Herr Herr, wenn man über das riesige Areal des künftigen Bürgenstock Resorts mit all den Baustellen läuft, kann man sich kaum vorstellen, dass Sie im August eröffnen wollen.
Natürlich ist das Ziel August ambitioniert. Aber wir werden im Sommer 2017 eröffnen, einen genauen Tag gibt es noch nicht. Zudem war nie angedacht, alles gleichzeitig aufzumachen. Zuerst kommt das Herzstück mit dem Bürgenstock Hotel, dem Palace Hotel und dem Spa. Später folgen das Waldhotel und damit der ganze Medical- Wellness-Bereich.
Später?
Voraussichtlich im Herbst, spätestens Ende des Jahres, wird alles fertig sein.
Sie haben ja nicht die Verantwortung für die Baustelle, sondern für den Betrieb des Resorts mit Hotels, Gastronomie, Golf, Residenzen und eigener Bergbahn. Was sind Ihre Aufgaben?
Ich habe die Verantwortung für das Pre-Opening, ich stelle das Betriebskonzept auf, muss schauen, dass es funktioniert, Teams aufstellen, Führungspositionen besetzen, operative Abläufe und Service-Standards festlegen und Einkäufe organisieren von der Seifenschale bis zur Personaluniform. Auch die Verträge und Lieferfristen mit den künftigen Lieferanten gehören dazu.
Da gibt es sicher viele unvorhergesehene Herausforderungen.
Eine ist sicher die Zeitplanung für die Schulung der Mitarbeitenden. Man muss ja die Abläufe vorher trainieren, alles aufsetzen. Das kann ich aber nur planen, wenn ich weiss, ab wann ich in die entsprechenden Räume hineinkann. Diese Abhängigkeiten von verschiedenen Zeitplänen und Fristen sind tatsächlich herausfordernd. Bis jetzt läuft es aber gut, die heisse Phase kommt dann vier bis sechs Wochen vor der Eröffnung.
Bis zur Eröffnung wollen Sie ein Team von 450 Mitarbeitenden zusammenhaben, nach zwei bis drei Jahren sollen es 800 sein. Wo suchen bzw. finden Sie all diese Personen?
Die Führungspositionen sind nahezu alle besetzt. Beim Rest befinden wir uns in der Hoch-phase der Rekrutierung. Wir wollen so viele Personen aus der Schweiz wie möglich, sind aber auch auf deutschsprachiges Personal aus dem nahen Ausland angewiesen, bei denen die Arbeitserlaubnis kein Problem ist. Aufgrund der internationalen Gäste, die wir aus Nord-Amerika, Asien, Middle East erwarten, brauchen wir zudem Personal, das auch dieser Sprachen mächtig ist. Und für unsere Restaurants von asiatisch bis libanesisch benötigen wir die entsprechenden Spezialitäten-Köche.
Wenn man ein solches Mega-Projekt übernimmt, hat man sicher eine Vision, was aus dem Ganzen werden soll. Was ist Ihre?
Das Bürgenstock Resort soll im europäischen Umfeld ein wirklich einzigartiges Resort werden, das neue Standards setzt. Es ist ja ein touristisches Gesamt-Konzept, das der ganzen Region einen Mehrwert bringen soll. Aus einem Saisonbetrieb machen wir einen Ganzjahresbetrieb, es gibt Leisure, Konferenzen, Medical Tourism, Hotels, Spa, aber auch Tagesgäste. Wir haben sogar ein ganz eigenes Transportkonzept entwickelt mit Strasse, Parkplätzen, Postauto, Schiff und einer eigenen Bahn.
Welche neuen Dimensionen entstehen durch das Bürgenstock Resort für den MICE-Standort Schweiz?
Wir wollen Erlebnisse schaffen um das Thema Konferenzen herum. Allein die Destination und die Arrival Experience sind ja schon etwas ganz Besonderes. Wir haben eine breit gefächerte Gastronomie, man kann nicht bloss zwischen Büffet oder Dreigang-Menü auswählen, sondern zwischen zwölf Restaurants, Bars und Lounges. Asiatische Showküche, französisches Gourmetrestaurant, orientalisch oder schweizerisch. Zudem haben wir ein fantastisches Angebot an Rahmenprogrammen von Wandern über Golf bis zum privaten Kino und natürlich dem Spa.
Auch die Konferenz-Räumlichkeiten an sich eröffnen neue Dimensionen.
Wir können bis zu 2000 Konferenzteilnehmer über das Resort verteilen. Die zwei grossen Multifunktionshallen, die nicht nur als Tennisplätze dienen, sondern auch für Konferenzen genutzt werden können, fassen je 500 Personen. Das Entscheidende ist jedoch auch hier die Vielfalt. Wir haben nicht nur einen grossen Raum, sondern auch viele kleinere und mittlere Breakout- Räume für Workshops oder Arbeitsgruppen innerhalb grosser Kongresse. Auch wenn verschiedene Konferenzen stattfinden, überschneidet man sich nicht, weil alles so grosszügig und weitläufig ist. Zudem sind wir kein reines Luxusresort. Es gibt Fünf-Sterne Superior, Vier-Sterne Superior und auch Rustikales.
Welche USPs gibt es sonst noch?
