Swiss-Vranckx: «Weitere Preisanpassungen sind sehr wahrscheinlich»

Auch die Swiss wird die höheren Kerosinpreise zu spüren bekommen.
Dieter Vranckx ©Swiss

Explodierende Kerosinpreise wegen dem Ukraine-Krieg, verärgerte Kundschaft wegen Corona und trotzdem vorsichtig den Flugbetrieb wieder hochfahren: Die Swiss hat im Moment an einigen Orten zu kämpfen.

Dieter Vranckx hat vor zwanzig Jahren bereits bei der Swissair gearbeitet, nun ist er Chef der Swiss – in den zwanzig Jahren habe er «gelernt, dass das Airline-Geschäft sehr zyklisch ist», wie er im Interview mit der «NZZ am Sonntag» sagt. Jetzt befinde sich das Geschäft gerade in einem Abschwung. 

Es sei schrecklich, was gerade in der Ukraine passiert. Für die Swiss bedeute es vor allem, dass sie nun nicht mehr nach Moskau, St. Petersburg und Kiew fliegen könne, was aber umsatzmässig weniger als 2% ausmache. Zudem dürfe sie den russischen Luftraum nicht mehr nutzen. Reisen nach Asien und zurück können bis zu fünf Stunden länger dauern. «Seit kurzem fliegen wir neu von Tokio nach Zürich über die Nord­polarroute, was die Flugzeit wieder etwas verkürzt», fügt der Swiss-Chef hinzu.

Weitere Preisanpassungen wahrscheinlich

Nicht mehr über Russland zu fliegen, bedeutet neben längeren Flugzeiten auch höhere Kosten für die Schweizer Airline. Aber das ist nicht das einzige Problem: Der Kerosinpreis ist stark angestiegen. «Treibstoff macht bis zu 30% unserer Kosten aus. Momentan liegen die Kerosinpreise um bis zu 50% höher als vor dem Krieg», so Vranckx.

«Wir sind – wie alle Unternehmen im ­Konzern – abgesichert, aber nicht zu 100%. Wir werden die höheren Kerosinkosten zu spüren bekommen. Nicht sofort, aber über die nächsten Monate immer ­stärker», fügt der Swiss-Chef an. Weitere Preisanpassungen dieses Jahr seien sehr wahrscheinlich. Es könne aber noch nicht gesagt werden, wie viel dann ein einzelner Flug mehr kosten werde.

Operationell grosse Herausforderung

Die Kurzarbeit wurde beendet, der Flugbetrieb wieder langsam hochgefahren. Für den Swiss-Chef sei das operationell eine grosse Herausforderung, wie er gegenüber der «NZZ» sagt: «Was den Flugbetrieb betrifft, so haben wir die Kapazität von 35% im Februar auf über 60% im April erhöht – also fast eine Verdoppelung in etwas mehr als einem Monat.

Der kommende Oster-Peak sei sozusagen ein Prüfstein. Die Airline sei aber zuversichtlich, dass sie für eine weitere Erhöhung der Kapazitäten gewappnet sei. «Im Hochsommer rechnen wir wieder mit einem Niveau von 70% bis 80% im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019», so Vranckx.

Stabilität als grosses Ziel

Mit den weltweit unterschiedlichen und ständig wechselnden Einreisebestimmungen ist das Reisen und Fliegen komplizierter geworden. Es kam und kommt auch heute noch immer wieder zu Flugausfällen und Umbuchungen. Sich den neuen Gegebenheiten anzupassen, sei für die Swiss eine weitere sehr schwierige Aufgabe. 

Jedes Land habe seine eigenen Regeln und Vorgaben. «Eine Folge davon ist beispielsweise, dass das Check-in aufgrund der Dokumentenprüfung rund dreimal länger dauert, auch andere Flughafenpartner sind gefordert. Die hohe Komplexität schlägt sich auf alle unsere Prozesse nieder. Bei den Vielflieger-Kunden konnten wir das Niveau halten. Aber insgesamt waren wir 2021 nicht in der Lage, unseren Fluggästen den Service zu bieten, den sie von einer ­Premium-Airline erwarten können. Dafür möchte ich mich entschuldigen», sagt Vranckx.

Für dieses Jahr habe sich die Schweizer Airline ein grosses Ziel vorgenommen: Stabilität. «Aus diesem Grund haben wir für diesen Sommer eher konservativ geplant. Wir wollen nicht um jeden Preis möglichst viel Kapazität in den Markt bringen. Zudem haben wir die Ressourcen in unserem Service-Center erhöht.» Dies alles soll dazu beitragen, die Unannehmlichkeiten deutlich zu reduzieren.

Bremst die Krise die Swiss aus?

Die Corona-Krise ist noch nicht ausgestanden, der Ukraine-Krieg immer noch im Gange. Auf die Frage, ob die geplanten Investitionen der Swiss, wie die Premium Eco, nicht komplett ausgebremst werden, hat der Swiss-Chef eine klare Antwort: «Die Krise darf nicht als Ausrede gelten. Die Premium Economy Class wird derzeit auf der Boeing-777-Flotte sukzessive eingebaut. Bald soll sie auch auf den anderen Langstreckenflugzeugen eingeführt werden.»

Zudem werde laufend in neue Flugzeuge investiert. Denn jedes neue Flugzeug habe einen um rund 20% geringeren CO2-Ausstoss gegenüber seinem Vorgängermodell. Wegen der Pandemie hätte die Airline zwar finanziell weniger Möglichkeiten als 2019. «Aber gewisse Entscheidungen müssen wir jetzt treffen, um auch in Zukunft am Markt gut positioniert zu sein», so Vranckx. (TI)