Kanada ist auf dem Weg zurück

Optimismus auf dem Rendez-Vous Canada in Toronto, wie TRAVEL INSIDE-Reporter Wolfram Marx berichtet.
v.l.n.r: Liza Frulla, P.C., C.M., O.Q., Chair of the Board of Directors, Destination Canada; Randy Boissonnault, Canada's Minister of Tourism and Associate Minister of Finance, Maureen Riley, VP International at Destination Canada; Beth Potter, President and CEO of the Tourism Association Industry of Canada

Der Tourismus in Kanada hat das Coronatal gut überwunden und befindet sich wieder auf dem Weg nach oben. Die Zahlen bewegen sich auf einem guten Weg in Richtung des Niveaus von 2019, das in diesem Jahr zwar noch nicht erreicht wird, doch sie sind vielversprechend.

Die kanadische Touristikbranche hat wieder Mut gefasst und alle Beteiligten sehen sich in ihren Bemühungen, Ideen und Projekten bestätigt. Die Kunden danken es ihnen, viele von ihnen möchten die verlorenen zwei Jahre nach- und aufholen und wieder ins zweitgrösste Land der Welt mit seiner vielfältigen und unberührten Natur reisen.

Die gute Stimmung und der Optimismus waren auf der diesjährigen Reisemesse, dem Rendez-Vous Canada, der in Toronto stattfand, überall zu spüren. Nach zwei Jahren Pause gab es 2022 wieder eine Veranstaltung, an der Gäste auch virtuell teilnehmen konnten. Dabei zog es mehr als 700 Teilnehmer in diesem Jahr an den Ontario See, 170 von ihnen kamen als Einkäufer (primär aus dem Ausland), die Zahl der Termine in direkten Gesprächen lag bei über 48’000.

Nun müsse dies in Buchungen der Kunden umgesetzt werden, sagt Tourismus-und Finanzminister Randy Boissonnault. Es liege eine Menge Arbeit vor der Branche, daher sei eine umfassende Zusammenarbeit erforderlich.

Die Bedeutung der ausländischen Gäste müsse sich in der Strategie Kanadas zeigen. Dazu gehöre auch die Schweiz, stellt Maureen Riley, Vice President International bei Destination Canada, fest.

Bislang ist die Schweiz nur in der zweiten Kategorie der Quellmärkte eingestuft, noch sind keine konkreten Änderungen geplant. «Die Schweiz ist interessant für uns. Bezüglich Geschäftsreisen ist die Schweiz ein wichtiger Markt, nun geht es um den Urlaubssektor.» Das Land befinde sich auf dem Radar von Destination Canada, es gebe Möglichkeiten, zuerst gehe es um ein passendes Flugangebot.

Die Veranstalter sind zufrieden

In den deutschsprachigen Quellmärkten zeigen sich die Anbieter durchgehend optimistisch, wenn es auch im Land selbst einige Probleme gibt, die das Wachstum bremsen. Tobias Büttner, Chef des Nordamerikaspezialisten CRD, kann für Kanada eine bessere Entwicklung im Vergleich zu den USA vermelden. Bislang lägen die Buchungszahlen bei rund 80% den Niveaus des Vor-Coronajahrs 2019, das entscheidende Bezugsjahr.

SK Touristik sei immer noch mit Fällen von 2019/20 beschäftigt, berichtet Geschäftsführer Rainer Schoof, doch gebe es in diesem Jahr eine sehr grosse Nachfrage. Alle befänden sich auf dem Weg zurück, doch ein grosses Problem stellten die fehlenden Fahrzeuge im Mietwagen- und Camperbereich dar. «So etwas habe ich in den vergangenen 30 Jahren noch nicht erlebt.» Eine Situation, die Florian Renner, Nordamerika-Chef von FTI, wie alle anderen Veranstalter, uneingeschränkt bestätigt.

Deckungsgleich ist bei allen anderen auch die Buchungssituation. Nach einem langsamen Einstieg im Januar, haben sie in den folgenden Monate durchgehend und deutlich zugelegt. «Es geht täglich nach oben und es gibt einen Trend zu Last-Minute-Buchungen.» Auch bei Hotelplan Suisse sind die Verantwortlichen für Kanada mit der bisherigen Entwicklung in diesem Jahr zufrieden. «Kanada läuft bislang sehr gut, wir sehen eine ständige und stetige Zunahme der Buchungen», zieht Valentina Gril, Lead Product Manager Kanada bei Travelhouse, ein positives Zwischenfazit für die laufende Saison.

