Birgit Sleegers: «Retailer müssen im SRV besser vertreten sein»

Birgit Sleegers kandidiert für den Vorstand im Schweizer Reise-Verband SRV.
Birgit Sleegers / zVg

Birgit Sleegers, Geschäftsführerin bei Rhyner Travel in Glarus, kandidiert für den Vorstand im Schweizer Reise-Verband (SRV). Sie ist der Meinung, dass die unabhängigen Reisebüros der Deutschschweiz neben Natalie Dové eine zusätzliche Stimme brauchen.


Birgit Sleegers, schildern Sie die letzten Wochen – wie kam es zur Kandidatur und wie sind die Reaktionen?

Die letzten Wochen waren geprägt durch Gespräche und Telefonate mit diversen Personen. Ein Schlüsselmoment warum ich aktiv wurde, war der Newsletter des SRV in diesem Frühling, der den Titel «Gescheitert» trug. Darin thematisierte der Verband die Verhandlungen mit den Behörden betreffend der Anliegen der Branche, die im Bundesrat nicht durchgesetzt werden konnten. Da dachte ich mir, «das darf nicht sein». Daraufhin habe ich begonnen mich zu engagieren und meine politischen Kontakte zu aktivieren. Zusätzlich tauschte ich mich mit Branchenkollegen unter anderem auch mit Paul Gosteli von Geo Tours in Thun aus, der in einer ähnlichen Situation steht wie ich selbst. So hat sich dann meine Kandidatur ergeben.

Weshalb kandidieren Sie für den Vorstand im SRV?

Ich bin jung und werde noch lange im Arbeitsprozess sein. Mir liegt die Reisebranche am Herzen und ich möchte etwas bewirken und die Branche für die Zukunft prägen. Mir ist es zudem ein Anliegen, dass alle Kräfte angemessen vertreten sind, um die Branche im Vorstand richtig abzubilden.

Sie kandidieren als aktives SRV-Mitglied, nicht im Namen der Aktion Mayday – weshalb ist Ihnen diese klare Trennung wichtig?

Die Aktion Mayday hat per se nichts mit dem SRV zu tun. In der Aktion Mayday sind verschiedenste Akteure aus der Branche vertreten. Die Mitglieder gehören verschiedenen Verbänden und Organisationen an. Wir setzen uns unabhängig für die Branche ein, wollen sie durch die Krise führen und nach Kräften unterstützen. Zudem sind wir uns bei Mayday einig, dass es uns nur solange gibt, wie es uns infolge der Krise braucht. Beim SRV geht es aber um ein langfristiges Engagement für gute Rahmenbedingungen für die Branche.

Warum sollen Sie die Mitglieder wählen?

Ich sitze jeden Tag am Counter und kenne daher die Bedürfnisse der Kunden sowie der kleinen und unabhängigen Retailer. Zudem sind mir die Zusammenhänge in der Branche bestens bekannt und ich setze mich für diese ein. Der Reisebranche gehört mein Herzblut.

Warum sind Sie die geeignetere Kandidatin, als ihre beiden Mitbewerber?

Ich bin jung und unverbraucht, habe viel Energie und bringe so neue Ideen und Ansätze in den Verband. Zudem bin ich als «Digital Native» mit dem Internet aufgewachsen und bin dort Zuhause. Meiner Meinung nach braucht es in einem Verband zwei Sichtweisen. Die eine ist die Erfahrung, das grosse Wissen und das umfassende Netzwerk. Die andere sind junge Menschen, die viele Dinge von einer ganz anderen Seite her betrachten und neue Ideen in den Verband einbringen.

Welches sind in Ihren Augen die wichtigsten Aufgaben des SRV?

Ich sehe zwei Pfeiler bei den Aufgaben des SRV. Zum einen muss der Verband die Branche nach aussen repräsentieren. Meiner Meinung nach ist der SRV so etwas wie der Dachverband der Reisebranche. Auch wenn es daneben noch andere Verbände und Organisationen gibt. Aber der SRV ist so etwas wie das Flaggschiff gegenüber der Politik, der Airlines, der Reedereien und anderen touristischen Akteuren. Und nach innen sollte sich der Verband für die Aus- und Weiterbildung in der Branche einsetzen. Der SRV sollte eine Leaderfunktion übernehmen und den Mitgliedern Mut machen und sich für deren Anliegen auf allen Ebenen einsetzen.

