Opinion: Hotelplan-Verkauf – droht jetzt ein Debakel?

Der Verkauf – ob in die Schweiz oder ins Ausland – wird grosse Spuren hinterlassen.
Angelo Heuberger, Chefredaktor TRAVEL INSIDE

Pünktlich zur Hauptbuchungszeit für Reisen und auch perfekt passend zur grössten Schweizer Ferienmesse in Zürich platzt die Migros mit der Ankündigung heraus, sie werde den Hotelplan verkaufen.

Wie verzweifelt ist die Migros?

Die Ankündigung zum jetzigen Zeitpunkt könnte Hotelplan durchaus Schaden zufügen. Einerseits könnte es auf die Buchungszahlen wegen Verunsicherung seitens der Kunden – trotz der Migros-Bekenntnis, es ändere nichts – einen negativen Einfluss haben. Auch die vielen Geschäftspartner (Hotels, Airlines, Destinationen, DMC etc.)  könnten zurückhaltend auf eine weitere Zusammenarbeit reagieren.

Anderseits hat die Migros damit den Verkaufsprozess europaweit, wenn nicht sogar weltweit lanciert. Anscheinend wurde zuvor niemand vor informiert oder kontaktiert, es gebe keine Shortlist, laut Migros.

Dass die Migros umstrukturiert und sich strategisch neu orientiert war bekannt. Die Migros verdient zu wenig Geld, das war der Genossenschaft in der Vergangenheit weniger wichtig. Unter Druck – das Jahresergebnis 2023 muss um minus 500 Mio. Franken korrigiert werden – hat die Migros nun spektakuläre Änderungen und Verkäufe entschieden.

Hotelplan hat zwei sehr gute Jahre geschrieben (TRAVEL INSIDE berichtete), der Zeitpunkt für einen Verkauf ist besser denn je. Auch die Gründer-Gene von Gottlieb Duttweiler wurden über den Haufen geschmissen. Verständlich. Beraten soll die Migros vom Beratungsunternehmen McKinsey worden sein. Da geht es vordergründig um Zahlen, Zahlen, Zahlen.

Was wusste das Management?

Das Hotelplan-Management war ganz offensichtlich in die Verkaufsabsichten nicht involviert. Intern heisst es, man habe davon nichts gewusst und ist überrascht. In der Sonntags-Presse reagierte das Management nun mit einer vielsagenden Anzeigen-Kampagne: «Hotelplan schreibt man ohne M».

Wie viele Stellen gehen bei Hotelplan verloren?

Die Verunsicherung – teils Frust, Enttäuschung oder auch Wut – beim Personal des grössten Schweizer Reiseunternehmens ist spürbar gross seit der Verkaufsankündigung. Und sie wird jeden Tag grösser werden, im Gegensatz zur Motivation.

Rund 2500 Mitarbeitende beschäftigt Hotelplan eigenen Angaben zufolge. Die Migros-Führung glaubt, dass ein neuer Besitzer die Leute bei Hotelplan übernehmen wird. Eine Jobgarantie gibt es allerdings nicht. Viele Top-Leute bei HP werden sich indes schon jetzt umorientieren.

Die Migros spricht von einem Abbau von 1500 Vollzeitstellen, ob davon auch ein Teil beim Hotelplan-Staff betroffen ist, sagt die Migros nicht. «Wir lassen niemand im Stich», beteuert die MGB-Präsidentin.

Wie will die Migros Hotelplan verkaufen?

Der Verkaufsprozess werde jetzt in Angriff genommen, man gebe sich Zeit und sei nicht unter Preisdruck bekräftigt Migros. Der Verkauf soll und muss Geld in die Kasse spülen. Ob es das Loch von den korrigierten 500 Mio. Franken deckt, ist unsicher.

Der Präsident der Generaldirektion gibt sich zuversichtlich, die Hotelplan-Group als Ganzes veräussern zu können. Gleichzeitig schliesst er einen Teilverkauf nicht aus.

Wer kommt als Käufer in Frage?

