Martin von Moos: «Betriebe zu Arbeitgeberattraktivität sensibilisieren»

Der Fachkräftemangel mit den Themen Ausbildung, Weiterbildung und Quereinstieg, Arbeitgeberattraktivität, Gesamtarbeitsvertrag (LGAV) beschäftigen den Verband.
Martin von Moos ©MICE-tip

Im Interview nach seinen ersten 100 Tagen als Präsident von Hotellerie Suisse im Amt, äussert sich Martin von Moos gegenüber MICE-tip zum Fachkräftemangel in der Schweiz.


Martin von Moos, Sie haben als neuer Präsident Hotellerie Suisse bereits den Fachkräftemangel als wichtige Aufgabenstellung bezeichnet. Können Sie mehr dazu sagen?

Der Fachkräftemangel aber auch die zusammenhängenden Themen Ausbildung, Weiterbildung und Quereinstieg, Arbeitgeberattraktivität, Gesamtarbeitsvertrag (LGAV) beschäftigen uns momentan sehr.

Was kann der Präsident des Dachverbandes tun?

Wir haben schon diverse Programme. Wir haben zum Beispiel die neue, persönliche Betreuung für Ausbildungsbetriebe, um die Ausbildenden bei ihrer wichtigen Arbeit mit Lernenden zu unterstützen, oder die Zertifizierung «Top-Ausbildungsbetriebe».

Schlussendlich geht es aber auch darum, die Betriebe zum Thema Arbeitgeberattraktivität zu sensibilisieren. Damit man auch die jungen Generationen für die Hotellerie begeistern kann. Da haben wir aber auch mit Partnerverbänden Berührungspunkte.

Welche Partnerverbände?

Wichtig sind Gastro-Suisse, Cafetiersuisse, der Branchenverband der Cafetiers, aber auch die Sozialpartner wie beispielsweise die Hotel & Gastro-Union. Gerade die Sozialpartnerschaft gilt es zu pflegen, weiterzuführen und auszubauen.

Aktuell haben wir den L-GAV, den Gesamtarbeitsvertrag des Schweizer Gastgewerbes für die ganze Branche. Er stammt allerdings aus dem Jahr 1993. Die Welt ändert sich und wir können nicht stehenbleiben. Deshalb müssen wir das Vertragswerk erneuern und an die aktuelle Situation und die heutige Zeit anpassen.

Was konkret?

Auch hier reden wir von Arbeitgeberattraktivität, flexiblen Arbeitszeiten usw.

Die vier-Tage-Woche?

Die vier-Tage-Woche ist nur ein Beispiel, welches Betriebe individuell einführen können, was bereits geschieht. In einem L-GAV soll nicht alles definiert werden. Wichtig ist, Rahmenbedingungen festzuhalten, welche den Bedürfnissen der heutigen Arbeitswelt gerecht werden.

Sind Sie das schon angegangen?

Nein, das können wir nicht alleine machen. Doch die Erneuerung des L-GAV ist eine grössere Geschichte. Wir können das anregen und wir sind stetig im Austausch mit unseren Partnerverbänden und Sozialpartnern.

Dass Hotellerie Suisse einen eigenen Gesamtarbeitsvertrag aufstellt, ist keine Option?

Ich will keine Option ausschliessen, aber ich denke nicht, dass das sinnvoll ist. Ein LGAV ist ein komplexes Vertragswerk, das auch vom Bundesrat und den Gewerkschaften abgesegnet werden muss.

Zudem haben wir mit der Gastro Branche viele Berührungspunkte. Es kann nicht sein, dass der Koch eines Restaurants andere Arbeitskonditionen hat als derjenige eines Hotel-Restaurants.

Welche Berührungspunkte gibt es mit den Tourismusverbänden?

Das Mandat, das ich noch behalte, ist dasjenige als Vorstandsmitglied von Zürich-Tourismus. Für mich ist Zürich ein gutes Beispiel, wie Hotellerie und Tourismus in den vergangenen Jahren zusammengearbeitet haben.

Die Hoteliers stellen die Finanzierung von Zürich-Tourismus über die City Tax sicher. Das Budget von Zürich Tourismus beläuft sich gegen 30 Millionen. Ich denke, dies ist das höchste Budget einer regionalen Tourismusorganisation in der Schweiz Das ist ein Erfolgsmodell, welches von den Zürcher Hotels mitgetragen wird.

Doch eigentlich geht es nicht nur um die Finanzierung, sondern auch um die Zusammenarbeit von Tourismus und Hotellerie. Das sehe ich auch auf nationaler Ebene. Es gibt sehr viele Themen, die wir zusammen mit dem Tourismus angehen müssen.

Einerseits hat auch der Tourismus Interesse, dass die Beherbergung mitmacht. Und die Hotellerie hat Interesse, dass die Tourismusorganisationen mitmachen. Übergeordnete Themen sind zum Beispiel Nachhaltigkeit, oder bevölkerungsverträglicher Tourismus, die Sensibilisierung im Umgang mit Touristen.

Sie sprechen den antisemitischen Vorfall in Davos an. Der Präsident des Schweizer Tourismus-Verbandes, Nicolò Paganini, hat sich klar geäussert. Er hat gesagt, das darf schlichtweg im Tourismus in der Schweiz nie mehr passieren. Was sagt Hotelleriesuisse?

Wir müssen unsere Mitarbeitenden auf solche Themen sensibilisieren und gegenseitiges Verständnis schaffen. Denn die Schweiz ist generell bekannt für ihre Offenheit. Aber auch die anderen Leistungsträger, wie Bergbahnen und Restaurants gehören dazu. Die ganze Wertschöpfungskette muss dabei sein. Die Beherbergung ist nur ein Teil davon.

Zurück zur Politik: Gibt es noch weitere politische Anliegen?

Ein Thema ist die Berufsbildung. Wir wollen dort gleich lange Spiesse. Uni- und Fachhochschulabsolventen werden nicht gleichbehandelt. Für die Hotellerie ist es sehr wichtig, dass die Berufsbildung stark bleibt.

Auf der Tertiärstufe kennen wir sowohl den Weg über die Höhere Berufsbildung als auch über die Fachhochschule. Beide sind wichtig, und beide gilt es wertzuschätzen, nicht als «entweder-oder» sondern als «sowohl-als auch».

Es ist frustrierend, wenn Drittstaatenangehörige, die sich an einer schweizerischen Hotelfachschule bestens für den schweizerischen Arbeitsmarkt qualifiziert haben, nicht rekrutiert werden können, weil sie ein Diplom HF haben und keinen Hochschulabschluss.

Ebenfalls gleich lange Spiesse verlangt Hotellerie Suisse bei Krediten durch die SGH für Stadt und Land/Berghotellerie. Die Erweiterung dieses Perimeters soll nicht auf Kosten der Land/Berghotellerie stattfinden, dafür muss der finanzielle Rahmen erweitert werden.

Interview: Angelo Heuberger, Monica Jeggli


Das vollständige Interview mit Martin von Moos erscheint in der aktuellen Print-Ausgabe des MICE-tip am 10. April.