«Ich bin inhaltgetrieben, kein Glamour Girl»

Die Radio- und TV-Moderatorin Monika Schärer produziert auch eigene Filme und kann für Moderationen gebucht werden.
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Frau Schärer, man kennt Sie durch Ihre langjährige Bildschirmpräsenz am Schweizer Fernsehen. Ist das noch immer Ihre Haupttätigkeit?

Nein, Fernsehen mache ich nur noch sporadisch. Im März war es z.B. die Verleihung des Schweizer Filmpreises. Weitere TV-Projekte gibt es im Moment keine. Ich habe drei Standbeine: Ich bin zu meinen Ursprüngen, dem Radio, zurückgekehrt und moderiere auf SRF2 die Kultursendung Kontext. Das macht 30% meines Arbeitspensums aus. Das Medium und die Leute gefallen mir, ich fühle mich beim Radio echt zu Hause.

Zusammen mit meinem Mann habe ich seit 2011 die Produktionsfirma Topicfilm. Er ist mehr für den kommerziellen Teil, also Corporate- und Werbefilme zuständig. Ich widme mich mehr dem Dokumentarfilm. Einerseits bekommen wir Aufträge vom Fernsehen, andererseits gelangen wir mit Ideen ans Fernsehen und realisieren diese dann in einer Co-Produktion.

Das dritte Standbein sind die Moderationen. Ein extrem bereichernder Teil meiner Tätigkeiten. Man ist zwar abhängig vom Auftraggeber, aber es macht viel Spass, in neue Welten einzutauchen und sich mit neuen Themen auseinanderzusetzen. Sei es z.B. eine Tagung über Lean-Management am Universitätsspital Zürich oder um touristische Belange am Alpenforum.

Machen Sie lieber Radio oder Fernsehen?

Man kann es nicht vergleichen. Die etwas jüngere Generation, etwa Nik Hartmann oder Mona Vetsch, haben den idealen Zeitpunkt erwischt und machen beides, eine gute Kombination. Bei einer TV-Sendung wirkt ein ganzes Team mit, da ist es schön, im Radiostudio wieder mal eine Sendung ganz alleine zu machen. Beim Radio macht man vieles in Eigenregie. Ich konzentrierte mich damals voll aufs Fernsehen, da ich mich nicht nur als Moderatorin, sondern auch als Redaktorin einbrachte. Der Zeitaufwand war dadurch ungleich höher.

Vermissen Sie eine aktivere Bildschirmpräsenz nicht?

Nein, ich kann ganz gut ohne leben. Ich habe mal meine Kolleginnen und Kollegen beim Fernsehen interviewt und die Aussagen im Buch «Wir Süchtigen von Leutschenbach» zusammengefasst. Da zeigte sich, dass es einige gibt, die sich einen Alltag ohne Bildschirmpräsenz kaum vorstellen können und Mühe haben, sich abzunabeln. Ich gehöre definitiv nicht dazu.

Sie haben die Topicfilm erwähnt, kann man davon leben?

Topicfilm ist die älteste Filmproduktions-Gesellschaft der Schweiz. Sie wurde in den 60er-Jahren von den Inhabern der Advico Werbeagentur gegründet, als Inhouse- Produktionsfirma für Werbefilme. Nach der Übernahme haben wir im Archiv u.a. den Werbespot für den Bic-Kugelschreiber entdeckt, einer der ersten Werbespots am Fernsehen, ein wahrer Klassiker. Die kommerziellen Aufträge brauchen wir, um uns auch den künstlerischen Produktionen widmen zu können. Es ist definitiv ein hartes Pflaster und der Kuchen wird nicht grösser.

Gibt es ein Radio- oder Fernsehformat, das Sie unbedingt einmal entwickeln oder moderieren möchten?

Wir sind mit einem Fuss auch in Johannesburg zu Hause, wo wir ein altes Haus gekauft und renoviert haben. In diesem Zusammenhang und aufgrund der politischen Diskussionen in der Schweiz scheint mir das Thema Toleranz ganz wichtig. Wir sollten mehr in andere Welten hineinschauen, merken, dass es andere Menschen gibt, die nicht böse oder unsere Feinde sind, nur weil man sie nicht versteht oder ihre Welt nicht kennt. Ein solches, nennen wir es moralisches Format, wäre nötiger denn je und würde mich interessieren.

Die Welt zu entdecken, scheint eines Ihrer Steckenpferde zu sein. Was bedeutet Ihnen Reisen?

Durch «einfachluxuriös» bin ich fast ein wenig «versaut» worden. Ich hatte das Privileg, viel zu reisen und zwei Sendungen selber zu produzieren. Durch die Vorbereitungen, das Einlesen und die Schaffung von Kontakten vor Ort taucht man bei der Ankunft einfach in die Destination ein und erlebt alles ganz anders und intensiver als der Durchschnittstourist. Ich hatte sofort den Kontakt zur lokalen Bevölkerung und wurde an Insiderorte geführt. Das ist die Basis von spannenden und ungewöhnlichen Geschichten abseits der ausgetrampelten Pfade.

