Bundesrat peitscht Härtefall-Verordnung in 10 Tagen durch

Die Vernehmlassung dauert nur bis zum 13. November, Anfang Dezember soll sie in Kraft sein. So kann die Hilfe noch vor Weihnachten kommen.
Bundesrat Ueli Maurer © Monika Flueckiger

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 4. November 2020 die Verordnung über Härtefallmassnahmen in Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie in die Vernehmlassung geschickt und damit die Eckdaten für die Unterstützung kantonaler Programme durch den Bund festgelegt. Wegen der Dringlichkeit und gegen den anfänglichen Widerstand der Kantone dauert die Vernehmlassung lediglich 10 Tage bis zum 13. November statt der üblichen drei Monate.

Damit ist der Weg frei für eine rasche Umsetzung der Hilfe, von der auch Reisebüros als Härtefälle profitieren sollen: Auf den 1. Dezember soll die Verordnung in Kraft treten. Die Kantone können also schon vor Weihnachten reagieren und Unterstützungen in die Wege leiten. Die Kantone müssen teilweise noch eigene Rechtsgrundlagen beschliessen und können dann die Gesuche im Einzelfall beurteilen. Der Bund wird sich an kantonalen Massnahmen, die unter dem Covid-19-Gesetz von Ende September ausgerichtet werden, wie vorgesehen zur Hälfte beteiligen.

Mindestvoraussetzungen für Unterstützung

Der Verordnungsentwurf des Bundesrats sieht vor, dass die Kantone die Unternehmen unterstützen können, welche die im Gesetz erwähnten Mindestvoraussetzungen erfüllen. Der Bundesrat ist bereit, die Definition der Härtefälle noch einmal zu prüfen und je nach der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung anzupassen. Sollte daraus eine Gesetzesanpassung resultieren, könnte diese dem Parlament dringlich im Dezember unterbreitet werden.

Die Unterstützung setzt voraus, dass die Unternehmen vor Ausbruch von Covid-19 profitabel oder überlebensfähig waren und heute keinen Anspruch auf branchenspezifische Finanzhilfen (u.a. Sport, Kultur, ÖV) des Bundes haben. Die Kantone können diese Mindestvoraussetzungen bei Bedarf weiter verschärfen oder eingrenzen. Für Unternehmen, an denen der Staat in erheblichem Mass beteiligt ist, leistet der Bund grundsätzlich keine Unterstützung.

Die konkrete Ausgestaltung der Härtefallhilfen liegt in der Zuständigkeit der Kantone. Es steht ihnen frei, in ihren Regelungen Bürgschaften, Garantien, Darlehen und/oder à-fonds-perdu-Beiträge vorzusehen. Für Darlehen, Bürgschaften und Garantien ist eine Maximaldauer von 10 Jahren vorgesehen. Sie dürfen pro Unternehmen maximal 25 Prozent des Umsatzes 2019, höchstens aber CHF 10 Mio. betragen. A-fonds-perdu-Beiträge sind auf maximal 10% des Umsatzes 2019, höchstens aber auf CHF 500’000 pro Unternehmen beschränkt (davon CHF 250’000 vom Bund).

Die Verordnung sieht vor, dass sich der Bund zur Hälfte an den kantonalen Härtefallhilfen beteiligt, sofern die Voraussetzungen der Verordnung erfüllt sind. Der Bundesbeitrag wurde auf maximal CHF 200 Mio. festgelegt, zusammen mit den Kantonsgeld stehen also CHF 400 Mio. zur Verfügung. Auch für Bundesrat Ueli Maurer sind diese CHF 400 Mio. voraussichtlich zu wenig. Der Betrag ergibt sich aus der Hochrechnung von ersten Bedarfsmeldungen einzelner Kantone. Der Gesamtbetrag wird nach einem Verteilschlüssel (zwei Drittel kantonales BIP, ein Drittel Bevölkerung) unter den Kantonen aufgeteilt.

Neue Hilfsinstrumente werden noch geprüft

Der Bundesrat hat zudem das EFD und das WBF beauftragt, in Gesprächen mit den Dachverbänden der Sozialpartner und den Kantonen die Weiterführung von bestehenden oder allfälligen neuen Instrumenten zu prüfen. Ebenfalls wird das WBF weitere gezielte Unterstützungsmassnahmen im Rahmen der Kurzarbeit prüfen.

Seit Beginn der Corona-Krise im März 2020 hat der Bundesrat umfangreiche Unterstützungen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie beschlossen. Die in der ersten Jahreshälfte mittels Notrecht ergriffenen Massnahmen waren auf breite und rasche Unterstützung ausgerichtet und haben ihre Wirkung erzielt. Bei seiner rückblickenden Betrachtung der «ausserordentlichen Lage» konnte der Bundesrat Anfang September keine Geschäftszweige identifizieren, die vollständig durch die Maschen des Absicherungsnetzes gefallen sind.

Aufgrund der Dauer der Pandemie und des Anstiegs der Corona-Fallzahlen nimmt die Gefahr von Härtefällen zu. Das Parlament hat deshalb in der Herbstsession neben der breiten Weiterführung der bestehenden Unterstützungsmassnahmen zusätzlich die Möglichkeit einer Beteiligung des Bundes an kantonalen Härtefallhilfen für besonders stark Corona-geschädigte Betriebe beschlossen, insbesondere für «Unternehmen in der Wertschöpfungskette der Eventbranche, Schausteller, Dienstleister der Reisebranche sowie touristische Betriebe». Der Bund soll sich dabei zu 50 Prozent an den Ausgaben der Kantone für Härtefälle beteiligen. (TI)