Impulspapier zeigt Perspektiven für Stadthotellerie auf

Profis aus Hotellerie, Tourismus und Wissenschaft erarbeiteten auf Einladung von Hotellerie Suisse ein Impulspapier.

Die Stadthotellerie und der Geschäftstourismus sind von der Coronakrise weitaus stärker betroffen als die Ferienhotellerie. Der Geschäftsreiseverkehr und das MICE-Geschäft sind komplett eingebrochen und eine mögliche Erholung liegt in weiter Ferne.

Der Rückgang bei den Logiernächten in den grossen Städten betrug je nach Monat zwischen 65 und 90 Prozent. Eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau wird wohl erst 2023 möglich sein.

Gleichzeitig wird das Zimmerangebot nach wie vor ausgebaut, was den Druck auf die bereits stark gebeutelte Städtehotellerie weiter erhöht. Treiber sind unter anderem Kettenhotels und internationalen Brands, die entweder neu in den Schweizer Markt eintreten oder ihr Portfolio an neuen Standorten vergrössern.

Auch die Gästebedürfnisse ändern sich, da sich die Geschäftstätigkeiten durch Digitalisierung und Hybridisierung in den letzten 18 Monaten enorm veränderten. Der Geschäftstourismus und das MICE-Geschäft werden wahrscheinlich nie mehr im gleich Umfang zurückkehren. Bisher standen vor allem die Sofortmassnahmen zur Absicherung der Liquidität und das Überleben der Betriebe im Zentrum. Nun geht es darum, Perspektiven zu schaffen und mögliche Wege aus der Krise aufzuzeigen.

Impulspapier soll Perspektiven aufzeigen

Im Rahmen von zwei Workshops wurden Trends und Thesen zur zukünftigen Entwicklung des Städtetourismus diskutiert und daraus Handlungsempfehlungen sowie konkrete Massnahmen abgeleitet, diskutiert und validiert. Die Erkenntnisse sollen Denkanstösse liefern und aufzeigen, wie sich Betriebe im Städte- und Geschäftstourismus neu positionieren könnten, um der sich ändernden Nachfrage Rechnung zu tragen.

Die wichtigsten Erkenntnisse lassen sich in vier Kategorien zusammenfassen:

1. Gästesegmente

  • Bleisure (Business in Kombination mit Leisure) war und bleibt relevant. Das Potenzial in den Städten ist vorhanden, muss aber noch besser genutzt werden
  • Leisure-Gäste haben höhere Ansprüche an das Hotel und die Destination, tragen aber dazu bei, die einseitige Abhängigkeit vom Geschäftstourismus zu reduzieren und die Auslastung über das Wochenende zu erhöhen.

Das MICE-Geschäft wird sich nachhaltig verändern. Mehr Kreativität im Angebot, aber auch ein höherer Digitalisierungsgrad in den Betrieben ist gefordert.

2. Geschäftsmodelle Hotels

  • Das Angebot muss vermehrt auf die Bedürfnisse der Leisure-Gäste ausgerichtet werden.
  • Hotelräumlichkeiten können modular genutzt werden. So können öffentliche Räume beispielsweise durch Shops oder Einrichtung von Coworking-Spaces belebt werden. Auch die Umwandlung von Zimmern zu Longstay-Apartments kann Sinn machen.
  • Die Integration des Hotels ins Stadt- und Quartierleben steigert die Attraktivität für Gäste und Einheimische – so kann auch mehr Laufkundschaft angesprochen werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Hotels für ein gesundes Ökosystem in einem Quartier systemrelevant sind.
3. Destination
  • Pauschalangebote im Leisure-Bereich sind in den Städten weniger gefragt.
  • Die Gäste erwarten vor Ort ein vielfältiges Angebot (in der Stadt und der Region), das sie spontan nutzen können. Dieses wollen sie digital suchen und einfach buchen können. Deshalb sind digitale, destinationsübergreifende Lösungen gefragt.
  • Die Destinationen stehen in der Verantwortung, damit zukünftig entsprechende Angebotsnetzwerke aufgebaut und zur Verfügung gestellt werden können.
  • Im Sinne der Nachhaltigkeit hat die Schweiz grosses Potenzial, sich als Boutique-MICE-Destination zu positionieren und kleinere, hochwertigere und wertschöpfungsintensivere Events anzusprechen.
4. Übergreifender Handlungsbedarf
  • Die Coronakrise hat gezeigt, wie schnell sich die Rahmenbedingungen verändern können. Deshalb braucht es eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes oder neue Arbeitsmodelle.
  • Die Krise hat den Fachkräftemangels verstärkt und das Image der Branche hat gelitten. Aus diesem Grund zählen Imagekampagnen und Nachwuchsmarketing in den nächsten Jahren zu den wichtigsten Aufgaben der Verbände.
  • Die Förderinstrumente des Bundes müssen überdacht werden. In Zukunft müssen sich diese vermehrt auf den Städte- und Geschäftstourismus ausrichten.
Schlussfolgerung

Es gilt die vielen Chancen, die sich dem Städte- und Geschäftstourismus auch in Zukunft bieten, jetzt zu ergreifen. Einen einheitlichen Lösungsansatz kann es allerdings nicht geben. Jeder Betrieb und jede Destination muss einen eigenen Weg aus der Krise finden.

Bürgermeister führender urbaner Tourismusdestinationen trafen sich am 9. Juni 2021 in Porto, um den Städtetourismus im Zeitalter nach der Pandemie zu überdenken. Auch international machen sich die Städte also Gedanken für die Zeit nach dem Corona-Virus. Ihre Erkenntnisse haben die Teilnehmenden in der «Porto-Deklaration über Tourismus und die Zukunft der Städte» festgehalten.

Unter anderem wird darin festgehalten, dass das Wachstum des Städtetourismus Entwicklungschancen, aber auch Herausforderungen für die Städte schuf, um die ökologischen und soziokulturellen Auswirkungen und die Beziehung zwischen Besuchern und Gastgemeinden, Mobilität, Sicherheit und Menschenströmen zu managen. Die Vertreter*innen der teilnehmenden Städte und Destinationen haben sich auf nicht weniger als 14 Punkte geeinigt, mit welchen der Städtetourismus in eine nachhaltige und sozioverträgliche Zukunft geführt werden soll.

Sofortmassnahmen nach wie vor wichtig

Hotellerie Suisse begrüsst die überfälligen Anpassungen bei den Reiseregeln, denn die Schweiz wird dadurch für die Nahmärkte wieder attraktiv für touristische Aufenthalte. Auch geimpfte Gäste aus Drittstaaten können wieder einreisen.

Anstatt einer – wie von Hotellerie Suisse gefordert – national verbindlichen Regelung setzt der Bundesrat bei der Härtefallordnung auf kantonale Lösungen. Vor dem Hintergrund einer anhaltenden Nachfragebaisse im internationalen und geschäftlichen Reiseverkehr fordert Hotellerie Suisse ein angemessenes Engagement der Kantone. (MICE-tip)