Wo würden Sie als Vorstandmitglied den Fokus setzen?

Die unabhängigen Reisebüros der Deutschschweiz brauchen neben Natalie Dové, eine zusätzliche Stimme. Ich möchte sie unterstützen, denn sie leistet eine grossartige Arbeit. Zudem möchte ich mich für die Ausbildung in der Branche einsetzen, denn wir brauchen auch in Zukunft genügend Fachleute. Und ich möchte das Image der Reisebüros aufpolieren. Denn bei vielen Leuten haben die Reisebüros ein verstaubtes Image, aber das stimmt auf keinen Fall. Ich möchte aufzeigen, dass es Reisebüros braucht und dass wir auf jeden Fall mit der Zeit gehen.

Was muss sich beim SRV Ihrer Meinung nach in der Zukunft ändern?

Diese Frage suggeriert, dass der SRV einen schlechten Job macht, was auf keinen Fall so ist. Meiner Meinung nach sind im Vorstand aber nicht alle Kräfte in der Branche ausgeglichen vertreten. Ich denke da unter anderem an die Jungunternehmer sowie die Frauen. Die Stimmen im Verband sollten entsprechend der Kräfte in der Branche vertreten sein. Ziel ist es, alle Themenbereiche, Gruppierungen und Kräfte zu bündeln. Zudem sollte der SRV digitaler und moderner werden und auch so kommunizieren.

Sind die Anliegen der unabhängigen Retailer genügend vertreten im SRV?

Meiner Meinung nach müssten die unabhängigen Retailer der Deutschschweiz im SRV stärker vertreten sein.

Wie gehen Sie persönlich mit der Coronakrise um?

Die Krise ist für mich ein tägliches Up und Down. Manchmal denke ich, dass ich demnächst aus einem schlechten Traum erwache, leider ist dem nicht so. Für mich ist es oft schwierig, die Motivation zu behalten. Wir können nicht unserer gewohnten Arbeit nachgehen und das ist oft sehr frustrierend. Ich habe während dieser Krise aber auch für mich persönlich viel gelernt. Man muss sich aus der Komfortzone herausbewegen. Zudem habe ich viele Leute kennengelernt, die ich sonst nie getroffen hätte.

Ein Blick in die Zukunft ist derzeit zwar schwierig, könnten Sie dennoch einen wagen?

Das ist in der Tat schwierig, niemand weiss, was passieren wird. Die grossen Veranstalter sagen, dass sie im kommenden Jahr mit 50 Prozent des Umsatzes von 2019 rechnen. Ich persönlich habe da immer mehr meine Zweifel. Wenn es keine längerfristigen Lösungen wie einfache Tests oder Impfungen gibt, werden die Leute unsicher bleiben.  Aber die Leute wollen reisen, sie getrauen sich aber nicht. Ich bin aber davon überzeugt, dass das Reisen retour kommt. Und dann können wir Reisebüros beweisen, dass es uns braucht und wir können unser Können zeigen.

Könnten Sie ihren Werdegang schildern?

Ursprünglich habe ich an der Academia Engadina in Samedan Tourismus studiert. Parallel dazu habe ich eine Marketing-Ausbildung absolviert. Danach habe ich im Tourismus- und Hotel-Marketing gearbeitet, bevor ich zu Kuoni gewechselt habe. Zuerst war ich in der Filiale Glarus und danach in Pfäffikon SZ und habe anschliessend zu Rhyner Travel AG gewechselt, wo ich als Geschäftsleiterin arbeite.

Was fasziniert Sie an der Reisebranche?

Mein Lebensmotto lautet: «Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen», Zitat Johann Wolfgang von Goethe. Ich komme aus einer Familie, in der wir immer gereist sind. Und wir sind gereist, um Land und Leute kennenzulernen. Die Arbeit im Reisebüro ist sehr komplex und ich muss stets up to date sein. Zudem kann ich den Leuten die beste Zeit im Jahr verkaufen und das ist sehr befriedigend.

(Interview: Daniela Oegerli)