«Besondere Umstände erfordern besondere Massnahmen»

Interview mit Peter Glade, Commercial Director Sunexpress, über die Rückholaktion der Airline.
Peter Glade, Commercial Director, SunExpress (Bild zVg)

Am 20. März hat TI darüber berichtet, dass das deutsch-türkische Gemeinschaftsunternehmen Sunexpress hilft Menschen aus der Türkei nach Hause zu bringen. Im Rahmen einer grossen Rückholaktion führte die Ferienfluggesellschaft mit Hauptsitzen in Antalya und Frankfurt im Zeitraum vom 13. bis zum 22. März 2020 insgesamt 180 Flüge alleine aus der Türkei für Fluggäste aus ganz Europa durch. 

Im Moment hat Sunexpress den Flugbetrieb offiziell bis Ende Monat ausgesetzt. Die Maschinen werden aber weiterhin für Rückholflüge eingesetzt. TRAVEL INSIDE hat beim Commercial Director der Airline, Peter Glade, nachgefragt, wie man die Rückholaktionen geplant hat, wo die Schwierigkeiten lagen und wie man sie letztendlich lösen konnte.

Herr Glade, wie kamen diese Rückholflüge in der kurzen Zeit zu Stande?

Die kamen zu Stande, weil die Welt auf dem Kopf stand und steht. Innerhalb kürzester Zeit haben sämtliche Länder Reisebeschränkungen erlassen und Grenzen geschlossen, weil es das einzig Richtige in dieser Situation war und ist. In engster Abstimmung mit unseren Veranstalterpartnern und verschiedenen Behörden haben wir in den letzten zwei Wochen fast stündlich unsere Flugpläne angepasst, um auf die Anforderungen und den Bedarf reagieren zu können. Allein aus der Türkei haben wir 15 Flüge nach Basel und Zürich durchgeführt, um Passagiere heimzubringen. Diesen Donnerstag ist zudem eine unserer Boeing 737 im Auftrag des Eidgenössischen Aussendepartements in der Schweiz, nach Dakar im Senegal aufgebrochen, um Gäste zurück nach Zürich zu fliegen. 

Wo lagen die Schwierigkeiten?

Auch für eine Sunexpress, die für grösste Flexibilität steht, waren diese rasanten Entwicklungen eine neue Herausforderung. Wenn sich nicht alle unsere Mitarbeiter mit unglaublich viel Herzblut sofort durch die unzähligen Hürden, von Landeerlaubnissen, Catering, Ticketing über Kundenservice und Stationsmanagement gekämpft hätten, wäre keiner dieser Flüge in die Luft gegangen. Das war Teamwork at it’s best. 

Wie haben Sie diese Schwierigkeiten schlussendlich lösen können?

Eine unserer absoluten Stärken ist Schnelligkeit und kreative Lösungsfindung. Und dann dieses unvergleichliche Engagement der Mitarbeiter. Man darf nicht vergessen, die aktuelle Situation geht gegen alles für das wir stehen. Als Sunexpress sind wir seit 30 Jahren die Brücke zwischen Deutschland und der Türkei. Wir verbinden Menschen und Länder, wir trennen sie nicht. Und dennoch: voller Einsatz, volle Power, 18-Stunden-Tage, um Landsleute aus ganz Europa sicher, komfortabel und schnell nach Hause fliegen zu können. Bei Sunexpress halten wir alle zusammen. Für die Unterstützung unseres Call Centers haben sich nach einem spontanen internen Aufruf spätabends innerhalb weniger Stunden über 100 freiwillige Kollegen gemeldet. 

Was empfehlen Sie anderen Airlines? Haben Sie Tipps?

Für alle ist das eine nie dagewesene Herausforderung, für die es keine vorgefertigten Schablonen gibt. Für uns bei Sunexpress zahlt sich insbesondere jetzt aus, dass wir oft unkonventionell denken, Neuem offen begegnen und unsere Lösungen immer vom Kundenbedarf ausgehend denken, nicht vom System und etwaigen Hürden. Besondere Umstände erfordern besondere Massnahmen, das gilt jetzt mehr denn je. 

Wie kulant ist Sunexpress im Bezug auf die Coronavirus-Krise? 

Wir tun, was wir können. Im Moment liegt unser voller Fokus auf den Kunden. Wir organisieren die Umbuchungswünsche und sorgen dafür, alle sicher nach Hause zu bringen. Unser Kundenservice arbeitet unter Hochdruck an Lösungen für einzelne Kunden, aber auch bei uns kommt es natürlich aktuell zu längeren Wartezeiten. Wir bitten hier um Verständnis. Keine Kundenanfrage geht verloren. 

Wird sich Sunexpress durch diese Krise verändern? 

Corona wird in unserer Branche sicherlich einiges verändern, auch wenn es noch viel zu früh ist, um hier Prognosen anzustellen. Sicher ist aber, was bei Sunexpress auch in Zukunft in Stein gemeisselt sein wird: Wir sind der Partner der Reiseveranstalter. Wir sind eine Säule des Türkei-Tourismus. Wir sind die Brücke zwischen Deutschland und der Türkei. Ich bin überzeugt davon, dass wir als Sunexpress stärker aus dieser Krise hervorgehen werden. Die jetzt freigesetzte Energie, Kreativität und der Zusammenhalt, all das wird auch langfristig Früchte tragen. (YS)