«Das Reisebüro, bei dem ich gebucht hatte, ging Konkurs»

Mitte-Ständerat Erich Ettlin erklärt, warum er eine Staatsgarantie für die Kundengeldabsicherung fordert.
Erich Ettlin, Ständerat die Mitte, Obwalden ©Erich Ettlin

Das neue Gebührenmodell des Garantiefonds der Schweizer Reisebranche hat es an den Tag gebracht: Der grösste Kundengeldabsicherer der Branche steht auf finanziell wackligen Beinen und braucht mehr Geld, um eine allfällige Welle von Insolvenzfällen abzudecken.

Die Kundengeldabsicherungen der Schweizer Reisebranche sollen deshalb vom Bund abgesichert werden, bis er selber wieder genügend Reserven hat um allfällige Reisebüro-Insolvenzen gemäss Pauschalreisegesetz aufzufangen. Dies hat der Obwaldner Mitte-Ständerat Erich Ettlin mit einer Motion gefordert. Er stellt sich eine Staatsgarantie oder Bürgschaft vor.

TRAVEL INSIDE hat beim Steuerexperten und Wirtschaftsprüfer nachgefragt, warum ihn das Thema beschäftigt und wie er die Chancen für seinen Vorstoss sieht.


Herr Ettlin, Sie wollen den Bundesrat beauftragen, eine befristete Absicherung für die Kundengeldabsicherung gemäss Pauschalreisegesetz. Wie sind Sie auf das Thema aufmerksam geworden?

Ich wurde über einen Freund auf das Thema angesprochen und in Kontakt mit den Verantwortlichen gebracht worden. Ich habe aber auch eine Schwägerin, die Inhaberin eines Reisebüros ist.

Befürchten Sie, dass Kundengeldabsicherungen insolvent werden könnten?

Gemäss den Verantwortlichen sollte das nicht geschehen, aber die “Kapitaldecke” ist durch die schwierige Corona-Zeit dünn geworden, so dass man gar nicht abwarten sollte, ob das überhaupt passiert, sondern vorsorglich eine Absicherung einbauen.

Warum soll der Staat eine gut funktionierende Kundengeldabsicherung der Privatwirtschaft absichern und nicht eine privatwirtschaftliche Rückversicherung?

Es geht nur um eine Überbrückungs-Absicherung, die vermutlich gar nie gebraucht wird. Das ist angesichts der Milliarden, die für andere Branchen effektiv ausbezahlt wurden eine sehr kluge und am Schluss kostengünstige Lösung. Es geht darum, die privatwirtschaftliche Kundengeldabsicherung am Leben zu halten und das lohnt sich am Schluss auch für den Staat.

Ist das finanzielle Debakel bei den Bürgschaften für die Hochsee-Reedereien nicht abschreckend für die Bürgschaftslösung?

Die Branche hat die Konsequenzen schon gezogen und das Finanzierungsmodell angepasst. Es wird also eine solide Basis geschaffen. Im Gegensatz zu den Bürgschaften bei den Hochsee-Reedereien geht es hier nur um eine Überbrückungsabsicherung, nicht um eine viel weitergehende Geschäftsfinanzierung.

Soll der Bund die Absicherung gratis leisten oder soll er eine Abgeltung dafür erhalten, und wenn ja, in welchem Umfang?

Es wäre gut, wenn der Bund – sollte die Motion angenommen werden – eine sinnvolle Lösung mit der Branche sucht, darin muss auch ein an die besondere Situation angepasstes Entschädigungssystem zur Sprache kommen. Es ist dabei aber zu beachten, dass andere Branchen grosszügig und ohne Kosten (Zinsen) bzw. sogar à fonds perdu entschädigt wurden.

Derzeit liegt das ganze Risiko wenn Reisen nicht vertragsgemäss durchgeführt werden können, wie während der Corona-Pandemie, bei den Reisebüros. Sehen Sie da Handlungsbedarf, das Pauschalreisegesetz im Sinne einer gleichmässigeren Risikoverteilung zwischen Reisebüro und Kunden anzupassen?

Die Anpassung des Pauschalreisegesetzes ist eine andere Geschichte. Dies sollte man nicht kurzfristig und alleine aufgrund der Corona-Pandemie angehen. Im Rahmen der “lessons learnt” aus der Pandemie wird der Bund sowieso eine generelle Rückschau vornehmen und dort Anpassungen vorschlagen, wo sie nötig erscheinen. Vielleicht gehört das Pauschalreisegesetz auch dazu.

Und bei den Airlines, die müssten doch auch eine Kundengeldabsicherung haben?

Das ist wieder eine andere Geschichte. Hier hat der Bund – angesichts der volkswirtschaftlichen Bedeutung – jeweils direkt unterstützt. Auch da gilt es im Rahmen der Rückschau die entsprechenden Schlüsse zu ziehen.

Wie haben Sie ihre mitunterzeichnenden Ratskollegen von FDP und SVP von der Motion überzeugt?

Die Problematik ist offensichtlich, so viel Überzeugungsarbeit brauchte das nicht.

Waren Sie schon einmal von einem Reisebüro- oder Airline-Konkurs betroffen?

Ja, ich habe das selber erlebt, in den Nuller-Jahren ging das Reisebüro, bei dem ich eine Übersee-Reise gebucht hatte, in Konkurs. Alles hat dann bestens geklappt, ich konnte die Reise ohne Einschränkungen machen.

Wie hoch schätzen Sie die Chancen Ihres Vorstosses im Parlament ein?

Ich glaube, die Chancen sind intakt. Das Ziel ist ja, dass wir nur absichern, aber im Normalfall gar nie Geld sprechen müssen. Es ist quasi Hilfe zur Selbsthilfe, das Beste, was der Bund machen kann.

Interview: Christian Maurer