Veranstaltungsverbot: Vollbremsung bei Tempo 200

Die Firma Habegger aus Regensdorf musste über 300 Absagen oder Verschiebungen von Veranstaltungen hinnehmen.
©Habegger AG

Normalerweise würden bei der Firma Habegger in Regensdorf die Vorbereitungen für das UEFA Champions League Finale, die Eishockey-WM, Musikfestivals oder für die unzähligen Generalversammlungen auf Hochtouren laufen. Frühling ist Hochsaison in der Veranstaltungsbranche. 2020 ist allerdings alles anders. «Das Veranstaltungsverbot durch das Coronavirus fühlte sich für uns an wie eine Vollbremsung bei Tempo 200 und leider werden wir wohl noch länger keine Entspannung spüren», erklärt Jürg Schwarz, CEO der Habegger AG. Der international tätige Dienstleister für Live-Kommunikation musste in den vergangenen Wochen über 300 Absagen oder Verschiebungen von kleineren und grösseren Veranstaltungen hinnehmen. Die Folge: Einbussen von bis zu 40% des Jahresumsatzes und Kurzarbeit für die rund 130 Angestellten. Doch die Krise einfach aussitzen – das möchte und könne das KMU aus dem Zürcher Unterland nicht.

Turbo-Boost für die Digitalisierung

«Durch die Corona-Auszeit hat sich das virtuelle Treffen – die Möglichkeiten von digitalen Tools – in ganz neuem Licht gezeigt. Die Business-Welt erkennt durchaus Vorteile in der Digitalisierung von Events», so Schwarz. Die Firma Habegger hat sich bereits vor der Corona-Krise mit der Digitalisierung von Veranstaltungen beschäftigt. Davon profitieren nun bestehende und potenzielle Kunden. So konnten Generalversammlungen ohne die physische Anwesenheit der Aktionäre stattfinden. Mittels Streaming wurden die für die Zielgruppe aufbereiteten Inhalte live ausgestrahlt.

Jürg Schwarz, CEO Habegger AG
Live-Stream-Studio

Im Auftrag von Kunden werden im eigenen Livestream-Studio in Regensdorf (Bild) Presseveranstaltungen, Mitarbeiterinformationen, Kundenevents und Konferenzen mit internationalen Liveschaltung abgehalten. Anfragen für die Austragung von Kongressen und auch Alternativen für Messeauftritte stehen an. Schwarz: «Das Wichtigste für uns ist, dass ein digitaler Event einem Live-Erlebnis nahekommt. Hierzu braucht es mehr als eine Kamera und einen Webstream.» Das Zusammenspiel zwischen Inhalt, dramaturgischen Mitteln und Interaktion mit dem virtuellen Publikum sei unerlässlich, um die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu gewinnen und sie schliesslich zu Markenfans zu machen.

Reale und virtuelle Welt vermischen sich

Habegger geht davon aus, dass die Digitalisierung auch nach der Aufhebung des Veranstaltungsverbots ein Thema bleiben wird. «Die Digitalisierung bietet Veranstaltern die Möglichkeit, vor und nach dem Live-Event mit der Community zu interagieren. Events könnten durch eine zusätzliche digitale Übertragung eine höhere Wertschöpfung erzielen und neue Geschäftsmodelle eröffnen», sagt Jürg Schwarz. Ähnlich wie im Sport-Pay-TV könnten Events zusätzlich kostenpflichtig an ein virtuelles Publikum ausgespielt werden. Durch die Masse der digitalen Teilnehmer würde der physische Event mitfinanziert werden. Schwarz: «Stellen Sie sich vor, Sie könnten für nur CHF 5.- an einer Konferenz teilnehmen, an der Elon Musk referiert. Digital und vom Sofa aus. Verlockend, nicht?» Eine Krise sei auch immer eine Chance für die Branche, um sich weiterzuentwickeln. Nichtsdestotrotz bleibe der physische Event unersetzlich. «Die Menschen haben ein grosses Bedürfnis nach gemeinsamen, physischen Erlebnissen.

Die Emotionen, welche die kreischenden Zuschauer erzeugen – das lässt sich nicht in die virtuelle Welt übertragen», ist sich Schwarz sicher. So werden Live-Veranstaltungen infolge Corona nicht verschwinden, aber vielleicht werden sie zusätzlich etwas digitaler. (MICE-tip)