Hohes Passagieraufkommen: ja, Flug-Chaos: nein

Stephan Widrig gibt Einblick über die aktuelle Lage am Flughafen Zürich und wie Fluggäste aktuell reisen.
Stephan Widrig, CEO Flughafen Zürich. / zVg

Hohe Nachfrage nach Ferien, aber ein reduziertes Angebot an Flügen. So lässt sich die aktuelle Reiselage zusammenfassen. Der Flughafen Zürich-CEO Stephan Widrig berichtet von einem erhöhten Passagieraufkommen am Flughafen, findet im Interview mit der «SonntagsZeitung» aber: «dass jetzt im Sommer Chaos herrsche, dünkt mich aber doch überzeichnet».

Noch Anfang 2022 vermeldete der Flughafen rund 15’000 Passagiere pro Tag, nun sind es in der Ferienzeit teilweise 90’000. Die Anzahl der Flugbewegungen liegt dabei noch 15% unter dem Niveau von 2019.

Status Quo am Flughafen Zürich

Passagiere, die in die Sommerferien via Zürich fliegen, müssten damit rechnen, ca. eine halbe Stunde an der Sicherheitskontrolle anzustehen. Das ist ein Wert unter den Zahlen, die beispielsweise deutsche Medien für ihre Flughafen vermelden: in Frankfurt kam es zu Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen von rund zweieinhalb Stunden, in Köln/Bonn konnte es zuletzt auch mal sieben Stunden dauern, bis Reisende durch die Kontrollen durch waren. «Schweizer sind verwöhnt und sie sollen es auch bleiben», findet Widrig.

Dennoch liessen sich mehrere Hundert gestrandete Koffer in der Zollhalle oder verspätete Abflüge nicht schön reden. «Wir hängen von der europäischen Flugsicherung und anderen Flughäfen ab», sagt er, und auch die Bodenabfertigungsfirmen Swissport oder Dnata würden durch Extra-Arbeit nochmals belastet.

Ansonsten sieht sich der Flughafen Zürich aber der Situation mit ihrer aktuellen Personaldecke gut gewappnet: während der Pandemie hat das Unternehmen von einer Gesamtbelegschaft von rund 1700 Personen nur 26 Angestellte entlassen. Das zahlt sich nun aus, meint Widrig. Die Rücklagen des Flughafens hätten den Betrieb zudem einigermassen gut durch die Krise gebracht; investiert wurde in den Jahren vor Corona auch in Immobilien und Kommerz und so konnte die Flughafen Zürich AG ein stabiles Standbein neben dem Flugverkehr aufbauen.

Die Löhne im Flugverkehr signifikant anzuheben, wird wohl vorerst dennoch eine Ding der Unmöglichkeit bleiben: die internationale Luftfahrt ist sehr kompetitiv, weil Endkunden stark auf Preiserhöhungen reagieren.

Wie wird aktuell gereist?

Durch die angespannte Situation im Bereich der Anreise in die Ferien erscheinen Passagiere aktuell früher am Flughafen; generell wird zwei Stunden vor Abflug auf Kurzstrecken und drei Stunden vor Abflug auf Langstrecken empfohlen.

Beliebte Ziele sind Europa und von dort aus Flüge in den Westen; vor allem Mittelmeer und Skandinavien, aber auch die USA, werden aktuell oft angeflogen.

Corona-Massnahmen gelten nur noch vereinzelt, wie Maskenpflicht an Bord der Flugzeuge. «Innerhalb Europas kann aber eigentlich wieder frei gereist werden, die geopolitische Unsicherheit belastet uns stärker.» Für den Winter ist Widrig nicht der Meinung, dass es wieder zu grossen Corona-Einschränkungen kommt: «Das System hat gelernt, mit den Herausforderungen umzugehen.»

Im Bezug auf nachhaltiges Reisen resümiert Widrig: «Wir müssen es schaffen, dass die Luftfahrt klimaneutral wird und dass die Schweiz an die Welt angebunden bleibt.» Für ihn müssen dafür mindestens europaweite Regulierungen in Kraft gesetzt werden. Als Kerosinersatz sieht er Wasserstoff, was aber auch den Preis für Flugtickets erhöhen würde. Das findet der Airport-CEO aber vertretbar, denn geflogen werden soll weiterhin: Flugscham ist für ihn keine Lösung. (TI)