Opinion: Ist was sich Hotels erlauben wirklich eine Frechheit?

FTI-Kunden müssen vor Ort die Übernachtungen nochmals zahlen. Was läuft da falsch?
Hans-Peter Brasser, Senior Correspondent @TRAVEL INSIDE

Gemäss dem Pauschalreisegesetz muss die Kundengeldabsicherung, im aktuellen Fall des Konkurses von FTI, für Kunden die die Reise bereits angetreten haben, nur die Rückreise sicherstellen bzw. deren Kosten übernehmen.

Hotelleistungen und andere Leistungen vor Ort, selbst wenn sie Bestandteil des Pauschalreisepakets sind, sind nicht versichert. Dies bestätigt Fürsprecher Rolf Metz in seinem Blog ‘Travelius’ vom 13. Juni 2024.

Eine Gesetzeslücke

Ob diese Lücke bei der Einführung des Pauschalreisegesetz im Jahr 1993 beabsichtigt oder versehentlich entstand, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Der Deutsche Reisesicherungsfonds und der Garantiefonds der Schweiz haben diese Lücke jedenfalls erkannt und erstatten die Kosten des Aufenthalts, für den Fall, dass der Reisende vom Hotel nochmals zur Kasse gebeten wird.

Eine Frechheit?

In diesem Zusammenhang äusserte sich Marco Amos, Geschäftsführer des Garantiefonds, in einem Interview mit der «Sonntagszeitung» vom 9.6.2024: «Was sich die Hotels erlauben, ist eine absolute Frechheit. Ein Hotel, das mit einem Reiseveranstalter eine nachträgliche Bezahlung vereinbart, ist schlicht weg selber schuld und soll sich bei der Konkursmasse bedienen.»

Dies entspricht aber leider nicht den Realitäten der Touristik. Tatsächlich sichern sich Reiseveranstalter in der Grössenordnung von FTI mit hohen Vorauszahlungen über mehrere Jahre Zimmerkontingente und teilweise auch als Exklusivität. Dies gilt aber nur für das Kernprodukt, die sogenannten ‘Castles’, nicht aber für die vielen hundert Hotels im Angebot, die das Produkt des Veranstalters ergänzen und vielfach dynamisch über DMC und Bettenbanken eingekauft und paketiert werden.

Möglicherweise müssen auch bei diesen Hotels gewisse Sicherheiten im Gegenzug für eine Zahlung nach Rückreise des Gastes, mit Zahlungsfristen von bis zu 60 Tagen, hinterlegt werden. Diese decken aber nur einen Teil des Volumens ab.

Im Moment der Insolvenz des Veranstalters ist das Hotel also bereits mit Ausständen für Aufenthalte der vergangenen Wochen konfrontiert und hat, wie im Blog ‘Travelius’ beschrieben, ein Leistungsverweigerungsrecht. Entsprechend verlangt es von den sich im Haus befindenden Gästen die nochmalige Zahlung des Aufenthalts.

Jeder Hotelier weiss, dass er  als Leistungsträger im Falle eines Konkurs im Kollokationsplan weit hinten eingereiht ist und die Chancen, auch nur einen kleinen Teil des Guthabens aus der Konkursmasse zu bekommen, äusserst gering sind.

Noch schwieriger aus der Konkursmasse etwas zu bekommen und auch mit Kosten verbunden, ist es für Leistungsträger ausserhalb der EU, wie z.B. türkische, ägyptische oder tunesische Hotels. Deswegen ist es verständlich, dass Hotels die Kosten des Aufenthalts in einem solchen Fall von den Gästen einfordern.

Hans-Peter Brasser