeiten ist es wichtig, dass wir nicht nur einen Vortrag über Destinationen abhalten, sondern die aktuelle Lage mit einbeziehen.

Ab wie vielen Teilnehmer ist ein solches Event ein Erfolg?

Es kommt etwas auf die Grösse des Reisebüros an. Ich finde, es ist vergleichbar mit einem Live-Event. Wenn man es schafft 50 Personen zu erreichen, ist das super.

Machen Sie auch Videochat-Beratungen bei Smeraldo?

Ja, wir bieten auch Videochat-Beratungen an. Im Vergleich zur Beratung am Telefon hat man die Möglichkeit, Bilder und Video zu zeigen und das Verkaufsgespräch noch emotionaler zu gestalten.

Wie schwierig ist es für Sie Ihre Branchenbeziehungen virtuell zu pflegen?

Es ist nicht ganz einfach, da es nur wenige virtuelle Events gibt. Ein Teil des Austauschs findet momentan über die Sozialen Medien wie Facebook-Gruppen statt.

Unsere Branche lebt vom «Socializing». Live-Events wie die ITB, an der man viele Partner an einem Tag trifft, fehlen. Virtuelle B2B Messen wie die ITB NOW machen für bestehende Partner wenig Sinn, da man diese Meetings auch über Zoom abhalten kann, ohne ein teures Messeticket kaufen zu müssen. Neue Produkte/Partner über eine virtuelle Messe zu finden ist schwieriger, da die spontanen Interaktionen fehlen. Ich würde mir wünschen, dass Events wie die ITB in Zukunft wieder live stattfinden können.

Wie stark fehlen Ihnen solche Branchenanlässe auf einer Skala von 1-10?

Mir fehlen solche Anlässe sehr. Sicher eine 9, eher mehr. *lacht*

Brauchen wir in Zukunft wieder mehr solche regionale und lokale Strukturen?

Bereits vor Corona war es das Ziel des SRV, einmal im Jahr einen Branchenanlass in der Deutschschweiz durchführen, wo man sich trifft und austauschen kann. Ich wurde angefragt, ob ich diese Events für den SRV planen und durchführen möchte.

Auch die IAWAs tragen einen wichtigen Teil zur Vernetzung der Branche bei.

Ich wäre sogar dafür, dass man noch viel mehr solche Treffen durchführt. Ein weiteres Thema ist auch die Förderung der jüngeren Generation. Gerade für Jüngere, die sich in der Branche etablieren möchten, sind diese Events sehr wichtig. Auf diesem Weg könnte man die Alteingesessenen besser mit den Jüngeren verbinden. Das wäre eigentlich mein Ziel.

Sie gehören auch zu diesem Nachwuchs von jungen Unternehmerinnen – haben Sie auch schon daran gedacht, den Bettel hinzuschmeissen?

Nein, auf keinen Fall. Ich habe Smeraldo vor vier Jahren übernommen und ich bereue es keine Sekunde. Mein Herz schlägt für diese Branche und ich wüsste gar nicht was tun ohne sie. Ich bin sicher, dass wieder bessere Zeiten kommen. Vor allem, wenn man gut arbeitet und alles gibt

Hindert der Generationen-Gap in der Branche die Jungen daran einen ähnlichen Sprung ins kalte Wasser zu wagen wie Sie vor vier Jahren?

Das Netzwerk ist unglaublich wichtig in der Branche. Beat Walser hat mich vor der Übergabe sehr gut integriert und überall vorgestellt. Deshalb war ich sehr schnell gut vernetzt. Aber für junge Leute ist es schwierig an Anlässen auf ältere Führungskräfte zuzugehen und sie anzusprechen. Hier haben viele verständlicherweise eine Hemmschwelle. Meine Idee war es, eine Art Patenprogramm zu lancieren, um die Jungen zu fördern. Hier geht es grundsätzlich darum, dass die Jungen von einem Paten in die High Society der Branche eingeführt werden. Aber dafür braucht es Anlässe und Leute, in Führungspositionen, die dafür offen wären. Sowas fehlt einfach noch in der Schweiz. Wegen Corona wurde dieses Projekt im Moment aber auf Eis gelegt.

(Yannick Suter/Christian Maurer)