Die Entscheidung der kanadischen Regierung, die Testpflicht bei der Einreise zum 1. April aufzuheben, habe noch einmal zu einem Schub an Kanada-Buchungen geführt. «Wir spüren nun aber den Nachholbedarf für Reisen nach Kanada und sind mit dem Buchungseingang on track, jedoch noch nicht auf dem Niveau von 2019», so Gril.

Fehlende Kapazitäten als Knackpunkte

Das Hauptproblem für ein stärkeres Annähern an 2019 bilden für alle Beteiligten die fehlenden Kapazitäten. In den Hotels fehlt Personal, die nationale Tourismusorganisation Destination Canada, setzt die Zahl der nicht besetzten Arbeitsplätze in der Branche bei rund 170’000 fest, was einer Quote von 10% aller touristischen Jobs entspricht. «Es ist ein schwieriges Jahr», erklärt Caroline Behrends von TUI.

«Das Problem sind die Verfügbarkeiten, was aber wiederum stark von den jeweiligen Regionen abhängig ist. Es gibt immer noch einen starken inländischen Markt.» Die regionale Abhängigkeit nennt auch Philipp Detmer von Dertour. Die Stadthotels wiesen die Kapazitäten oft auf, dagegen seien Ort wie Tofino auf Vancouver Island am Limit, da gebe es auch keine Ausweichmöglichkeiten.

Anja Meier, Leiterin von Nordamerika von Knecht Reisen, setzt auf die Flexibilität beim Routing der Reisen. Schwierig seien die Buchungen von kleineren Lodges. Bei den Hotels gebe es immer wieder Einschränkungen bei den verfügbaren Zimmer wegen fehlender Mitarbeiter oder Renovierungsarbeiten, die während Corona gestartet wurden. «Hier sollten Veranstalter und Kunden Flexibilität mitbringen.» Bei den Mietwagen verfügten diverse Vermieter 2022 über kleinere Flotten, eine weitere Einschränkung bilde der Wegfall der Einwegmieten bei einigen Vermietern, gibt Gril zu bedenken.

Tilo Krause-Dünow von Canusa ist aber zuversichtlich, dass es im nächsten Jahr nach oben geht, denn dann werde es sich im Bereich der Mietwagen entspannen. Er nennt aber das Problem der zu niedrigen Kapazitäten auch bei den Airlines. So hätten beispielsweise British Airways und Eurowings Discover immer wieder Flüge gestrichen. «Das ist eine völlig neue Situation», meint er. Schwierigkeiten sehen aber alle auch 2023 bei den Wohnmobilen, denn hier fehlten neue Modelle und es sei davon auszugehen, dass ihre Zahl im nächsten Jahr wegen der diversen Probleme in dieser Industrie nicht besonders stark anwachsen werde.

Gril erwartet aufgrund der schwierigen externen Bedingungen momentan auch keine Veränderungen und eine Entspannung der Situation. Rupert Peters, Regional Managing Director Destination Canada, spricht von einer «delikaten» Situation. Bislang seien nur 40% von 2019 erreicht.

Entwicklung zu einer dynamischen Preisbildung

Ein weiteres Phänomen, mit dem sich die Touristik in diesem Jahr auseinandersetzen muss, ist die Preisentwicklung. In Kanada kommt es 2022 zu einer dynamischen Preisbildung. Kunden sollten sofort buchen, denn der Preis könne sich innerhalb kürzester Zeit nach oben und unten bewegen, lautet der Tipp von Philipp Detmer. Es handele sich um eine Situation, wie es sie im Flugsektor seit mehr als 20 Jahren gebe. Sie sei dort akzeptiert, das müssten die Kunden auch hier umsetzen.

Die Dynamik spiele mittlerweile eine grosse Rolle, ergänzt FTI-Mann Renner. «Hier kann es zu grossen Unterschieden – in beide Richtungen – kommen und dies auch innerhalb sehr kurzer Zeit», erklärt Valentina Gril. Veranstalter müssten verstärkt mit Optionsbuchungen arbeiten, wie sie es aus den USA gewohnt seien, ergänzt Meier.

Wolfram Marx, Toronto