Zümpel: «Es muss wieder mehr ausgebildet werden»

Dieter Zümpel, CEO DER Touristik Suisse, plädiert dafür, dass die Branche ihre Lehrstellen wieder aufstockt.
Dieter Zümpel ©LS

Die DER Touristik Suisse musste, wie viele touristische Unternehmen, während der Pandemie Personal entlassen: aktuell sind rund 900 Mitarbeitende, verteilt auf 670 FTE, für das Unternehmen beschäftigt. 

TRAVEL INSIDE hat CEO Dieter Zümpel gefragt, wie es den Mitarbeitenden aktuell geht, wie sich aktuell die Arbeitsbedingungen gestalten und wie es um den Branchennachwuchs steht.


Dieter Zümpel, wie geht es den Mitarbeitenden gerade bei DER Touristik Suisse?

Auch auf Grund dessen, dass wir uns verschlankt haben, müssen wir fleissig arbeiten. Wir werten Erfahrungen des vor einem Jahr lancierten Angebotes, grundsätzlich auch in Ferienzielen arbeiten zu können, aus. Darüber hinaus haben wir die Regel aufgestellt, dass generell zwei Tage im Homeoffice gearbeitet werden kann. Das wird über das Senior Management gesteuert, weil die Bereiche sehr unterschiedlich sind.

Wir haben Bereiche, wo eine Grundanwesenheit notwendig ist, beispielsweise im Retail. Da müssen wir die Filialbesetzung sicherstellen. Die Kollegen können aber auch zum Teil arbeiten – durch die Regionalleiter wird sichergestellt, dass das Reisebüro immer ausreichend besetzt ist.

Bei anderen Bereichen wie Unternehmensentwicklung oder Projektmanagement ist der Arbeitsort zweitrangig. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht, wenngleich wir weiterhin von den Erfahrungen lernen und Herausforderungen bleiben.

Neue Mitarbeitende müssen natürlich vor Ort eingelernt werden. Wie sollen sie sonst unsere Teams und den Teamspirit kennen lernen? Auch die Ausbildung der Lernenden geht nicht remote. Wenn man sich dann besser kennt, kann man auch besser remote zusammenarbeiten.

Ein anderes Thema sind IT-Probleme. Wenn Mitarbeitende zusammensitzen, dann schauen sie zuerst im Team, wenn technisch etwas nicht funktioniert. Sind diese Kollegen aber im Homeoffice, rufen sie die IT an. Deshalb ist die Hotline sehr stark frequentiert und da müssen wir auch schauen, wie wir die IT-Hotline bestücken.

Wie sieht das Lohnniveau aus?

Wir haben eine Untersuchung gemacht für den Branche gut sehen lassen können. Natürlich ist es aber auch so, dass das Lohnniveau in manchen Wirtschaftszweigen höher ist, weshalb gerade in Corona-Zeiten nicht alle Mitarbeitenden von einem langfristigen Verbleib überzeugt werden können.

Der Lohn ist aber nur eine Komponente von mehreren: Bei jungen Menschen wird oft das Thema Nachhaltigkeit nachgefragt und da ist viel passiert in den letzten Jahren. Ich bin der Überzeugung, wenn wir als Outbound-Touristik nicht Nachhaltigkeit zum strategischen Thema machen, können wir uns irgendwann verabschieden. Das wird zu einem absoluten Must.

Es gibt in der Touristik wahnsinnig viel mehr Themen als CO₂-Emissionen. Es geht um Arbeits- und Kinderschutz, Müllvermeidung, Wasserreinheit und vieles mehr.

Wie flexibel geht die DER Touristik mit den Bedürfnissen der weiblichen Mitarbeiterinnen um?

Wir schreiben viele Stellen ab 60% aus, wir haben Jobsharing und es ist auch möglich, das Pensum zeitweise zu reduzieren – das gilt auch für Führungskräfte, die bei uns rund 70% Frauen sind. Das muss natürlich immer auch mit den betrieblichen Erfordernissen zusammen passen, aber wir haben bisher immer eine Lösung gefunden, mit der beide Seiten zufrieden waren.

Wie steht es um die Lernenden?

Wir bieten im nächsten Jahr wieder über 40 Lehrstellen an und nach meinem Kenntnisstand bilden wir rund 40% der aller Lernenden in der Schweizer Outbound-Touristik aus. Ich finde, jeder Betrieb in der Schweizer Touristik sollte sich überlegen, ob sie nicht doch mal wieder Auszubildende aufnehmen will. Das liegt mir sehr am Herzen. Es gibt ganz viele, die das nicht machen – auch der Mittelstand. Wenn wir irgendwann nicht mehr die Klassen füllen können, ist das Fortbestehen unserer Branche in Gefahr.

Wir können nicht auf Dauer 40% der Ausbildungsplätze stemmen und dann kommen Unternehmen, die nicht ausgebildet haben, und werben die gut Ausgebildeten ab, für 100 Franken mehr im Monat. Es muss wieder mehr ausgebildet werden.

Interview: Angelo Heuberger/Luisa Schmidt


Das grosse Interview über die DER Touristik mit Dieter Zümpel lesen Abonnenten am morgigen Donnerstag im gedruckten TRAVEL INSIDE.