Türkei-Testreise: «Auch der Gast muss sich verantwortungsvoll verhalten»

Interview mit Songül Göktas-Rosati, Geschäftsführerin Bentour Reisen.
Songül Göktas-Rosati,Geschäftsführerin Bentour Reisen

Songül Göktas-Rosati, wie haben Sie sich gefühlt, als sie nach drei Monaten endlich wieder in die Türkei reisen konnten?

Das war ein absolut emotionaler Moment! Schon vor dem Abflug war ich enorm nervös, war ich doch schon so lange nicht mehr in der Türkei. Als ich in Antalya aus dem Flugzeug stieg und endlich wieder türkischen Boden betreten durfte, hat mein Herz ganz stark geschlagen.

Die Erwartungen in Bezug auf den Tourismus in der Türkei waren Anfang Jahr noch so vielversprechend. Und dann kam die Corona-Krise.

Tatsächlich wären für das Jahr 2020 alle Voraussetzungen für ein Rekordjahr gegeben gewesen. Nach eher schwierigen Jahren war die Recovery für das Jahr 2018 bereits gegeben. Die Türkei hatte in den letzten Jahren auch entsprechend viel unternommen, damit der Tourismus wieder in die Gänge kommt. Für dieses Jahr wären 50 Millionen internationale Gäste das Ziel gewesen. Auch die Prognosen bei Bentour waren verheissungsvoll. Anfang Jahr bewegten sich die Pluszahlen bereits im zweistelligen Prozentbereich. Und dann wurden wir im März von der Corona-Krise überrollt.

Wie ist Bentour mit dieser Krise umgegangen?

Glücklicherweise hat unser CEO Deniz Ugur die Zeichen sofort erkannt. Sein oberstes Ziel war stets, die Liquidität hochzuhalten. Hierfür fuhren wir unsere Kosten runter und tauschten uns intensiv mit unseren Partnern, den Leistungsträgern und Airlines aus. Zudem wurde Bentour seitens des Staates ein über fünf Jahre laufender Covid-19-Kredit gewährt, der auch langfristig die Liquidität sichert.

Besonders schwer gestaltete sich jedoch die weitere Planung. Plötzlich war nichts mehr planbar. Die Hände waren uns gebunden und wir beschränkten uns, nur noch auf Sicht zu planen. Was uns in all dieser Zeit jedoch viel Mut machte, war das Verhalten der Türkei. Der türkische Staat handelte sehr schnell und ergriff sofort alle möglichen Massnahmen. Unsere Beobachtungen haben dann auch sehr schnell gezeigt, dass diese Massnahmen in Bezug auf Sicherheit und Hygiene weit fortgeschritten sind. Das Land bemühte sich umgehend um internationale Zertifizierungen. Diese werden konsequent umgesetzt und eingehalten.

Und wie gut ist es der Türkei per Stand heute gelungen, die Umsetzung der Massnahmen zu vollziehen?

Wenn ein Land flexibel ist und in der Umsetzung von Massnahmen ziemlich schnell reagieren kann, ist es die Türkei. Das hat uns der Türkei Tourismus bereits in den letzten 30 Jahren bewiesen. Wir sind ein trainiertes, robustes und krisenerfahrenes Land. Die Türkei ist sehr flexibel und anpassungsfähig und ein stück weit auch «Stehaufmännchen». Die Hoteliers haben gelernt, mit Krisen umzugehen und sie können sich sehr schnell anpassen.

Was ist denn der Grund dafür, dass Deutschland für die Türkei eine Reisewarnung herausgegeben hat?

Diese Warnung macht mich sehr traurig, es ist nicht fair! Denn es gibt wirklich keinen Grund, diese Warnung auszusprechen. Unsere Fallzahlen sind im Vergleich mit anderen europäischen Ländern teilweise um ein zehn- bis zwanzigfaches tiefer. Ich kann natürlich nicht verleugnen, dass in mir zwei Herzen schlagen, als Deutsch-Türkin. Deutschland hat 81 Millionen Einwohner, die Türkei verfügt über die doppelte Fläche mit der gleichen Einwohnerzahl.

Die Weitläufigkeit der Türkei ist deshalb definitiv ein USP! Der Strand bietet viel Platz. Es gibt grosse Hotel-Anlagen aber auch kleine Boutique-Hotels, das Land hält für jede Zielgruppe etwas bereit. Wichtig zu wissen ist auch, dass die Hygienestandards in den Hotels schon immer sehr hoch waren. Wir können unseren Gästen insgesamt eine sehr hohe Qualität garantieren. Ich frage mich deshalb, wo man sich denn sicher und wohl fühlen soll, wenn nicht in der Türkei? Und die Verantwortung trägt ja nicht immer nur der Gastgeber allein, auch der Gast muss sich verantwortungsvoll verhalten.

Einer Reise in die Türkei steht demnach nichts entgegen?

Die Verantwortung, die wir als Reiseveranstalter übernehmen, ist uns bewusst. Meiner Meinung nach hat die Türkei das Prädikat «wertvoll» verdient. Die Situation, die ich hier persönlich vor Ort angetroffen habe, beruhigt mich sehr und macht mich auch glücklich. Ich denke, das Ziel unserer Inforeise ist erfüllt. Unsere Agenten konnten sich während der letzten vier Tage selber ein Bild davon machen, dass die Türkei die Schutzmassnahmen konsequent umsetzt. Die Hoteliers und Leistungsträger haben sich sehr authentisch präsentiert. Wir meinen, das Land verdient definitiv eine Chance!

(Interview: Monika Zeller)