Deutsche Bahn denkt über Schlafwagen nach

Der Verkehrsminister ist «prinzipiell offen» für die Wiedereinführung.

Die Bahn ist seit Greta und der Klimadiskussion ein gefragtes Verkehrsmittel und das am Tag und in der Nacht. Dennoch hat die Deutsche Bahn (DB) 2016 ihre Schlaf- und Liegewagen den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) vermacht. Die Wagen waren alt und entsprachen nicht mehr den heutigen Bedürfnissen der Bahnreisenden.

Nun gibt es in Deutschland Überlegungen, das Nachtangebot wieder aufzubauen. Für einen möglich Wiedereinstieg erhält die DB jetzt die Rückendeckung des Eigentümers. «Ich bin dafür prinzipiell offen», sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) laut dem Nachrichtendienst «fvw.de» und verwies auf laufende Gespräche mit den Staatsbahnen Österreichs und der Schweiz.

Michael Peterson, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn erklärte Ende November 2019 gegenüber TRAVEL INSIDE, dass in Deutschland der Nachtzugverkehr sehr gut floriere. Viele Fahrgäste aber nicht in Schlafwagen reisen möchten. «Die Reisezeit in Schlafwagen dauert länger und viele Leute schlafen nicht sehr gut im Zug.» Sehr wahrscheinlich hat das auch mit dem veralteten Rollmaterial zu tun, welches die Deutsche Bahn hatte. Denn die ÖBB lässt ihre Nachtzüge durch Deutschland, Italien, die Schweiz und Österreich fahren, von Mitte Januar an auch bis Brüssel. 2019 seien die Fahrgastzahlen um etwa zehn Prozent gestiegen, sagte ein Sprecher gegenüber «fvw». Die ÖBB erwirtschafteten damit ein leichtes Plus. Mit gut eineinhalb Millionen Kunden bleibt es zwar ein Nischengeschäft, Konzernchef Andreas Matthä hält aber Ausschau nach weiteren Wachstumsmöglichkeiten.

Deutsche Bahn bietet keine Liegewagen

Derzeit sei kein eigenes Angebot mit klassischen Schlaf- und Liegewagen geplant, hatte die Deutsche Bahn zum Jahreswechsel klargestellt. Allerdings werden unterschiedliche Kooperationsmodelle diskutiert, wie ÖBB-Chef Matthä kürzlich der «Wirtschaftswoche» sagte. «Wir könnten stärker beim Ticketvertrieb zusammenarbeiten oder Nachtzüge gemeinsam betreiben.» Man könne die Expansion auch in einem Gemeinschaftsunternehmen vorantreiben.

Vor dem Hintergrund der Klimadebatte wollen auch die SBB mehr Nachtzüge und dafür die Zusammenarbeit mit den ÖBB vertiefen, wie ein Sprecher sagte. Zürich sei nach Wien die zweitgrösste Drehscheibe für Nachtzugfahrten in Europa. Neue Strecken könnten auch durch Deutschland führen.

Der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic kritisierte: «In Deutschland schläft die Bahn, in Österreich der Kunde – und kommt dabei noch ausgeruht und pünktlich ans Ziel.» Die Bahn solle sich an den ÖBB ein Beispiel nehmen. «Gerade im gehobenen Segment ist Komfort für Reisende ausschlaggebend und der Nachtzug mit Schlafwagen eine attraktive Alternative zum Flugzeug.» Spannend wäre dafür etwa eine Verbindung Berlin–Paris – die hatte die Bahn 2014 eingestellt. Ob und wann die Deutsche Bahn wieder ins Schlafwagengeschäft einsteigt, ist fraglich. (TI)