Ich tue mich deshalb schwer, auf normale Art zu reisen. Statt immer wieder neue Ziele zu besuchen, kehre ich oft gerne an Orte zurück, um noch tiefer in sie einzutauchen und der Faszination dieser Länder oder Regionen noch mehr auf die Spur zu kommen. So ergeht es mir und meinem Mann nun wie bereits erwähnt mit Johannesburg. Die Region fasziniert uns und sie ist zur zweiten Heimat geworden.

Man kann Sie auch für Moderationen buchen. Nach welchen Kriterien sagen Sie einem Engagement zu?

Ich bin ein inhaltgetriebener Mensch und nicht das Glamour Girl, eigne mich also nicht unbedingt für Gala-Abende. Ich habe eine hohe Affinität für Kultur, Architektur und Tourismus. Ich möchte mit Menschen ein Gespräch führen und nicht einfach eine Preisverleihung moderieren. Was ich mitbringe, ist ein extrem grosses Gespür für Dramaturgie. Das merke ich immer wieder. Einen Eventablauf zu gestalten oder eine Bühne zu bespielen, ist nicht so einfach, wie man oft meint. Alle Abläufe müssen stimmen, das Licht, woher jemand kommt, wie man sich am besten aufstellt und vieles mehr sind Faktoren, die letztlich das Gesamtbild ergeben und für den Erfolg mitentscheidend sind.

Darum ist es mir so wichtig, dass ich möglichst früh in die Planung miteinbezogen werde und meinen Input und mein Wissen einbringen kann. Wir kosten ja etwas, darum bin ich gerne bereit, meine professionellen Erfahrungen beizusteuern und mir für das Vorgespräch genügend Zeit zu nehmen. Mein Know-how stelle ich gerne zur Verfügung, ich mache ja auch Coaching für Moderationen.

Was sind für Sie die Eckpfeiler einer guten Moderation?

Zuerst soll man prüfen, ob die Firma oder das Thema zu einem passen. Wenn man unsicher ist, sollte man besser absagen. Dann muss man sich mit der Thematik auseinandersetzen und mit den Menschen, die dahinter stehen. Es geht darum, die DNA einer Firma zu spüren, die Softnews aufzunehmen und zwischen den Zeilen zu lesen, um auch nachfragen zu können.

Man sollte wissen, was der Auftraggeber transportieren will und wer im Publikum sitzt. Vor allem aber sollte man sich nicht so wichtig nehmen. Es geht nicht um mich. Der Auftraggeber steht im Mittelpunkt, ich muss nur meinen Job gut machen. Ich bin die Botschafterin meines Auftraggebers und will dessen Ansprüche erfüllen. Das alles ist sehr anspruchsvoll und man muss sich immer wieder fragen, ob man fit genug dafür ist.

Welche Pläne oder Visionen haben Sie noch für die Zukunft?

Beim Radio habe ich ein klares Pensum und die Slots im Standbein Moderationen füllen sich auch kontinuierlich. Bei Topicfilm, dem dritten Standbein, gibt es noch Luft. Da möchte ich gerne einige Projekte an Land ziehen oder aufschienen. Da wir uns in Johannesburg sehr wohl fühlen und den Alltag links und rechts hautnah mitbekommen, könnten wir uns mittel- oder längerfristig auch eine zweiteilige Lebensform vorstellen. Einerseits hier reduziert weiterzuarbeiten und andererseits in Südafrika im NGO- oder Sozialbereich etwas zu machen.  www.frontfrau.ch


Monika Schärer

Die Kultur- und Reisemoderatorin Monika Schärer arbeitet seit 1989 für Radio und Fernsehen, sowohl vor als auch hinter dem Mikrofon und der Kamera. So moderierte sie u.a. bis 2000 das Kulturmagazin «neXt» beim Schweizer Fernsehen, gefolgt vom Reisemagazin «einfachluxuriös ». Sie war am Aufbau von «Glanz & Gloria» beteiligt und wirkte im Team von «Einstein » mit. Im April 2011 übernahm sie zusammen mit ihrem Mann Christian Rösch Topicfilm, eine der ältesten Filmproduktionsfirmen der Schweiz. 2012 realisierte Schärer in Alaska ihren ersten Dokumentarfilm «Rousseaus Kinder» über eine Schweizer Auswandererfamilie für das Schweizer Fernsehen, der am Anchorage International Film Festival ausgezeichnet wurde. Auf SRF2 moderiert sie die Kultursendung «Kontext». Daneben ist sie regelmässig im Einsatz als Moderatorin, Sprecherin und Podiumsleiterin für kulturelle und gesellschaftspolitische Themen und man kann sie als Coach für Auftrittstrainings engagieren.

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