Der gesamte Aspekt Sicherheit und Abschottung des Resorts für Veranstaltungen jeglicher Art, die einen Rückzugsort suchen, ist sicher ein USP. Wir haben zwei Strassenzugänge zum Resort, die auf beiden Seiten komplett abgeriegelt werden können und somit – nur im Ausnahmefall – für die Öffentlichkeit nicht zugänglich wären. Hang- und seeseitig ist das Resort nicht zugänglich ausser mit der Bahn, die von uns gesteuert wird. Das ermöglicht es uns, Konferenzen mit hohen Sicherheitsauflagen gut und ohne grösseren Aufwand unterzubringen. Ein weiterer Punkt ist die Nachhaltigkeit, unsere Wasserversorgung und Klimatisierung läuft ausschliesslich über unser eigenes Pumpwerk mit Wasser aus dem Vierwaldstättersee. Und natürlich die fantastische Aussicht auf den See und die Alpen. Diese Lage ist einzigartig.
Drei Hotels, 31 Business-Räume, zahlreiche Gastrobetriebe: Mit welcher Auslastung rechnen Sie?
Wir rechnen mit einer steigenden Auslastung von bis zu 60% im dritten Jahr für das gesamte Resort. Beim MICE-Anteil an Übernachtungsgästen gehen wir von zirka 30% aus. Ganz wichtig ist uns jedoch auch, dass der Bürgenstock weiterhin und mehr denn je auch für die Tagesgäste offen ist und jeder alle unsere Angebote nutzen kann. Der grösste Markt wird dabei die Schweiz selber sein.
Wie werben Sie für den Bürgenstock im Ausland?
Wir machen sehr viel Öffentlichkeitsarbeit in Nord-Amerika, UK, Middle East, Asien. Aber wir haben auch Partner wie Schweiz Tourismus, die Bergbahnen, die Uhrenindustrie, mit denen wir gemeinsam auftreten, zum Beispiel an Messen. In Nord-Amerika oder Indien hat die Marke Bürgenstock durchaus noch einen Namen, der nur wiederbelebt werden muss. Die Stars, die hier oben waren, Sophia Lauren, Audrey Hepburn, sind natürlich fester Bestandteil unseres Kommunikationskonzepts und auch unseres Museums.
Sie sind selbst Schweizer, auch wenn Sie bis anhin die meiste Zeit im Ausland gelebt haben. Wie schlimm wäre es gewesen, wenn das Bürgenstock Resort in der Versenkung verschwunden wäre?
Das wäre sehr schade gewesen, so etwas Einzigartiges nicht weiterzuentwickeln. In der Region kann man sehr froh sein, dass die Investoren aus Katar das Geld, aber auch die Vision aufgebracht haben, hier an etwas Altes anzuknüpfen und etwas ganz Neues daraus zu machen. Es ist neben den Neubauten ja viel renoviert worden, 50% aller alten Gebäude sind erhalten geblieben.
Wie stolz sind Sie als Schweizer, der in die Heimat zurückgekehrt ist, bei einem der landesweit grössten Projekte Ihrer Branche mit an vorderster Stelle zu stehen?
Natürlich bin ich stolz und fühle mich privilegiert, eines der grössten Hotelprojekte in der Schweiz als General Manager eröffnen zu dürfen. Etwas, das vor 144 Jahren entstanden ist, mit so viel Geschichte, wird jetzt komplett neu ausgerichtet. Ich trage sozusagen etwas Historisches weiter, nicht die Asche, aber die Flamme.
Ein schönes Schlusswort. Aber diese Frage muss trotzdem noch sein: Die Schweizer Service-Qualität wird ja von uns sehr gelobt, hat aber nicht überall den besten Ruf. Können Sie einen Vergleich zu anderen Ländern ziehen, z.B. zum Libanon?
Man kann und soll das ja nie verallgemeinern. Aber im Libanon z.B. sind die Menschen extrem gastfreundlich und ihr erster Gedanke ist immer, wie kann ich dem Gast helfen. Dabei sind sie nicht so organisatorisch durchgetaktet wie wir und es funktioniert dann vielleicht auch nicht immer alles so gut wie hier. In der Schweiz legt man den Fokus manchmal etwas zu sehr auf das Funktionieren. Das Empathische darf vor lauter Perfektionismus aber nicht vergessen gehen. Der Gast freut sich heute viel mehr über ein Lächeln als darüber, ob der Teller von rechts serviert wird
Robert Herr
Der 46-Jährige ist seit 9. Januar 2017 General Manager des Bürgenstock Resorts und mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen (sieben und 14 Jahre) in die Innerschweiz gezogen. Herr ist Absolvent der Hotelfachschule Lausanne mit einem MBA der englischen
Henley Business School. Zuletzt war er als Area General Manager für Intercontinental
Phoenicia und Le Vendome in Beirut tätig. Als weitere prägende Stationen nennt er New York, Paris, Berlin und Prag. Sein Vater stammt aus Herisau, seine Mutter ist Amerikanerin. Weil er in Deutschland und der Westschweiz aufgewachsen ist und sein Vater mit ihm Hochdeutsch sprach, ist ihm seine Schweizer Abstammung nicht anzuhören.