Flughafen Bern schreibt tiefrote Zahlen und hat einen neuen Chef

Nun soll rund um die Piste ein Mobilitätszentrum nicht nur für die Fliegerei entstehen.
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Der Wegfall des ganzjährigen Linienverkehrs durch das Skywork-Grounding reisst ein tiefes Loch in die Rechnung des Flughafens Bern. Entsprechend negativ fällt das Jahresergebnis 2018 aus – mit einem Defizit von rund CHF 1 Mio. «Die Zahlen für 2019 werden nach aktuellem Planungsstand nochmals tiefrot ausfallen», heisst es seitens der Flughafen Bern AG (FBAG). Die Durststrecke könne bis 2020 anhalten. Die Liquidität sei aber gesichert, teilte der Flughafen Bern heute Donnerstag mit.

Nun soll ein neuer Direktor den Flughafen Bern in die Zukunft führen: Urs Ryf (Bild). Er tritt sein Amt am 1. Juli an. Vorgänger Mathias Gantenbein hat den Flughafen bereits verlassen.

Neue Strategie soll helfen

Durch das Skywork-Grounding brachen die Passagierzahlen in Bern ein. Aus dieser Situation heraus helfen soll eine neue Strategie, mit der sich der Flughafen als Mobilitätszentrum neu positionieren will. Dazu gehört die Anbindung an Feriendestinationen insbesondere durch Sommercharter und die Verbindung mit europäischen Städten mit mindestens einer Hub-Verbindung, die den Anschluss-Verkehr berücksichtigt und die direkte Anreise aus der ganzen Welt nach Bern ermöglicht.

Um das Herzstück, die Piste, sollen Bauten und private Arbeitsplätze für Betriebe am Boden und in der Luft entstehen, z.B. zusätzliche Wartungsbetriebe. Forcieren will der Flughafen die Fliegerei im Gesundheitsbereich wie Rettungsflüge, Organtransplantationsflüge und Gesundheitstourismus. Ausserdem sollen Hangare für die Geschäftsfliegerei entstehen, aber auch nichtfliegerische Infrastrukturen für Behörden. Potenzial sieht der Flughafen als Test- und Zertifizierungsgelände für die digitalen Verkehre der Zukunft.

«Mäzenatentum» ist Geschichte

Für die Finanzierung nimmt der Flughafen-Verwaltungsrat auch alle drei Staatsebenen, Stadt und Kanton Bern sowie den Bund, in der Pflicht. «Mit der Aktienkapitalerhöhung im 2015 etwa haben die rund 90% privaten Aktionäre der FBAG die Renovation der öffentlichen Piste bezahlt – ohne Aussicht auf eine Verzinsung oder Rückerhalt des Kapitals, was bei Lichte besehen Mäzenatentum von Berner Unternehmerinnen für die Öffentlichkeit gewesen ist. Diese Zeiten sind vorbei – auch wenn man das bedauern mag», hält Beat Brechbühl, Verwaltungsratspräsident der FBAG, fest.

Nun setzt der Flughafen Bern auf ein partnerschaftliches Engagement von Privaten und der öffentlichen Hand. Als rechtliches Gefäss ist die Flughafen BRN Infrastruktur AG dafür vorgesehen, eine Tochtergesellschaft der FBAG, die nun für Investoren der Immobilienentwicklung geöffnet werden soll.

Schliessung war keine Option

Zwei andere Extremvarianten für den Flughafen habe der Verwaltungsrat verworfen, heisst es in einer Stellungnahme des Flughafens. Die Schliessung des Flugbetriebs werde weder vom Verwaltungsrat noch von den wichtigsten Aktionären noch von der öffentlichen Hand gewünscht. Die Flucht nach vorn mit der möglichen Akquisition von Billigairlines würde faktisch einen Pistenneubau (Neuausrichtung und Verlängerung) bedingen – dies wäre unwirtschaftlich und hätte eine geringe Realisierungswahrscheinlichkeit.

Der neue Chef

Der neue Direktor, Urs Ryf, ist derzeit als selbständiger Unternehmensberater in der Aviatik tätig und amtet seit 2017 als Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer von Swiss Aeropole. In dieser Funktion hat er den Flughafen Payerne positioniert. Zuvor war er COO der Flugsicherung Skyguide und arbeitete später als Projektleiter für das BAZL, die Flugsicherung Skyguide und den Verband Schweizer Flugplätze, wo er für die Finanzierung der Regionalflugplätze zuständig war. Ausserdem war er Kommandant einer F/A-18-Staffel. (TI)