Stellt sich die Frage, wer kommt für die gesamte Gruppe – TRAVEL INSIDE stellt sie vor – als Käufer überhaupt in Frage. Zum Beispiel ein touristisch verwurzelter Konzern wie die Dnata (Emirates Group) hätte durchaus das Zeug dazu, und auch die Mittel.

Eine Tech-Firma dürfte eher weniger Interesse an dem klassischen Reisegeschäft von Hotelplan haben. Bestimmt gibt es Finanzinvestoren, die Firmen ‚günstig‘ erwerben und später gewinnbringend weiterverkaufen.

Auf der ‚klassischen‘ Seite kommen international betrachtet die DER Touristik (Rewe Gruppe) absolut in Frage. Derweil dürftet das Interesse vom grössten Touristik-Player TUI Group bescheiden sein. Die TUI operiert eher mit ihren eigenen Marken.

Wie verändert der Verkauf die Schweizer Reisebranche?

Sowohl TUI als auch DER Touristik sind bereits als die Nummer 3, respektive 2 auf dem Schweizer Reisemarkt aktiv. Der Verkauf von Hotelplan ins Ausland droht.

Wäre eine Übernahme eines Schweizer Reiseunternehmens möglich? Die Globetrotter Group oder auch die Twerenbold Gruppe dürften wohl kaum einen Vorteil in der Akquisition sehen, abgesehen von der finanziellen Grössenordnung.

Bei Knecht Reisen hingegen wären möglicherweise die Finanzen kein Hindernis. Zumindest an Travelhouse könnte die Aargauer Interesse zeigen, beim Verkauf von Travelhouse war Knecht nebst Hotelplan am Bieten, zog aber bekanntlich den Kürzeren. Was für Knecht spricht: Der Firmeninhaber und Chef Thomas Knecht ist ein ehemaliger McKinsey-Topmanager.

Welches sind die Konsequenzen?

Ein weiterer Verkauf eines grossen Schweizer Reiseunternehmens ins Ausland ist mehr als realistisch. Ein Verkauf en bloc scheint hingegen eher unrealistisch. Vielmehr dürfte es zu Teilverkäufen kommen.

Die deutsche Vtours mit dem Volumenbusiness, oder Hotelplan UK sind bestimmt eine interessante Braut, wie auch die Interhome Gruppe oder die Geschäftsreisen Sparte mit BTA und Finass. TPT in der Romandie und insbesondere Travelhouse könnten Interesse wecken.

Was passiert mit Migros Ferien, was mit den Filialen?

©Migros Ferien

Hotelplan Suisse mit seinen rund 550 Angestellten wird stark betroffen sein. Hotelplan als TO alleine dürfte kaum einen Käufer finden. Die Frage ist, was geht mit Migros Ferien? Dieser Kanal hat einen sehr grossen Anteil am sogenannten Warmwasser-Geschäft von Hotelplan. Man munkelt gar von der Hälfte des Umsatzes. Tendenz steigend. Vielleicht wird der Käufer einen Joint-Venture-Deal à la ITS-Coop vorschlagen, und so die Kundschaft von Migros Ferien weiter an sich binden.

Brutal könnte es für das HP-Retail-Netz und deren Angestellten werden. Je nach Käufer droht hier ein regelrechtes Fiasko. Bereits 2016 war Hotelplan als Käufer von Kuoni im Rennen. Die Kartellrechtlichen Auflagen hätten – Spekulationen zufolge – ein Ausdünnen von mindestens 60 Reisebüros schweizweit bedingt. Man sprach damals von einem «Blutbad». Ein Desaster. Aber es kam dann bekanntlich anders. DER Touristik übernahm Kuoni – nun könnte sich der Spiess umdrehen.

Im Management darf man sich allerdings keine grossen persönlichen Hoffnungen machen. Neue Besitzer wechseln das Management gerne nach ihren Wünschen und ihren Leuten aus.

Die nächsten Wochen und Monate werden – hoffentlich für das Hotelplan-Personal – rasch zeigen, wohin die Reise führt. So oder so: Grosse Veränderungen stehen an. Aber, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.