SBB streichen Drittverkaufsstellen

Was bedeutet das für die Reisebüros, die Bahnreisen verkaufen? Vreni Züger von Züger Reisen in Islikon gibt Auskunft.
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Die «NZZ» berichtete kürzlich, dass die SBB auf Ende Jahr definitiv aus dem Billettverkauf durch Drittpartner ausseigen will. Als ein Beispiel nannte die Zeitung das Büro am Zürcher Bahnhof Wipkingen. Darauf stellte sich die Frage, ob dies auch Reisebüros betrifft, die das Angebot der SBB in ihrem Sortiment führen.

«Drittverkaufsstellen (z.B. betrieben von Migrolino, Valora oder privaten Stationshaltern) sind nicht das gleiche wie Reisebüros», präzisiert Oli Dischoe, SBB-Mediensprecher. Die Verträge mit den Drittverkaufsstellen laufen wie bekannt per Ende 2020 aus. Reisebüros könnten nach wie vor Bahnbillette über den «SBB Agentur-Client» (ehemals Railticketing) verkaufen. Diese hätten mit den Drittverkaufsstellen nichts zu tun und ihre Verträge seien nicht tangiert.

Bedienung ist komplizierter

Vreni Züger von Züger Reisen im thurgauischen Islikon verkauft bereits seit 20 Jahren Tickets der SBB. «Viele unserer Kunden möchten ihre Billette nicht online oder am Automaten kaufen. Sie schätzen den direkten Kontakt.» Bis Ende Jahr habe sie noch die Möglichkeit, Mehrfahrtenkarten oder Monats-Abonnemente zu verkaufen, danach sei das so nicht mehr möglich. Darum habe sie die Zusammenarbeit mit den Appenzeller-Bahnen gesucht, dank der könne sie weiterhin Mehrfahrtenkarten und andere Billette innerhalb der Schweiz verkaufen. Für Vreni Züger ist der Ticketverkauf zurzeit ein wichtiges Standbein im Reisebüro. Das wolle sie auch so beibehalten. «Zudem schätzen unsere Kunden die Beratung und den direkten Austausch.»

Natürlich könne sie auch weiterhin über den «SBB Agentur-Client» Tickets erstellen. Das Tool sei aber nach wie vor nicht ganz zufriedenstellend. Vor allem bei internationalen Verbindungen gebe es immer noch Lücken. Die SBB arbeite jedoch daran, diesen bis Ende Jahr fit zu machen, liessen die Bundesbahnen schon verschiedentlich verlauten.

«Der Agentur-Client wurde übrigens für die spezifischen Bedürfnisse von Reisebüros entwickelt», erklärt der Mediensprecher der SBB. Der Mindestumsatz betrage 20’000.- CHF. Die Kriterien werden zurzeit überarbeitet, Interessente finden weitere Infos und Kontaktdaten auf der Website der SBB.

Veränderte Kundenbedürfnisse

«Die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Das und die technologischen Möglichkeiten der Digitalisierung, verstärkt das Bedürfnis des selbstbedienten Bezugs von Leistungen – orts- und zeitunabhängig», erklärt Oli Dischoe. So werden über 90 Prozent aller Billette heute über die selbstbedienten Kanäle bezogen.

Der Anteil der Drittverkaufsstellen (wie Migrolino oder private Stationshalter) am Gesamtabsatz SBB sei mittlerweile auf unter 0,3 Prozent gesunken (zum Vergleich: 2017 betrug der Anteil 1 Prozent am Gesamtabsatz der SBB).

In den letzten Jahren verstärkte sich das Bedürfnis der Kundinnen und Kunden nach Beratung in den SBB Reisezentren, insbesondere für umfangreichere oder komplexere Angebote (bspw. Internationaler Personenverkehr). Die Beratungskompetenz wird somit aufgrund der veränderten Kundenbedürfnisse immer wichtiger. «Gleichzeitig darf die SBB nicht in Konflikt mit den Eignerzielen des Bundes kommen, sondern sie muss eine angemessene Kostendeckung erzielen sowie haushälterisch mit ihren Mitteln umgehen», gibt Oli Dischoe zu bedenken.

Daniela Oegerli